Re: Gaskraftwerk Mellach
Antwort #7 –
Gaskraftwerk: Der holprige Start des Mellacher Gasriesen
Nach Startproblemen beim Gaskraftwerk Mellach müssen nun beide Generatorengehäuse getauscht werden. Die Verzögerungen werden etwa bis Februar und gehen ordentlich ins Geld.
Die Leitungen knistern, die Trafos surren. Aus den beiden Schloten wölbt sich Rauch. Es ist nicht so, dass gar nichts ginge beim neuen Gas- und Dampfkraftwerk Mellach. "Wir erzeugen bereits Strom und Fernwärme für Graz", sagt Anton Smolak, Geschäftsführer der Verbund Thermal Power (VTP), der sich dieser Tage in die Pension verabschiedet. Eigentlich aber hätte man inzwischen weiter sein sollen. Noch immer läuft für die Anlage die Inbetriebsetzung. Probleme mit den zwei Generatoren haben die Startphase des größten Kraftwerks Österreichs ordentlich durcheinandergewürfelt.
Kraftwerksblock
Es war im Spätsommer, als das passierte, was sich ein Kraftwerksbauer am wenigsten wünscht: Generator 1, sozusagen das Herzstück des ersten der zwei Kraftwerksblocks - kapitulierte. Soeben hatten die Techniker der Herstellerfirma Siemens die Anlage zur Probe unter Volllast laufen lassen. Die Ursache für den Ausfall dürfte bei den Experten beträchtliche Kopfschmerzen verursacht haben. Ein Konstruktionsfehler hatte in dem 70 Millionen Euro teuren Generator einen Kurzschluss verursacht. Was einige nun schon ahnten, geschah wenig später: Auch Generator 2 schaltete sich ab. Selbe Ursache.
Siemens blieb letztlich keine Wahl, als für beide Generatoren auf eigene Rechnung neue Gehäuse zu bauen. Für das größte und - wie man beim Verbund stets betont - modernste Kraftwerk Österreichs ein erheblicher Imageschaden, auch wenn solche Pannen, wie Smolak sagt, "eben vorkommen können".
Vier Wochen Verzögerung
Mittlerweile hat Siemens das Gehäuse von Generator 2 ausgetauscht. So soll der zweite Kraftwerksblock noch vertragskonform mit Jahresbeginn an den Verbund gehen. Nicht so schnell geht der Tausch der Anlage in Block 1. Ursprünglich hätte sie der Stromkonzern bereits Ende Oktober abnehmen sollen. Jetzt wird es auch bis zur einst geplanten Gesamtübernahme des Kraftwerks zum Jahreswechsel nichts. Beim Verbund rechnet man derzeit mit zusätzlichen Verzögerungen von "drei bis vier Wochen".
Siemens kommt das teuer zu stehen. Jeder Tag Verzögerung kostet rund 70.000 Euro an Pönalen, wie Insider bestätigen. In der Branche wird spekuliert, ob der überraschende Rückzug von Siemens-Vorstand Gunter Kappacher vor zwei Monaten mit diesen Turbulenzen zusammenhängt.
Trotz allem hat das Kraftwerk laut Smolak bereits während der Inbetriebsetzung rund 190 Gigawattstunden Strom ins Netz gespeist. Zum Vergleich: Das entspricht der zweieinhalbfachen Jahresproduktion des geplanten Grazer Murkraftwerks.
GÜNTER PILCH
Interview mit Anton Smolak: "Gelddruckmaschine ist die Anlage keine"
VTP-Chef Anton Smolak über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Fernwärme
Böse Zungen sagen, dem Verbund sei die Verzögerung in Mellach nicht unrecht, weil sich die Anlage auf Sicht sowieso nicht rechne.
ANTON SMOLAK: Eine Gelddruckmaschine ist so ein Kraftwerk in der Anfangsphase natürlich nicht. Das liegt an der Disparität zwischen den Gas- und den Strompreisen. Außerdem liegt der Marktpreis für Gas derzeit unter dem Vertragspreis für uns. Eine Anlage wie diese ist aber ohnehin auf 35 Jahre ausgelegt.
Sie rechnen damit, dass das Erdgas langfristig billiger wird?
SMOLAK: Künftig wird es so sein, dass die Gaspreise in Europa die Strompreise mitbestimmen. Es wäre schwer vorstellbar, dass alle europäischen Gaskraftwerke künftig nur Verluste schreiben. Momentan ist die Situation aber, wie gesagt, ziemlich schwierig.
Das Kraftwerk könnte 400 Megawatt Fernwärmeleistung auskoppeln. Die Leitung nach Graz würde das aber nicht bewältigen.
SMOLAK: Wenn Graz die Fernwärme weiter ausbaut, kann man die bestehende Leitung auf eine Kapazität von 350 Megawatt ausweiten. Damit lässt sich dann schon einiges machen.
Die Stadt Graz plant aber, die Abwärme der Firma Sappi im Norden anzuzapfen. Würde das die Fernwärme aus Mellach nicht überflüssig machen?
SMOLAK: Na ja, zuerst müssen sie dafür einmal eine eigene Leitung nach Gratkorn bauen. Wenn sie das durchkalkulieren, werden sie feststellen, dass diese ganze Sache sehr teuer wird. Außerdem haben wir am Standort Mellach eine Lieferpflicht für Fernwärme nach Graz. Wenn jetzt jemand anders ins Netz einspeist, muss diese Frage erst geklärt werden.
Bislang liefert die Fernwärme das Kohlekraftwerk Mellach 1. Warum kommt künftig nicht alles aus dem neuen Gaskraftwerk?
SMOLAK: Aus welchem der beiden Kraftwerke wie viel Fernwärme ausgekoppelt wird, legt ein Optimierungsprogramm fest. Maßgebend ist dafür das Optimum für den ganzen Standort. Je nach vorherrschenden Bedingungen wird entschieden, was die günstigste Quelle für die Wärme ist.
INTERVIEW: GÜNTER PILCH
Liebe Grüße
Martin