,,Volle Autobusse sind eine Alternative"28. August 2011 | 17:23 | | Monika Graf |
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Bahn. Die Verkehrsministerin will mit Steuergeld keine ,,Geisterzüge" subventionieren, sondern das Angebot für Pendler erhöhen.
Verkehrsministerin Doris Bures erklärt im SN-Interview, warum mehr Züge zwischen Salzburg und Graz keinen Sinn haben und warum die Ausschreibung von Strecken noch nicht möglich ist.
SN: Sie bauen mit viel Steuergeld die Bahntrasse von Graz in den Süden aus und finanzieren gleichzeitig weniger Personenzüge zwischen Graz und Salzburg bzw. Linz. Wie passt das zusammen?
Bures: Wir fahren so viele Kilometer auf der Bahn, wie noch nie. Zusammen mit den Ländern sind wir bei mehr als 90 Millionen Kilometern. Das heißt, es wird nichts reduziert. Die Bahn ist aber ein Massenverkehrsmittel und es ist wirtschaftlich nicht vertretbar, dass wir Geisterzüge finanzieren. Zwischen Graz und Salzburg fahren am Tag 30 Menschen.
Da ist es möglicherweise billiger, ich finanziere jedem, der auf der Strecke fährt, einen Smart, als man führt einen Zug, in den 300 Menschen passen. Es ist sinnvoller, nur sechs statt zwölf Mal zu fahren und dafür dort, wo der Bedarf ist - etwa zwischen Bischofshofen und Salzburg - die Frequenz vom Stunden- auf Halbstundentakt zu verdoppeln. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass ich nicht Züge mit Steuergeld subventioniere, in denen niemand sitzt.
SN: Kritiker wie probahn wenden ein, die ÖBB seien schuld, dass keiner führe, weil die Strecke unattraktiv und langsam sei.
Bures: Natürlich kommt immer das Argument, das Angebot muss besser werden. Laut unseren Verkehrszählungen fahren 87 Autos pro Tag von Salzburg nach Graz. Man kann also nicht einmal sagen, die Menschen sind auf der Straße. Es gibt in dem Bereich ganz starke Verkehre, aber nicht von Salzburg nach Graz, sondern von Bischofshofen nach Salzburg oder von St. Michael nach Graz.
SN: Braucht man diese Korridore dann überhaupt?
Bures: Vor allem für den Güterverkehr. Im Personenverkehr ist es schön zu sagen: ,Warum fahren wir nicht mit der Bahn von Wien nach Paris, wenn ich um 29 Euro fliegen kann?' Es geht künftig nicht darum, ein Verkehrsmittel zum Heil der Welt zu erklären, sondern die vorhandenen Technologien und Transportmöglichkeiten besser zu verknüpfen und die einzelnen Verkehrsträger richtig einzusetzen.
SN: Apropos sauberer Verkehr. Wie sollen die Menschen verstehen, dass gerade E-Mobilität erfunden wird und gleichzeitig Verkehr auf der Schiene, der mit sauberem Strom fährt, gestrichen wird?
Bures: Wenn keiner drinnen sitzt, streiche ich das. Das Beispiel Graz - Salzburg zeigt, dass es auch keine Frage der Verlagerung ist, weil es diese Verkehre nicht gibt - auch von den Prognosen her nicht.
SN: Jetzt wird eine Buskonzession für die Strecke überlegt . . .
Bures: Der Autobus ist ein öffentliches Verkehrsmittel und da werden wir mit Technologie viel tun. Wenn wir nicht 300 Menschen transportieren, sondern nur 50 ist der Bus eine tolle Alternative.
SN: An den CO2-Emissionen gemessen müsste doch der Autobus schlecht und die Bahn gut sein?
Bures: Wenn die Eisenbahn leer fährt, hat sie einen schlechteren ökologischen Fußabdruck pro Kopf als ein voller Autobus. Und wenn die Bahn mit Dieselloks ein Packerl transportiert, wie beim Stückgut, dann habe ich nicht nur ökonomisch eine schlechte Bilanz, sondern auch ökologisch. Ich gehe an das sehr pragmatisch heran, ohne einen Millimeter von der Zielsetzung mehr Bahn, mehr Elektromobilität abzurücken.
SN: Derzeit sinkt der Schienenanteil im Güterverkehr aber . . .
Bures: Mir ist lieber, ich habe einen kleinen Einschnitt, um wirtschaftlich das Unternehmen ÖBB abzusichern, als ich tue nichts und verschließe mich damit möglichem Wachstum. Wir investieren in die Schiene derzeit doppelt so viel wie in die Straße. Wenn wir mit dem Ausbau der Infrastruktur Semmering, Südkorridor, Brenner und Weststrecke fertig sind, haben wir ein tolles Angebot und das Ziel, den ,,Modal Split" von heute 30 auf 40 Prozent zu bringen.
SN: Warum schreiben Sie die Strecke Graz - Salzburg nicht aus?
Bures: Weil es niemand gibt, der einen Zug hat. Auch die Westbahn (ÖBB-Konkurrent, Anm.) nicht.
SN: Aber könnten sich nicht Bahnen aus ganz Europa bewerben?
Bures: Da ist mir der Wettbewerb von österreichischen Unternehmen, wo man die Wertschöpfung im Land halten kann, lieber.
SN: Das heißt, Sie schreiben die Strecken nicht aus, damit kein ausländisches Unternehmen zum Zug kommt?
Bures: Man kann auch unabhängig von der Ausschreibung einer Strecke Interesse anmelden. Es gibt aber keinen Antrag.
SN: Trotzdem: Vielleicht kann jemand anderer für das Geld mehr anbieten als die ÖBB?
Bures: Das macht überhaupt keinen Sinn. Es gibt keine Bewerber. In den nächsten zwei Jahren wird es Streckenteile geben, wo wir in Abstimmung mit den Ländern schauen, ob das jemand wirtschaftlicher führen kann. Das ist ein sehr komplexes Verfahren. Das muss vorbereitet werden.
© SN/SW
Quelle:
http://www.salzburg.com/online/nachrichten/newsletter/Volle-Autobusse-sind-eine-Alternative.html?article=eGMmOI8V4YlFkYdlJLbHShbsFBpcjMjccogbBRt&img=&text=&mode=