Aufnahmestopp ,,kein Zukunftsmodell"Der Streit darüber, wo konkret die laut Regierungsspitze nötigen zwei Milliarden Euro im Budget eingespart werden sollen, nimmt immer mehr Fahrt auf. Ein Bereich, in dem sich SPÖ und ÖVP offenbar besonders stark aneinander reiben werden, sind die ÖBB - nicht zuletzt, weil die Parteien damit ihre Klientel bedienen und ihr ideologisches Profil schärfen können.Die ÖVP macht seit Monaten immer wieder mit Forderungen nach starken Einsparungen bei den ÖBB Druck. Nun kam SPÖ-Verkehrsministerin Doris Bures dem Koalitionspartner in einem Punkt entgegen: Die Frühpensionierungen - jährlich gingen zuletzt rund 1.000 ÖBB-Mitarbeiter mit 54 Jahren in Pension - werden ab Jänner gestoppt. Invaliditätspensionen sind davon allerdings ausgenommen.
Bures: ,,Reagiere nicht auf Zurufe"Als ,,Nachgeben" will Bures das freilich nicht gewertet wissen, wie sie im Ö1-Morgenjournal am Dienstag betonte. Sie reagiere nicht ,,auf irgendwelche Zurufe, die für Unternehmen zum Nachteil sind", so Bures in offensichtlicher Anspielung auf die ÖVP. Sie betonte einmal mehr, dass die ÖBB eines der wichtigsten Unternehmen für Österreich seien. Daher sei auch ein Aufnahmestopp kein ,,Zukunftsmodell".
Festlegen will sich die Verkehrsministerin auch nicht, ob milliardenschwere Investitionen wie der Koralm- und Brenner-Basistunnel, gestoppt, ausgesetzt oder langsamer vorangetrieben werden. Die Frage sei, ob ,,wir das Geld dafür haben". Zum jetzigen Zeitpunkt dazu etwas zu sagen sei aber unseriös, da in der Regierung noch nicht geklärt sei, welches Ressort wie viel sparen muss.
Harmonie zu WeihnachtenÜber die Weihnachtsfeiertage will die Koalition die Harmonie erhalten. Am 27. Dezember soll über die Budgetkonsolidierung weiterverhandelt werden. ,,Für uns gibt es keinen Urlaub", sagte Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP): ,,Den Urlaub, den die Opposition macht, haben sie sicher verdient." Bis März sei Zeit, die notwendigen Beschlüsse zu fassen, so Kanzler Werner Faymann (SPÖ).
Auch die Schuldenbremse in den Verfassungsrang zu heben sei nach wie vor das Ziel der Regierung. Einen Einblick in konkrete Pläne gab die Regierung am Dienstag aber nicht. ,,Nicht alles, was an die Öffentlichkeit dringt, ist ein Geheimpapier", so Faymann. Er habe sicher 500 Seiten an Vorschlägen ausarbeiten lassen. Darüber soll nun verhandelt werden. Spindelegger zeigte sich überzeugt, dass ein Kompromiss möglich sei.
Weniger harmonisch gab sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): ,,Die SPÖ hat offensichtlich nicht den Ernst der Lage erkannt. Jetzt gehe es um ausgabenseitiges Sparen." Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) gab ihrer Kollegin in der Sache recht, machte ihren Standpunkt aber freundlicher deutlich. Sie befasse sich nicht mit neuen Steuern, sondern mit Sparpaketen.
ÖVP will Milliarden einsparenSpindelegger lobte jedenfalls Bures' Pläne, die ÖBB-Frühpensionen zu streichen. Wenig Freude dürfte Bures aber mit dem nun via ,,Standard" an die Öffentlichkeit gelangten ÖVP-internen Verhandlungspapier haben. Die ÖBB sollen demnach künftig weniger Infrastrukturprojekte umsetzen, Kraftwerke und Immobilien verkaufen und bei den Pensionen sparen. Mittelfristig soll ein mittlerer einstelliger Milliardenbetrag herauskommen, den sich der Bund an Zuschüssen erspart.
Im Papier ist von einer Kürzung der Infrastrukturinvestitionen um ein Viertel der derzeit mit zwei Mrd. Euro jährlich angesetzten Pläne die Rede, berichtete der ,,Standard" (Dienstag-Ausgabe). ,,Massive Kostenreduktionen sind primär durch Streichungen, zeitliche Schiebungen und Redimensionierungen zu erzielen", heißt es laut Zeitung in dem Verhandlungspapier.
Bahnhofsumbauten auf StreichlisteIm ÖVP-Papier werden auch Projekte mit einem Volumen von vier bis fünf Mrd. Euro angeführt: die Bahnhöfe Amstetten, Linz Ost, Wels und Wernstein; außerdem die Projekte Inzersdorf Terminal, Pottendorfer Linie, Summerauer Bahn, Gänserndorf - Marchegg, Schwechat - Götzendorf, Asten - Linz sowie zahlreiche Lärmschutzmaßnahmen.
Neben dem Frühpensionsierungsstopp fordert die Volkspartei zudem einen Aufnahmestopp und die interne und externe Überlassung von Arbeitskräften. Von ,,organisatorischen Optimierungen sollen bis zu 5.000 Mitarbeiter" betroffen seien. Außerdem sollen zehn Prozent der Pensionisten mit den höchsten Bezügen einen Abschlag von zehn Prozent hinnehmen und das Senioritätsprinzip mit derzeit 30 Vorrückungsstufen abgeschafft werden.
ÖVP will bei Nebenbahnen sparenZusätzliche Mittel in die klammen ÖBB-Kassen sollen durch den Verkauf von acht Kraftwerken für rund 400 Mio. Euro gespült werden. Außerdem soll der Postbus um 116 Mio. Euro verkauft sowie 200 Mio. Quadratmeter an Grund veräußert werden. Rund 180 Mio. Euro will die ÖVP durch die Abgabe von unrentablen Nebenbahnen einsparen. Außerdem könnten gemeinwirtschaftliche Leistungen, zum Beispiel Freifahrten, unter anderem durch Ausschreibungen um 100 Mio. Euro reduziert werden, zitiert die Zeitung das ÖVP-Papier.
Quelle:
http://orf.at/stories/2095678/2095676/