Heute auch in der "Kleinen"
Gegenwind für die Mur-GondelbahnDie uralte Idee einer Seilbahn entlang der Mur durch Graz bis zum Flughafen will Graz-Holding-Chef Wolfgang Malik in die Realität umsetzen. Und stößt dabei auch auf Gegenwind.
Entlang der Mur soll die Seilbahn verlaufen.
Die Idee einer Verkehrsader entlang der Mur durch Graz beflügelt seit langem die Fantasie von Planern und Politikern. Von einer Stadtautobahn über eine Mini-Metro bis zur Schifffahrt reicht die Palette. Auch die Vision der Seilbahn geistert seit Anfang der Neunzigerjahre des vorigen Jahrhunderts durch die Köpfe. Der kürzlich als oberster Boss der neuen Holding Graz installierte Wolfgang Malik will jetzt die Gondeln wieder hervorholen. Rund 63 Millionen Euro sollen investiert werden, 2013 könnten die Gondeln die Fahrt aufnehmen.
Reaktionen
Bei entsprechender Anbindung an die Haltestellen des öffentlichen Verkehrs und dem Angebot von Park & Ride-Plätzen könnte eine solche Seilbahn eine echte Alternative für Pendler sein. Der Fahrpreis darf allerdings nicht höher sein als ein GVB-Ticket.
Siegfried Nagl, Grazer Bürgermeister (VP)Wenn für so ein Projekt 60 Millionen Euro öffentlicher Gelder ausgegeben werden sollen, muss erst einmal der volkswirtschaftliche Nutzen nachgewiesen werden. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in der Stadt andere wichtige Infrastrukturprojekte, etwa Straßenbahnverlängerungen, aufgrund der Budgetknappheit in der Warteschleife hängen.
Christina Jahn, Klubobfrau der GrünenWir finden das ist eine sehr interessante Idee. Damit könnte die Grazer Innenstadt die dringend notwendige Belebung erfahren.
Mario Eustacchio, Grazer FP-StadtratIch halte das für ein interessantes und spektakuläres Projekt, das dazu noch vergleichsweise billig ist. Die Seilbahn könnte ja auch für den Lastentransport eingesetzt werden. Allerdings möchte ich festhalten, dass die Finanzierung nicht zu Lasten anderer wichtiger Projekte der Holding Graz gehen darf. Und schon gar nicht auf Kosten der Fahrgäste der öffentlichen Verkehrsmittel.
Karl-Heinz Herper, Grazer SPÖ-ChefMan kann von vielem träumen. Es ist aber ein Irrsinn, so viel Geld dort hinein zu stecken, wo dieses in der Stadt ohnehin in vielen wichtigen Bereichen fehlt.
Elke Kahr, Grazer KPÖ-StadträtinAuch für gute Ideen - und diese hat durchaus Pfiff - braucht man Geld. Wir wollen zuerst die Finanzierung sehen, bevor wir weiterreden. Graz ist ja ohnehin jetzt schon pleite.
Gerald Grosz, BZÖ-Gemeinderat
Eine Machbarkeitsstudie für dieses Projekt liegt seit 2009 in den Schubladen der vormaligen Graz AG. Malik will sich aber nicht mit der rund elf Kilometer langen Strecke zwischen Weinzöttl und Puntigam begnügen. "Mir schwebt eine Anbindung bis zum Flughafen und zum Schwarzl Freizeitzentrum vor. Diese Route wäre rund 18 Kilometer lang", so der Holding-Chef. 250 Gondeln würden diese Strecke bedienen. Rund 20.000 Menschen könnten pro Stunde transportiert werden. Laut Malik wäre diese Seilbahn nicht nur eine umweltfreundliche Alternative im Personentransport sondern auch eine Touristenattraktion ersten Ranges. Die Realisierung wäre vergleichsweise - etwa zu einer Autobahn oder U-Bahn - billig.
Die Reaktionen der Stadtpolitiker fallen unterschiedlich aus. Während ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl das Projekt unterstützt, darin einen wichtigen Beitrag für die sanfte Mobilität sieht und auch andere von einer interessanten Idee sprechen, gibt es auch kritische Stimmen, die an der Sinnhaftigkeit dieser Investition zweifeln (siehe Reaktionen).
Verkehrsvisionen
Extravagante Ideen und Visionen für große Würfe im Grazer Verkehrsnetz sind meist in Parteiprogrammen für Grazer Gemeinderatswahlen aufgetaucht (siehe Infobox). So hat Helmut Strobl, ÖVP-Spitzenkandidat für die Wahl im Jänner 1998, die Idee einer Mini-U-Bahn von West nach Ost in Graz propagiert. Dazu wurde sogar eine Exkursion in die dänische Hauptstadt Kopenhagen organisiert, wo eine U-Bahn realisiert wurde. Die meisten Visionen wurden aus Kostengründen wieder verworfen. Man kann gespannt sein, ob die wieder hervor geholte Seilbahn jetzt doch realisiert wird.
HANS ANDREJ
quelle:
http://www.kleinezeitung.at/steiermark/2439296/gegenwind-fuer-mur-gondelbahn.story
Grazer Visionen für den Stadtverkehr
U-Bahn: Der VP-Spitzenkandidat für die Gemeinderatswahl 1998, Helmut Strobl, brachte eine U-Bahn in Graz ins Spiel. Nach einer Studie wurde dieses Projekt 2000 zu Grabe getragen.
Mini-Metro: 2005 holte Bürgermeister Siegfried Nagl diese Vision wieder aus der Versenkung. Allerdings wurde das Projekt daraufhin nie ernsthaft verfolgt.
Mur-Seilbahn: Diese Vision hat Siegfried Nagl im Wahlkampf für 2003 gespielt. Sie wurde aber bald wieder vergessen.
Schifffahrt: Einen Bootsverkehr zwischen Graz und Mellach hat ein Privater 2001 vorgeschlagen. Jüngst kursierten Murtaxi-Pläne
Straßentunnel: Ebenfalls ein Privater schlug 1999 einen Autobahn-Tunnel unter der Mur vor.
Charmant ...Zugegeben! Die Idee einer Gondelbahn entlang der Mur vom Grazer Norden bis zum Flughafen und zum Schwarzl Freizeitzentrum hat einen gewissen Charme. Im Vergleich zu anderen visionären Projekten hauen den Unbeteiligten auch die Kosten nicht gleich von den Socken (Seiten 20/21).
Dass die nicht mehr ganz junge Idee jetzt aus der Schublade geholt wird, spricht dafür, dass man in Graz doch noch an Visionen denken und glauben darf. Die Realisierung sollte aber nicht ohne Rücksicht auf Verluste vom Zaun gebrochen werden.
Charme allein ist sicher zu wenig. Auch wenn die Kosten überschaubar sind, sollte man sich die Finanzierung lieber einmal zu viel als einmal zu wenig durch den Kopf gehen lassen. Dass die Gondeln einmal Trauer tragen, wäre unverantwortlich. Und damit wäre niemandem geholfen.
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