Zum Hauptinhalt springen
  • Wir sind gesiedelt! -> NEUES FORUM

    Sollte keine E-Mail gekommen sein, bitte um Neuregistrierung.

Thema: Immobilienspekulation zerstört typisches Gesicht der Städte (1942-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Benutzer und 1 Gast betrachten dieses Thema.
  • Torx
Immobilienspekulation zerstört typisches Gesicht der Städte
Interessanter Artikel aus der Wiener Zeitung:
http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=3924&Alias=wzo&cob=526098

Stadtmarketing-Verantwortliche schlagen Alarm - Immobilienspekulation zerstört typisches Gesicht der Städte

-- Achtung, die Klonstädte kommen ---

Rossknödel unter Denkmalschutz? Zur Stadtidentität gehören auch Klänge und Düfte. "Das dürfen wir nicht wegverschönern", so Stadtmarketer Peter Jungreithmair. Foto: apa


Von Hermann Sileitsch

Strategischer Leerstand fegt ganze Geschäftszeilen leer.
In der Hotellerie wieder holt sich das Einzelhandels-Drama.

Gugging/Wien. Österreichs Stadtmarketing-Verantwortliche sorgen sich um die Identität der Stadtkerne. "Passt uns auf die Innenstädte auf - das ist das Thema unserer Generation. Wir riskieren, etwas unermesslich Wertvolles aus der Hand zu geben", sagt Peter Jungreithmair, Vizepräsident von Stadtmarketing Austria und im Hauptberuf verantwortlich für Wels.

Nicht allein die Fassaden seien unter Denkmalschutz zu stellen: Das soziale Leben an sich (Wohnen, Arbeiten, Freizeit) in den Städten müsse geschützt werden, etwa vor "Kapitalheuschrecken". Sonst würden die Städte ihr typisches Gesicht verlieren und zum Museum verkommen.

In Richtung Uniformität

Die Bedrohung durch "strategische Leerstände" ist größer denn je, bestätigt Verbands-Präsidentin Inga Horny, Chefin des Altstadtmarketings Salzburg: "Dass ganze Geschäftszeilen leer stehen, hatten wir früher nie." Grund seien Privatstiftungen, die Immobilienkäufe als langfristiges Investment sehen und die keine Renditen aus Mieteinnahmen erwarten: "Ich weiß nicht, worauf die Stiftungen warten. Dass ihnen das Haus zusammenfällt?"

Zugleich reißen sich Immobilienfonds um Bestlagen und treiben die Preise in die Höhe, sodass angestammte, unternehmergeführte Betriebe sich die Mieten nicht mehr leisten können. "Das ist der Grund, warum in hochfrequenten Lagen nur noch Händler mit ,tourismusrelevanten Sortimenten' zu finden sind - also Souvenirshops." Was die Handelsstruktur zerstört, statt regionaltypischer Angebote bleibt "Made-in-China"-Ramsch übrig.

Die Variante, dass sich in den allerbesten Lagen Textilketten oder Premium-Modelabels ansiedeln, führt ebenfalls geradewegs zur Uniformität. Horny ruft deshalb die Politik auf, mehr für unternehmergeführte Betriebe zu tun: "Es gibt kein Unternehmersterben in den Altstädten, es gibt nur einen Verdrängungswettbewerb, der diesen keine Chance lässt." Im Einzelhandel fegte der Wildwuchs von Shopping- und Fachmarktzentren an der Peripherie die traditionellen Einkaufsstraßen leer - eine Folge der nachlässig gehandhabten Raumordnungsgesetze (in Länderkompetenz) und des Gerangels um Betriebsansiedlungen.

Immer selbe Hotelketten

Jetzt wiederholt sich das Drama: Spekulanten und Immobilienkäufer wie Versicherungen bauen an jedem freien Fleck ein Hotel. "Wir ruinieren die nächste Branche", warnt Jungreithmair. Es sei ein Leichtes, 200-Betten-Burgen auf die grüne Wiese zu pflanzen. Durch diese Überkapazitäten stünden aber Traditionsbetriebe, die zum unverwechselbaren Stadtbild gehören, auf der Kippe.

"Tradition ist nicht unter allen Umständen schützenswert", erläutert Horny. "Wichtig ist die Vielfalt des Angebots. Die Hotels der internationalen Ketten sehen eben weltweit völlig gleich aus." Sie widerspricht Tourismusverantwortlichen, die ungeachtet der schwachen Auslastung - in Salzburg etwa 46 Prozent - Potenzial für weitere Betten sehen.

Vielmehr sollten sich die Städte überlegen, strategisch wichtige Immobilien nicht selbst anzukaufen - was etwa Zürich bereits vorexerziere. "Das betrifft ein bis zwei Immobilien pro Jahr. Diese müssten nicht gekauft werden, auch Mietlösungen oder Public-Private-Partnerships sind denkbar", so Horny.

Jungreithmair kritisiert, dass der Wohnbau auf der grünen Wiese stärker gefördert werde als Umbauten in der Innenstadt. "Damit begünstigen wir das produktintensive Bauen gegenüber dem personalintensiven. Der Ziegel zählt mehr als die Arbeitskraft." Es sei paradox: Zuerst werde die Ansiedlung in den Speckgürteln rund um die Städte gefördert - dann müsse man den Leuten mittels Citymaut verbieten, in die Zentren zu fahren.

Auch die Stadtmarketer müssten sich an der Nase nehmen, lautet Jungreithmairs Schluss nach der Convention, die Ende Oktober in Maria Gugging stattfand: "Wir sind eine Generation der Erben, die sich mehr auf das Verwalten als das Gestalten konzentriert."

Zumindest im Handel sieht Horny Anzeichen einer Umkehr: In Salzburgs zweitwichtigster Straße nach der Getreidegasse, der Linzer Straße, sei dank privater Investments ein guter Branchenmix gelungen.