PA Holding Graz
Variobahn entspricht dem Stand der Technik und hält alle Normen ein:
Technisches Obergutachten plus umwelt- und sozialmedizinisches Gutachten bestätigen erfolgreiche Arbeit
Mit Ende November 2015 befinden sich plangemäß alle 45 Variobahnen in Graz, davon sind bereits 44 (Anm. es sind natürlich nur 42) behördlich zugelassene Fahrzeuge im Fahrgastbetrieb.
Ende 2015 ist somit das Ziel erreicht und der Lieferplan pünktlich erfüllt, dass alle 45 Variobahnen in Betrieb sein werden. Mit dem jüngsten umwelt- und sozialmedizinischen Gutachten ist für die Holding Graz das Projekt Variobahn somit abgeschlossen.
Seitens der Holding Graz ist man stets bemüht, die unvermeidbaren Auswirkungen eines städtischen Straßenbahnbetriebs für die AnrainerInnen so annehmbar wie möglich zu gestalten. ,,Die Holding Graz Linien stellen sich umfassend den hohen Anforderungen eines modernen und urbanen Mobilitätsdienstleisters. Ebenso ernst nehmen die Holding Graz Linien, Kundenwünsche und Kundenbedenken. Das technische sowie umwelt- und sozialmedizinische Gutachten zur Variobahn sind Beweis dafür, welch hohes Maß an Kundenorientierung in den Holding Graz Linien zum Tagesgeschäft und zum Selbstverständnis des Unternehmens gehören", so der zuständige Verkehrsstadtrat Mario Eustacchio.
Alles hat zwei Seiten
Gerade in Bezug auf den Einsatz der Variobahn sah und sieht sich die Holding Graz - bei allem Verständnis für die eine Seite der Bürgerinitiative mit ihren Anliegen - auf der anderen Seite tagtäglich auch mit zahlreichen Wünschen und Forderungen organisierter und nichtorganisierter Gruppen in Graz konfrontiert. Deren Forderungen betreffen u.a. den Stopp des Sicherheitshalts bei der Reiterkaserne, die Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzungen oder den Stopp von Steuergeldern für Gutachterkosten. Themen, die alle in unmittelbarer Verbindung mit Maßnahmen rund um die Variobahn stehen. ,,Seit Inbetriebnahme 2011 wurden immer alle gesetzlichen Normen eingehalten und zahlreiche Maßnahmenpakete sowohl für die Variobahn als auch die Infrastruktur in Graz erfolgreich umgesetzt. Trotzdem sagte die Holding Graz den VertreterInnen der Bürgerinitiative zu, neben den bereits zahlreichen anderen Gutachten noch ein umwelt- und sozialmedizinisches Gutachten durch einen unabhängigen, international anerkannten Experten erstellen zu lassen", erklärt Holding Graz Vorstandsdirektorin Barbara Muhr die Ausgangslage
Langwierige internationale Gutachtersuche endete in Innsbruck
Nach monatelanger Suche und zahlreichen Absagen renommierter GutachterInnen wurde im Jänner 2014 an Univ. Prof. Dr. Peter Lercher (Medizinische Universität Innsbruck) von der Holding Graz der Auftrag erteilt, ein umwelt- und sozialmedizinisches Gutachten hinsichtlich möglicher Beeinträchtigungen für die AnrainerInnen zu erarbeiten. Auf Wunsch des Gutachters wurden, neben den herkömmlichen Erschütterungsmessungen ebenso Schallmessungen mittels eines Kunstkopfes sowie daraus ableitbare psychoakustische Auswertungen dieser Messungen durch das Ingenieurbüro Kurt Fallast und die TU Graz durchgeführt. Die Untersuchungen wurden an sechs Wohnungen und Häusern, die gemeinsam mit den AnrainerInnen festgelegt wurden, in Graz durchgeführt. In weitere Folge wurde auch ein Obergutachten durch Univ. Prof. Dr. Rainer Flesch (TU Graz) erstellt.
Studienergebnisse betonen psychoakustischen Gesamtkontext
Aus dem Gesamtkontext der Untersuchungen ergibt sich, dass die betroffenen AnrainerInnen in den meisten Fällen in so genannten ,,ruhigen urbanen Gebieten" leben. In diesen als akustisch sensibel einzuschätzenden Gebieten herrscht speziell in der Nachtzeit ein niedriger Hintergrundschallpegel, so dass jede Änderung der akustischen Situation (egal ob Individualverkehr oder ÖV) leicht wahrnehmbar ist. Die Variobahn wird daher von den AnrainerInnen - zusätzlich zu den aufgrund der Fahrzeugbeschaffenheit objektiv messbaren, aber unter allen normativen Richtwerten liegenden Messergebnissen - auch aufgrund dieses psycho-sozialen Aspekts als lauter eingeschätzt als andere Fahrzeuge.
Fahrzeuge reagieren je nach Untergrund und Gebäude anders
Die Gesamtabschätzung des Gutachtens zeigt weiter, dass die gemessenen Werte je nach Fahrzeug und Messort variieren. Sprich: jedes Fahrzeug reagiert aufgrund des Zusammenspiels mit dem Untergrund und der Gebäudestruktur anders. Gerade in der Nacht sind die Geräuschpegel in Graz an etlichen Messpunkten
sehr niedrig, so dass unter diesen Bedingungen jede Art von Lärm - auch Autos, Musik etc. - deutlich erhöht wahrgenommen wird.
Handlungsempfehlungen bestärken bisherigen Weg
Um angesichts der psychoakustische Ausgangslage (,,soundscape") und ihrer Veränderung nach Einführung der Variobahn mögliche Gesundheitsbeeinträchtigungen zu vermeiden, schlagen die beiden Gutachter eine Erweiterung bereits ohnehin eingeleiteter Maßnahmen vor. Exemplarisch sind davon zu nennen:
- Einsatz von möglichst geräuscharmen Fahrzeugen in den Nachtstunden zusätzlich zur vierstündigen Betriebspause von 00:30 Uhr bis 4:30 Uhr
- Weiterer Ausbau von Fahrwegen mit erhöhtem Erschütterungs- und Sekundärschallschutz
- Verteilung der Variobahn im gesamten Schienennetz zur Verringerung der durchschnittlichen Immissionen
- Überwachung der Fahrgeschwindigkeit
Seitens der Holding Graz werden diese Maßnahmen bereits jetzt umgesetzt und künftig - abhängig von den budgetären Mitteln - weiter verfolgt. Das umwelt- und sozialmedizinische Gutachten geht bewusst über den etablierten Stand der Technik und des Wissens hinaus und ermöglicht dadurch kombinierte Wirkungen abzuschätzen. Als vorrangiges Ziel wird die Entlastung der Anrainer in den Nachtrandstunden angeführt, um damit möglichen Gesundheitsbeeinträchtigungen durch längerdauernde Belastungen vorzubeugen.
Zahlreiche Untersuchungen, Messreihen und Gutachten seit 2011
Seit der Inbetriebnahme der Variobahn im Jahr 2011 und aufgrund vereinzelter AnrainerInnenbeschwerden wegen veränderter Belastungen durch Lärm und Erschütterungen wurden zahlreiche Untersuchungen, Messreihen und Gutachten geführt. Die akustische Zulassungsuntersuchung der Variobahn ergab bereits damals keine Überschreitung des Grenzwerts nach der Schienenfahrzeug-Lärmzulässigkeitsverordnung (SchLV). Auch eine von der Holding Graz in Auftrag gegebene Schall- und Erschütterungsuntersuchung ergab keine Überschreitung der Richtwerte gemäß der technischen Regelwerke.
Optimierungsmaßnahmen in den letzten Jahren ergaben weitere Verbesserungen
Trotz der Einhaltung aller Normen wurden ab Sommer 2011 seitens der Holding Graz Linien und der Stadler Pankow GmbH in mehreren Schritten Optimierungsmaßnahmen für die Variobahn gemeinsam definiert und in
Abstimmung mit den Anrainervertretern umgesetzt. Für alle 45 Fahrzeuge wurden insgesamt vier ,,Graz-Maßnahmenpakete" mit folgenden Adaptierungen umgesetzt:
- Weichere Sekundärfeder im Lauffahrwerk zur Senkung der Vibrationen
- Weichere Primärfeder im Lauffahrwerk zur Senkung der Vibrationen
- Einsatz neuer Räder mit weicherer Charakteristik zur Senkung der Vibrationen
- Austausch der Metallelemente bei der Anlenkung gegen PU-Elemente (=Elemente aus Plastikmasse) zur Senkung der Vibrationen
- Neues Tilgersystem (=dynamische Dämpferelemente im Bereich der Räder) zur Senkung der Vibrationen
Diese bisherigen vier Maßnahmenpakete brachten, bestätigt durch viele Nachmessungen, eine deutliche Verbesserung der Erschütterungsbelastung.
Auszüge aus den Maßnahmenpaketen
Durch folgende technische Verbesserungen am Fahrzeug konnte die Reduktion der Erschütterungsimmissionen erreicht werden:
- Vergrößerung des Gummikörpers im Rad
- Weichere Primärfeder im Lauffahrwerk
- Einbau eines elastischen Gummi-Metall-Elements in den Fahrwerken
- Einbau eines Schwingungstilgers
- Verwendung eines weicheren Dämpfungselements im Bereich der Anlenkstangen
- Anbringung von Schallschutzplatten am Unterboden
Durch eine Optimierung der Bremssoftware werden kurzzeitige Stillstände der Räder bei der Bremsung
vermieden und so die Laufruhe verbessert.
Infrastrukturmaßnahmen:
Durch die kontinuierliche Sanierung von Straßenbahnteilstrecken im Liniennetz (z.B. Einbau eines Masse-Feder-Systems) wird die Erschütterungsdämmung der Schieneninfrastruktur entsprechend dem Stand der Technik verbessert.
In der Sackstraße ist eine Messstelle im Probebetrieb, die die laufende Überwachung von Erschütterungswerten im Zusammenhang mit dem Straßenbahnbetrieb ermöglicht. Von den Messergebnissen können Empfehlungen für eine gezielte Wartung von Fahrzeugen mit auffälligen Werten abgeleitet werden.
In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem Austrian Institute of Technology (AIT) wurde im Zuge der Gleisbaustelle der Linie 1 ein Schwingungsgenerator eingesetzt, mit dessen Hilfe die Erschütterungen aus dem Straßenbahnbetrieb simuliert werden, sodass bereits bei den Grabungsarbeiten entsprechende Schritte zur besseren Dämmung des Oberbaues gesetzt werden können. Diese Herangehensweise wird auch bei der Verlängerung der Linie 7 in St. Leonhard zum Einsatz kommen.
Beförderungsauftrag für mehr als 300.000 Menschen täglich
,,Bei allem Verständnis für die Anliegen einzelner AnrainerInnen muss die Holding Graz ihrem Beförderungsauftrag für täglich mehr als 300.000 Menschen (jährliche Steigerung von ca. 5 %) nachkommen. Zahlreiche Menschen - u.a. aus der Personengruppe Menschen mit Behinderung - fordern aufgrund ihres Fahrkomforts, der Klimatisierung oder ihrer 100%igen Barrierefreiheit den kontinuierlichen Einsatz der Variobahn in Graz, weil sie den Anforderungen eines modernen urbanen Schienenverkehrs entspricht. Wenn wir dem Wunsch der Bürgerinitiative entsprechen und die Variobahn aus dem Verkehr ziehen, dann könnten wir unserem Beförderungsauftrag nicht mehr entsprechen und der ÖV in Graz steht von einer auf die andere Minute still", so Barbara Muhr.
Quelle: Holding Graz
Liebe Grüße
Martin