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Thema: Fußball EM: Eine fremdorganisierte Party (1987-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema

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  • Torx
Fußball EM: Eine fremdorganisierte Party
Freitag war ein toller Artikel in der Wiener Zeitung - beschreibt super den Charakter aktueller Großveranstaltungen.

Quelle:
http://www.wienerzeitung.at/dossiers/fussball_em_2012/?em_cnt=463415

Auszüge daraus:
Zitat
[...] Vor acht Jahren hatte die Uefa bei der Europameisterschaft in Portugal erstmals eine solche offizielle Fanzone aufgestellt. Nicht, dass die Fans nicht auch vorher auf öffentlichen Plätzen gefeiert hätten, aber erstens war das spontan und daher unorganisiert, und zweitens verdiente der europäische Verband nichts daran.

Jetzt ist das anders, jetzt kontrolliert die Uefa, welche Getränke ausgeschenkt werden (natürlich jene der Sponsoren), prüft das Rahmenprogramm und unterstellt das Ganze einem eigens für die Marke Euro kreiertem Corporate Design. Wer sich deshalb in der Warschauer Fanzone in jener von Wien 2008 wähnt, hat keine irrigen Eindrücke, es sieht einfach genauso aus. Es ist dieselbe Schrift, dasselbe Muster und es sind dieselben Sponsoren. Und auch die Maskottchen sind praktisch identisch.

Erfolg ist, wenn etwas bleibt; abgesehen vom Stadion, dessen Nachnutzung noch nicht restlos geklärt ist. Die Euro hat immerhin gewisse städtische Projekte beschleunigt oder - im Fall der zweiten U-Bahn-Linie - in Gang gesetzt. Die Metro ist zwar nicht rechtzeitig fertig geworden, weshalb unmittelbar hinter der Fanzone eine weitläufige Baustelle den Massen den Weg versperrt. Und zudem müssen die Fans mit der Straßenbahn in das fast 60.000 Zuschauer fassende Stadion fahren, was eine enge Angelegenheit werden dürfte. Aber das sind maximal kleine Ärgernisse.

[...] Es ist die Chance, sich vor einer europäischen Öffentlichkeit zu präsentieren und sich ihr weiter anzunähern. Oder besser: Es wäre eine solche Chance. Denn es ist die Uefa, die diese Party schmeißt, die Stadt schmückt und das Programm festlegt. Und so fehlt dem Fest der autochthone Charakter. Die Fernsehbilder werden jenen von vor vier Jahren gleichen, als die EM in der Schweiz und Österreich gastierte. Das Nationalstadion ist zwar in Rot und Weiß gehalten, doch es wurde von deutschen Architekten geplant, die auch das Stadion in Kapstadt für die WM 2010 erdachten. Die Ähnlichkeiten sind unverkennbar. Und es sind auch fast nur internationale Konzerne, die die Veranstaltung sponsern und mit riesigen Plakatwänden das Stadtbild während EM-Wochen prägen. Sogar eine Brücke über die Weichsel wurde von Sponsoren eingekleidet.

[...] Wenn es aber nicht gelingt, die Euro touristisch zu nützen, die europäische Signifikanz Polens und das Image des Landes zu steigern, wird die Euro eine Party sein, von der abgesehen von einem kollektiven Katers nicht viel bleibt. Die Uefa wird ihre vielen Werbetafeln, die im Stadtzentrum an den Straßen montiert sind, wieder abnehmen, ein bisschen umfärben und in vier Jahren wieder in Paris, Lyon und Marseille befestigen. Gut möglich, dass man über Frankreichs EM-Städte dann sagen wird: Fast wie in Polen vor vier Jahren.