Restriktionen beim Verkehr wurden abgemildert, das ursprünglich für 2008/09 vorgesehene generelle Fahrverbot wurde überhaupt ausgesetzt.
Um einiges entschärft worden sind jene Maßnahmen, mit der das Land Steiermark den Feinstaub bekämpfen will. Fahrverbote für Diesel-Pkw ohne Partikelfilter sind bei längerer Belastung zwar vorgesehen, die Kriterien wurden aber großzügiger gefasst als im Entwurf. Die 100 km/h-Beschränkung auf Autobahnen wurde auf den Großraum Graz limitiert, das ursprünglich für 2008/09 vorgesehene generelle Fahrverbot überhaupt ausgesetzt.
Maßnahmenverordnung. Dem im Sommer vorgestellten Entwurf der Maßnahmenverordnung nach dem Immissionsschutzgesetz Luft wurde zahlreiche Ecken und Kanten genommen. "Wir sind in der Lernphase und übernehmen eine Vorbildrolle für Österreich und Europa", erklärte Umweltlandesrat Manfred Wegscheider (S) am Freitag bei der Präsentation. Nach der Saison, die übrigens von 15. Dezember bis 14. März kürzer als bisher definiert ist, werde man an die Evaluierung gehen: "Wir wollten nicht im ersten Winter Probleme bekommen, die das Paket insgesamt gefährden."
Sanierungsgebiet. Gleich geblieben ist zwar die Ausdehnung des Sanierungsgebietes auf 333 Gemeinden - große Teile der Mur-Mürzfurche sowie fast die gesamte mittlere und südliche Steiermark -, mit einem Kniff hat man allerdings die Tempolimits auf Autobahnen in ihrer Ausdehnung zurückgenommen: Weil Tempo 100 nur dort gilt, wo der durchschnittliche Tagesverkehr über 30.000 Kfz liegt, sind praktisch nur die A9, Pyhrnautobahn, und die A2, Südautobahn, im Großraum Graz betroffen. Auf Freilandstraßen gilt im gesamten Sanierungsgebiet Tempo 80.
Fahrverbot. Das Fahrverbot für Diesel-Pkw ohne Partikelfilter wird es in Graz und den Umgebungsgemeinden dann geben, wenn der Feinstaub-Tagesmittelwert fünf Tage lang über 75 Mikrogramm pro Kubikmeter liegt. Das könnte erfahrungsgemäß an fünf bis sechs Tagen der Fall sein. Ausgenommen vom Fahrverbot sind übrigens die Nachtstunden. Die Kontrolle soll "stichprobenartig" erfolgen, so Wegscheider. Die nächste, für 2007/08 geplante Stufe sieht dann 50 Mikrogramm als Grenzwert vor. Auch ganzjährige Fahrverbote für Alt-Lkw (Zulassung vor 1992 bzw. 1996) sowie für Maschinen und Geräte ohne Partikelfilter sollen gestaffelt mit Beginn im Juli 2007 in Kraft treten.
Umrüstung. Um die Umrüstung zu beschleunigen, gibt es von Land und Stadt Graz schon länger Förderungen für den Einbau von Nachrüstsystemen, nämlich 300 Euro für Pkw und 700 für Lkw. Die Wirtschaft bekommt zudem 1.200 Euro für den vorzeitigen Ankauf von Lkw der "Euro 5"-Norm. Parallel zu den Maßnahmen im Verkehrsbereich gibt es eine "Hausbrandoffensive", die strengere Regelungen für Feuerungsanlagen sowie die Unterstützung des Austausches von Altanlagen und Förderungen für Fernwärme- und -gasanschlüsse vorsieht. Noch ungeklärt ist die Übernahme der Kosten für die zusätzliche Bereitstellung von Bussen für den Fall von Fahrverboten. Die Grazer Verkehrsbetriebe wollen dafür einige Alt-Fahrzeuge wieder in den Dienst stellen.
Wirtschaft schlägt Alarm Die Reaktionen auf die vom Land Steiermark erlassene Feinstaub-Maßnahmenverordnung waren am Freitag sehr unterschiedlich: Für die Grünen ist sie zu wenig nachhaltig, für die Wirtschaft setze sie zu Unrecht beim Verkehr an und gefährde den Wirtschaftsstandort. Einig sind sich Grüne und Wirtschaft aber darin, dass SPÖ-Umweltlandesrat Manfred Wegscheider damit das Ziel verfehlt habe.
Kritik. Wegscheider habe nichts Neues präsentiert, das Ziel einer nachhaltigen Verringerung des Feinstaubs könne so sicher nicht erreicht werden, kritisierte die Klubobfrau der Grünen im Landtag, Ingrid Lechner-Sonnek. Dass beispielsweise die - meist höchstbelastete - Messstation Don Bosco nicht mehr in die Prognosen für ein Fahrverbot einbezogen werden soll, sei symptomatisch: "Das lässt darauf schließen, dass das volle Ausmaß der Feinstaubbedrohung nicht wirklich zur Kenntnis genommen wird." Für nächste Woche hat Lechner-Sonnek ein "Grünes Feinstaub-Paket" angekündigt.
Panikreaktion. Seitens der Wirtschaft wird im Gegensatz dazu kritisiert, dass im Maßnahmenpaket beim Verkehr angesetzt wird, "obwohl er als Feinstaubverursacher nachweislich eine untergeordnete Rolle spielt". Wie es in einer Aussendung des Wirtschaftsbundes hieß, sei die Skepsis gegenüber der Verordnung groß. Partielle oder temporäre Fahrverbote seien "Panikreaktionen", die langfristig nichts an der Situation änderten.
50.000 Arbeitsplätze gefährdet. Von der Tourismusbranche wurde angemerkt, dass die Erklärung von zwei Dritteln der Steiermark zum Sanierungsgebiet "ein Wahnsinn" sei. Sinnvoller wäre es, den Feinstaub dort zu bekämpfen, wo er entsteht - jedenfalls nicht beim Verkehr. Mit diesem Konzept würde der Feinstaub nicht wirklich bekämpft, dafür aber massiv Wirtschaft und Arbeitsplätze bedroht: "Wenn Just-in-time-Produktion beim Automobilcluster auf Grund der Fahrverbote nicht mehr möglich ist, wird das Arbeitsplätze kosten, nicht aber die Luft reinigen." Der Handel sieht in einem Fahrverbot den "Todesstoß": Im Großraum Graz seien in allen Bereichen 50.000 Arbeitsplätze betroffen, so die Befürchtung.
Quelle:
www.kleine.at
Thema: Land entschärfte Maßnahmen zur Feinstaubreduktion (3540-mal gelesen)
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