Der Auftrag für die Allrad-Ausführungen der E-Klasse wird nicht mehr weiter verlängert. Mercedes produziert die Autos künftig selbst. Magna ist ein Opfer der geringen Auslastung in den Stammwerken der Autohersteller.
Die Kostenrechner in der Autoindustrie schieben Sonderschichten ein. Der Verkauf von Neuwagen stagniert, nicht erst seit heuer. Die Folge ist, dass die Produktionsbänder in den Werken in Europa und Nordamerika nicht mehr voll ausgelastet sind. Produktionen, die bisher an Partner extern vergeben wurden, werden zunehmend heim geholt. Der nächste Schritt ist, dass diesen Partnern Aufträge abhanden kommen. Das zieht Kündigungen nach sich. Wie jetzt bei Magna Steyr in Graz, wo 500 der rund 1700 Leiharbeiter abgebaut werden.
Fertigung läuft aus. Mercedes lässt die Fertigung für die E-Klasse 4matic auslaufen. Künftig werden diese Modelle im Stammwerk Sindelfingen bei Stuttgart hergestellt. Mercedes sichert damit die eigene Auslastung und eigene Arbeitsplätze ab. Ähnlich reagiert hatte Chrysler 2002, als der in Graz gebaute PT Cruiser abgezogen, die Produktion nach Nordamerika verlagert wurde. Das waren damals auch rund 20.000 Stück im Jahr. Mit Problemen zu kämpfen haben auch andere Große in Europa und den USA wie VW, Ford oder der (noch) weltgrößte Autohersteller General Motors (u. a. mit der Marke Opel). Die Zulassungszahlen in Europa und den USA sind zum Teil stark gesunken. Die internationale Autoindustrie könnte für beste Nachfragezeiten 65 Millionen Autos erzeugen, der Bedarf liegt derzeit jedoch nur bei 53 Millionen. Die Überkapazität macht rund 20 Prozent aus.
Käufer lassen sich Zeit. Daran wird sich so bald auch nichts ändern. In Österreich wurden 2005 rund 307.000 Pkw und Kombis abgesetzt, ein Rückgang um 1,1 Prozent. In Deutschland gingen die Verkaufszahlen um fast acht Prozent zurück, im übrigen Westeuropa um bis zu elf Prozent. Ganz anders zeigt sich die Lage in Asien. Die Hersteller, wie Toyota, beim Sprung zur weltweiten Nr. 1 General Motors auf den Fersen, legen kontinuierlich zu. In China, in Indien und in Russland, den größten Ländern auf dem Kontinent, boomt der Absatz. Die Chinesen starten einen Großangriff. Innerhalb der nächsten zehn Jahre soll der Weltmarktanteil ihrer Autoindustrie verzehnfacht werden, das ergebe rund sieben Prozent. Irgendwem werden diese Anteile abgenommen, am ehesten den Europäern und den Amerikanern. Der südamerikanische Markt wird von der Produktion aus eigenen Werken, in denen internationale Konzerne hinterm Lenkrad sitzen, dominiert.
Niedrige Löhne. Die Autoindustrie sucht fieberhaft nach Auswegen und probiert es mit Kooperationen, wie Nissan und Renault, die sich mit General Motors verbinden möchten. Vielfach werden Modelle gemeinsam entwickelt, was die Kosten senken hilft. Beispiele dafür sind der Citroen C1/Peugeot 107/Toyota Aygo auf gleicher Basis oder Fiat Punto/Opel Corsa oder Fiat Sedici/Suzuki SX4. Der Verkaufspreis spielt eine wichtige Rolle. Die Autoindustrie versucht, den Druck abzufangen, siedelt immer häufiger Werke in Ländern mit einem niedrigen Lohnniveau an. In Europa führend ist derzeit die Slowakei, in den letzten Jahren wurden neue Werke aus dem Boden gestampft. Gemessen an der Bevölkerungszahl werden in der Slowakei weltweit bereits die meisten Autos pro Kopf hergestellt. Kein Wunder, Fließbandarbeiter verdienen da 300 bis 500 Euro im Monat, im Westen der EU müssen die Konzerne ihren Arbeitern etwa das Zehnfache zahlen. In den nächsten Jahren, heißt es in den Autokonzernen, werden weitere Produktionen in den Osten ausgelagert.
HELLFRIED SEMLER
240.000 Fahrzeuge sind in Graz neuer Produktionsrekord
So viele Autos wie heuer wurden bei Magna Steyr noch nie erzeugt. Mit mehr als 240.000 Stück liegt die Kapazität knapp am Plafond, 250.000 sind die oberste Grenze. Ein weiterer Produktionsausbau sei nicht mehr möglich, erklärte schon vor einiger Zeit Siegfried Wolf, Vice-President bei Magna International. In den nächsten Jahren wird die absolute Obergrenze nicht erreicht werden.
Guter Kunde. Für den Autocluster Steiermark (ACStyria) ist Magna ein guter Kunde. Genaue Zahlen werden nicht genannt, Cluster-Geschäftsführer Uwe Galler erklärt, dass rund zehn Prozent der Produktion des ACStyria in Österreich abgesetzt werden, mehrheitlich bei Magna. Dem Cluster gehören 180 Mitglieder, die 30.000 Mitarbeiter beschäftigen, an. Der Jahresumsatz lag zuletzt bei knapp 9,5 Milliarden Euro.
Rückblick. Magna Steyr baut seit 1991 Autos in Graz. Von der Mercedes-E-Klasse 4matic wurden seit 1996 fast 191.000 Stück gefertigt. Den Löwenanteil der Auslastung stellt aber BMW mit dem X3, von dem jährlich fast 110.000 Einheiten erzeugt werden. Vom Saab 9.3 Cabrio und der E-Klasse folgen rund 20.000 Wagen pro Jahr, vom Geländewagen Mercedes G an die 5000. Chrysler gibt für Voyager, Limousine und Kombi vom Typ 300C, den Jeep-Modellen Grand Cherokee und Commander keine Zahlen bekannt.
HELLFRIED SEMLER
Quelle:
www.kleine.atWar ja nur eine Frage der Zeit.
Ob der Rekord nächstes noch Jahr überboten wird