Ein ganzer Ort lässt sich enteignen / Bauern fürchten um ExistenzAufschrei der Bauern im Grazer Feld gegen 110 kV-Leitung der ÖBB. Diese drohe Enteignungen in großem Stil an. Die Landwirte sehen ihre Existenz gefährdet.
Von Graz bis Werndorf wollen die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) eine 110-kV-Leitung zur Bahnstromübertragung errichten, um die Stromversorgung der Südbahn auf kommende Kapazitätssteigerungen ausrichten zu können. Doch bis zu 80 von 200 betroffenen Landwirten des Grazer Feldes entlang der Leitungstrasse sehen sich durch das Vorgehen der ÖBB in ihrer Existenz gefährdet. Sie stemmen sich gegen Enteignungen, die die ÖBB durchziehen.
Eisenbahn-Enteignungsgesetz. "Die ÖBB drohen jenen Bauern, die in kollektiven Unterschriftsterminen vorgelegten Dienstbarkeitsverträge nicht unterschreiben, zuerst einmal gleich mit dem Eisenbahn-Enteignungsgesetz. Nach dem Motto ,da fährt die Bahn drüber'. So kann es ja nicht gehen", ist Sepp Herzog von der Landwirtschaftskammer erzürnt. Markus Hillebrand, ein Gemüsebauer aus Zettling, der von Enteignung bedroht ist, bestätigt: "Die ÖBB wollen mit diesen Dienstbarkeitsverträgen unsere Zustimmung zu allen Eventualitäten, die wir widerspruchslos hinzunehmen hätten. Unterschreibt man nicht, wird enteignet." Was Hillebrand besonders stutzig macht, ist, dass die ÖBB ihm nicht schriftlich zusichern will, dass er im Bereich der Trasse sein Feld beregnen lassen kann.
Stromschlag-Gefahr. "Wenn die ÖBB den Bauern nicht mehr erlaubt ihre Felder zu bewässern, dann gehen sie gegen die Existenzgrundlage der Bauern vor. Wenn hier Stromschlag-Gefahr wegen der Beregnung besteht, dann muss man die Sinnhaftigkeit der Überlandleitung in diesem Hauptgemüseanbaugebiet der Steiermark in Frage stellen", meint Sepp Herzog.
Weitere Gespräche. Anders sieht das ÖBB-Infrastruktur-Sprecherin Renate Pelz, . In 80 Prozent der Fälle seien die Verträge auf gütlichem Verhandlungswege unterschrieben worden. Erst in der letzten Verhandlungsrunde vorige Woche habe man sich mit 14 von 21 betroffenen Bauern geeinigt. Mit den anderen würde es weitere Gespräche geben. "Im übrigen muss klargestellt werden. Es verliert ja keiner seinen Grund. Und wegen der Servitutsrechte, denn darum handelt es sich ja nur, stellen wir auch niemandem die Rute ins Fenster. Wir suchen das Gespräch", sagt Pelz.
Beregnungsanlagen. Auch bei den Beregnungsmöglichkeiten der Bauern für Felder im Bereich der Leitung signalisiert Pelz Entgegenkommen der ÖBB. Pelz: "Das wurde mit den Betroffen eingehend besprochen und wird natürlich auch schriftlich in die Verhandlungsschrift aufgenommen." Sollten allerdings später größere Beregnungsanlagen als vertraglich vereinbart aufgestellt werden, müssten bestimmte Abstände zur Leitung eingehalten werden.
HELMUT BAST
110-KV-LEITUNG DER ÖBBLeitung: Die 110-kV-Leitung zur Bahnstromübertragung von Graz nach Werndorf soll einer zukünftigen Kapazitätserweiterung der Südbahn dienen.
Erdleitung: In Graz wird die Leitung in die Erde verlegt.
Überlandleitung: Ab der Stadtgrenze bis Werndorf wird eine Freilandleitung verlegt.
Bis Spielfeld: Das Unterwerk Werndorf wird die Südbahnstrecke bis Spielfeld versorgen.
Anrainer: Etwa 200 Bauern haben ihre Grundstücke im Trassenbereich. Bis zu 80, so Sepp Herzog von der Landwirtschaftskammer, sind von Enteignung bedroht, weil sie den ÖBB-Servitutsverträgen nicht zustimmen.
Beregnung: Durch Beregnungsanlagen in Trassennähe besteht Stromschlaggefahr.
Quelle:
www.kleine.at
Ein ganzer Ort lässt sich enteignenSeiersberg protestiert gegen geplante 110-kV-Leitung der ÖBB. Bürgermeister Breithuber will Umweltverträglichkeitsprüfung, Firmen starten Unterschriftenaktion gegen die Trasse.
Die Gemeinde Seiersberg ist über die Pläne der ÖBB alles andere als erfreut
Das ÖBB-Vorhaben einer 110-kV-Bahnstromübertragung soll die Stromversorgung für die neue Koralmbahn von Graz bis Werndorf sicher stellen. Nach heftigem Widerstand von rund 80 Bauern aus dem Grazer Feld gegen die Trasse (wir berichteten) wehrt sich mit Seiersberg nun ein ganzer Ort geschlossen gegen die Stromleitung.
Bürgermeister verärgert. "Es ist nicht einzusehen, dass im Grazer Stadtgebiet die Leitung in die Erde verlegt wird, ab unserem Gemeindegebiet aber die Freilandleitung", ärgert sich Seiersbergs SP-Bürgermeister Werner Breithuber. Gegen die Leitung gebe es auch einen einstimmigen Gemeinderatsbeschluss. Allerdings seien die rechtlichen Schritte schon ausgeschöpft, weil die ÖBB mit dem alten Eisenbahnenteignungsgesetz "gleich über alle drüberfährt", so Breithuber. Der Bürgermeister will jedenfalls jetzt prüfen lassen, ob für die Überland-Trasse nicht doch eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Und die Steweag-Steg-Leitung sei auch in die Erde verlegt. "Seiersberg unterschreibt keinen Servitutsvertrag mit der ÖBB. Wenn sein muss lassen wir uns als ganzer Ort enteignen. Da wird man sehen, ob das gut für das Image der Bahn ist", gibt sich Breithuber kämpferisch.
Hausmann. Die Seiersberger Großhandelsfirma Hausmann liegt im unmittelbaren Einzugsbereich der geplanten Trasse und Firmenchef Gerhard Verdonik und kämpft gegen die Leitung. "Unsere 70 Mitarbeiter fühlen sich von dieser Hochspannungsleitung massiv gesundheitlich betroffen. Tausende andere Menschen im Ort ebenfalls", weiß Verdonik.
Kein Verständnis. Schließlich sei man der Leitung in der Arbeitszeit stundenlang ausgesetzt. Verdonik kann nicht verstehen, warum die Erdverkabelung an der Stadtgrenze von Graz plötzlich aufhört. "Daher sehe ich auch bei uns in Seiersberg keine Notwendigkeit für eine Freileitung", so Verdonik. Gemeinsam mit anderen Unternehmen will Verdonik nun eine Unterschriftenaktion gegen die ÖBB-Leitung initiieren. Auch weiter südlich, in Unterpremstätten, ist man gegen die Freileitung.
Widerstand. "Diese Leitung gehört unter die Erde. Gegen die Freileitung wehren wir uns auch auf jeden Fall", kündigt auch Unterpremstättens Bürgermeister Anton Scherbinek Widerstand an.
HELMUT BAST
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