Re: Gemeinderatswahl 2017
Antwort #277 –
,,Ich lasse mir den Verkehr nicht wegnehmen"
Frau Kahr, wer ist denn jetzt für den Verkehr zuständig? Sie oder der Bürgermeister?
ELKE KAHR: Die Elke Kahr ...
Zuletzt hatte man aber den Eindruck, dass sie beide dafür zustasändig sind.
KAHR: Ja, weil man vielleicht im Nachhinein draufkommt, dass der Verkehr doch nicht so unspannend ist. Ich lass mir das Verkehrsressort aber nicht wegnehmen. Der Bürgermeister hat die Mittel, also die Finanzierung der Straßenbahnprojekte, für sich bei der Stadtbaudirektion angesiedelt. Aber Planung und Strategie sind nach wie vor eindeutig beim Verkehrsplanungsamt und bei mir. Ein Beispiel: Die Linie 62 fährt aktuell nur bis 12 Uhr am Samstag - und das werden wir jetzt im Testbetrieb ausweiten. Von der Taktung und der Strecke her, die bis Dezember bis Straßgang führen wird.
Wie sieht es mit der Linie 8 aus?
KAHR: Im Sommer wird es noch einen gemeinsamen Termin mit dem Bürgermeister geben, am 11. September dann weitere Gespräche mit dem Land. Es gibt ja einen Grundsatzbeschluss über den Ausbau der Südwest-Linie, der Linie 8, die über den Griesplatz führt. Das hat der Gemeinderat beschlossen, nachdem man Jahrzehnte für eine Entscheidung gebraucht hat. Und jetzt heißt es plötzlich vom Bürgermeister, dass wir das nicht mehr unbedingt brauchen und eine Ausweichroute über die Neutorgasse planen. Gegen die würde per se nichts sprechen - wir werden das aber bis Ende August, Anfang September noch einmal überprüfen lassen.
Sie müssen sich also mit Siegfried Nagl abstimmen und doch hat man das Gefühl, dass sie beide miteinander nicht können.
KAHR: Ich habe kein Problem mit ihm. Wir sehen uns jede Woche in der Stadtsenatssitzung und reden jedes Mal miteinander. Aber es ist schon seine Aufgabe auch, auf einen zuzugehen und nicht nur immer meine. Es kann keine Einbahnstraße sein.
Was sind Ihre Vorhaben für den Verkehr in Graz?
KAHR: Es gibt nur einen Weg: Man muss in der sanften Mobilität - also bei Öffis, Radfahrern und Fußgängern - weiterkommen. Wir haben beim öffentlichen Verkehr absoluten Aufholbedarf, im Fahrradverkehr ist einiges verbesserungswürdig.
Was heißt das für die Öffis?
KAHR: Es muss eine Angebotserweiterung geben - das fangt an beim Wartehäusl an und geht bis zur Fahrgastinformation, die seit Jahren total im Argen ist. Sie wird ja bis Herbst 2018 erneuert. Wir sind auch mit der Tarifgestaltung nicht einverstanden. Dass die Indexierung überhaupt möglich ist, um das 1,75-fache - das gehört weg. Davon dürfte man nach den Gesprächen im Verbund im Herbst abgehen. Auch sollte die Seniorenkarte von der ÖBB-Vorteilscard entkoppelt werden.
In Ihrer Strategie scheint das Auto aber nicht vorzukommen.
KAHR: Doch, das Auto kommt vor. Aber zu viel. Wir stoßen an unsere Grenzen. Eine Stadt hat nur einen beschränkten Platz, der dem Verkehr vorbehalten ist. Hier gibt es ein Ungleichgewicht für den Individualverkehr. Wir werden den Autoverkehr nicht gängeln - es wird also keine Citymaut mit mir geben und keine Erhöhung der Parkgebühren. Der ÖV wird aber bevorzugt und das kann mancherorts auf Kosten des Individualverkehrs gehen, was man der Bevölkerung klar kommunizieren muss.
Ist das ,,Nein" zur Citymaut ein ,,Ja" zu autofreien Tagen?
KAHR: An den feinstaubstarken Tagen braucht es autofreie Tage und davon möchte ich gemeinsam mit Umweltstadträtin Tina Wirnsberger das Land auch überzeugen. Das wäre bei gutem Willen möglich - und zwar ohne finanziellen Aufwand.
Schmerzt es Sie eigentlich nach wie vor, dass Sie nicht mehr Wohnstadträtin sind?
KAHR: In der Praxis hat sich ja nichts geändert, die Menschen kommen mit Wohnanliegen trotzdem zu mir. Seit der Wahl waren es mehr als 1000 Leute.
Sie lassen also weiter Grazer vor Ihrer Tür ,,betteln", zumindest empfinden das Teile der ÖVP so ...
KAHR: Bei mir hat nie jemand gebettelt. Und die ÖVP hat offenbar ein riesiges Problem mit unserem Erfolg und damit, dass die Menschen mir ein gewisse Anständigkeit und Korrektheit in der Politik zuschreiben.
Aber ist die Politik der offenen Türe und die Hilfe in Wohnagenden nicht ein riesiges Marketinginstrument der Grazer KPÖ?
KAHR: Natürlich. Der Mieternotruf lauft auch gleich weiter, das muss man auch gar nicht bewerben. Die Leute wissen, wenn sie wein Wohnungs- oder Mietrechtsproblem haben, können sie sich an uns wenden.
Die VP-FP-Koalition hat die Spielregeln für den Gemeindebau geändert. Demnach sollen Grazer künftig Vorteile bei der Vergabe haben. Was ist daran so schlecht?
KAHR: Man suggeriert, dass Österreicher gegenüber Ausländern bevorzugt werden. In der Praxis wird man sehen, dass auch Österreicher betroffen sind. Wir hatten pro Jahr etwa 150 Notfälle, die bei uns angesucht haben. Viele von ihnen würden nach den neuen Regeln keine Gemeindewohnung bekommen.
Etwas Bauchschmerzen bereitet mir, dass die Entlastungsstrecke über die Neutorgasse "erneut geprüft" werden soll. Es muss endlich eine Entlastungsstrecke her. Je schneller desto besser.