Re: Der FEINSTAUB - Thread
Antwort #182 –
Wirtschaft erhöht Druck auf Landesrat
Seit Umweltlandesrat Kurzmann für das Land "Feinstaubentwarnung" ausrief, fordern Wirtschaftsvertreter das Aus der Maßnahmen. So massiv, dass der Landesrat jetzt um sein Budget bangt.
Das elektronische 100-km/h-Limit auf den Autobahnen missfällt den Wirtschaftsvertretern
Die Geister, die er rief, werde er jetzt nicht mehr los, ätzen böse Zungen. Etwas differenzierter sieht es der steirische Umweltlandesrat Gerhard Kurzmann (FPÖ) selbst. Faktum ist jedenfalls: Seit Kurzmann vor zwei Wochen mit Blick auf die günstigen Luftgütewerte des vergangenen Winters eine generelle "Feinstaubentwarnung" für die Steiermark ausgerufen hat, laufen ihm die Wirtschaftsvertreter beinahe die Bürotüren ein. Deren Forderung: Wenn es Entwarnung gibt, sind auch Maßnahmen wie das elektronische 100-km/h-Limit auf den Autobahnen oder die großräumigen Luftsanierungsgebiete unnötig und gehören weg.
Der Druck sei so massiv geworden, klagt Kurzmann, dass er sogar um sein jährliches Feinstaub-Budget in der Höhe von 6,5 Millionen Euro bangen müsse. "Ich fürchte, dass ÖVP und SPÖ auf diesen Zug aufspringen und mir die Mittel kürzen. Jetzt die Maßnahmen zurückzunehmen, wäre angesichts des Vertragsverletzungsverfahrens der EU aber ein Wahnsinn." Zwar werde das steirische Luftreinhalteprogramm bis Oktober evaluiert, der Hunderter auf den Autobahnen stehe aber nicht zur Debatte. Und auch bei den Sanierungsgebieten, die sich über 333 Gemeinden erstrecken, sind für Kurzmann "nur in den Randbereichen" Änderungen denkbar. "Auch wenn es sich jetzt viele anders wünschen: Im Kern werden die Gebiete weiterhin bestehen bleiben."
Vielen Wirtschaftstreibenden sind diese Gebiete seit Langem ein Dorn im Auge. So gelten dort etwa strengere Emissionsvorschriften für Lkw (siehe auch Bericht rechts) und Baumaschinen oder spezielle Auflagen für Betriebsansiedelungen. "Man darf angesichts der besseren Luftwerte zwar nicht in Übermut verfallen, aber bei den Sanierungsgebieten wünschen wir uns schon eine substanzielle Änderung", sagt der steirische Wirtschaftsbunddirektor Kurt Egger. Und zwar nicht erst im Herbst, sondern möglichst noch vor dem Sommer. Das Tempolimit auf den Autobahnen dagegen betrachtet Egger als weniger tragisch.
Dieses wird heuer, wie berichtet, sogar noch verschärft. Noch vor Ostern schickt Kurzmann eine Gesetzesnovelle in Begutachtung, die es ermöglicht, das Hunderter-Limit auch bei erhöhten Stickoxidwerten aufleuchten zu lassen. Das Gesetz soll im Sommer beschlossen werden und danach in Kraft treten.
GÜNTER PILCH
Fakten
333 Gemeinden liegen innerhalb der steirischen Feinstaub-Sanierungsgebiete (Teile des Mur- und Mürztals sowie Graz und fast die gesamte Ost-, Süd- und Weststeiermark). In diesen Zonen gelten Einschränkungen etwa für Lkw, Heizungen oder Brauchtumsfeuer.
6,5 Millionen Euro sind im Budgettopf von Umwelt- und Verkehrslandesrat Gerhard Kurzmann jedes Jahr zur Bekämpfung des Feinstaubs vorgesehen. Damit werden weite Teile des Luftreinhalteprogramms finanziert.
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Lkw müssen Aufkleber tragen
GRAZ. Die gesetzliche Grundlage stammt noch aus der Zeit von Umweltminister Nikolaus Berlakovich und war eigentlich für die Umweltzone in Graz gedacht: Das Ministerium legte im Jahr 2012 Aufkleber fest, die die Autos je nach Abgasklasse kennzeichnen sollten. Nachdem die Umweltzone aber abgeblasen wurde, blieben auch die Pickerl in der Schublade. Jetzt sollen sie doch noch zum Einsatz kommen. Allerdings nicht auf Autos, sondern auf allen Lkw, die in den steirischen Feinstaub-Sanierungsgebieten unterwegs sind. Dort dürfen seit heuer nur noch Schwerfahrzeuge der Abgasklasse Euro 3 oder höher fahren. Damit die Kontrolle einfacher wird, bekommen die Lkw jetzt die Aufkleber verpasst. "Die Verordnung ist mit der Wirtschaftskammer abgesprochen und tritt noch heuer in Kraft", sagt Umweltlandesrat Kurzmann.
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Entfesseln?
Dieser Salutschuss ging nach hinten los. Kaum hat Umweltlandesrat Gerhard Kurzmann die heuer günstig verlaufene Feinstaubsaison bejubelt, schon kommt er in Bedrängnis. Die Wirtschaft rennt ihm die Tür ein, er solle Frischluftmaßnahmen in den Feinstaubsanierungsgebieten rückgängig machen. Die Auflagen seien ein Hemmschuh für eine gute Entwicklung. Es ist verständlich, dass Unternehmer im globalen Wettbewerb entsprechende Rahmenbedingungen einfordern, um ihren Standort abzusichern, ihre Betriebe erweitern und Arbeitsplätze schaffen zu können. Und die Landesregierung sollte alles tun, um gerade in Zeiten der immer noch anhaltenden Krise die Unternehmen nicht über Gebühr auszubremsen.
Aber wegen einer witterungsbedingt glimpflich verlaufenen Feinstaubsaison Frischluftmaßnahmen abzublasen, könnte uns teuer zu stehen kommen. Hätten wir die letzten Jahrzehnte die Wirtschaft stets von allen Umweltauflagen entfesselt, wäre unsere Mark wohl nicht mehr so grün. Und die EU hätte uns wohl längst mit Strafzahlungen zur Kasse gebeten.
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BERND HECKE
Liebe Grüße
Martin