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Thema: St. Margarethen/Raab - Sechs Kleine wuchsen zusammen (2260-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema

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St. Margarethen/Raab - Sechs Kleine wuchsen zusammen

Sechs Kleine wuchsen zusammen

Wie war das 1968, als St. Margarethen/Raab mit fünf Gemeinden fusioniert wurde? Ein Rückblick und ein Blick auf die Entwicklung bis heute.
Amtshaus für fast 4000 Einwohner


1967: Franz Glanzer ist SPÖ-Gemeindekassier in Sulz bei Gleisdorf. Eines Tages sagt der Bürgermeister: "So, jetzt wird es ernst, wir werden mit Margarethen zusammengelegt." Die Jäger und Fischer protestieren: Sie fürchten, das Jagd- und Fischrecht zu verlieren. Andere wollen den einzigen Besitz der Gemeinde, den Gemeindewald und die Schottergrube, nicht hergeben. Andere wiederum sagen: "Was wollen wir, wir haben jetzt schon alles in St. Margarethen: das Wirtshaus, die Schule, die Geschäfte."

Denn die Lage von Sulz ist prekär. Geld ist keines da, die Feuerwehr leiht der Gemeinde das Geld für das Asphaltieren der Straße. Eine Nachbargemeinde überlegt, eine Weggebühr von den anderen einzuheben, weil deren Bürger die Straße benutzen. "Da sagten die anderen, das könnten sie auch. Da wäre bald ein Kuhhandel entstanden", erzählt Glanzer, heute 87 Jahre alt.

Das "Gemeindeamt" war damals die Wohnstube des Bürgermeisters. "Er hat mich oft gefragt, ob ich etwas tippen kann, weil er überfordert war. Auch die Schneeräumung war ein Problem. Wir baten einen Bauern, ab 5 Uhr in der Früh zu räumen. Der sagte: ,So früh steh' ich nicht auf, gehts zu Fuß!'"


Finanzdruck

Der Druck war also nicht unerheblich. Und als die Jagd- und Fischereirechte den Sulzern weiterhin zugestanden wurden, kehrte Ruhe ein. 1968 kam es zur Fusion von sechs Gemeinden (siehe Infokasten). Zöbing und Kroisbach waren schon 1952 mit Goggitsch zusammengelegt worden. Die Fraktionen einigten sich auf einen Spitzenkandidaten: Josef Rechling, ein St. Margarethener, wurde Bürgermeister, Glanzer Vizebürgermeister. Rechling war bisher der einzige Bürgermeister, der aus St. Margarethen kam. Sein Nachfolger kam aus Takern II, der jetzige, Johann Glettler, ist ein Entschendorfer.

Heute gibt es mehr als 600 Arbeitsplätze in der Gemeinde, Ärzte, Apotheke, Schulen, Kindergärten, Handel, Industrie und Gewerbe im Ort. Die Einwohnerzahl steigt.

Diese Entwicklung habe nur die Zusammenlegung 1968 ermöglicht, sagt Bürgermeister Glettler. Ein Beispiel sei die Betriebsansiedelung an der Bundesstraße. "Wir hatten einen Betrieb aus Entschendorf, der wäre nie dort weggegangen, wären wir eigene Gemeinden. Der Bürgermeister hätte um ihn gekämpft bis zum Erlassen der Kommunalsteuer." So aber sei der Betrieb umgezogen, könne sich erweitern und der Ort bleibe vom Verkehr verschont. Dafür baue man in Entschendorf 100 Wohnungen.


Identitätsverlust?

Ob die Fusion 1968 mit einem Identitätsverlust einhergegangen sei? Glanzer: "Wieso, ich bin ein Sulzer!", sagt er. Vereine seien in den Katastralgemeinden geblieben, ebenso wie die Feuerwehren. Auch die Jungen fühlen sich als St. Margarethener - zumindest, wenn sie in Weiz sind. "Aber wenn sich zwei aus Takern II treffen, sagt der eine, ich bin aus Vötz, der andere, ich bin aus Großgier. Gehen die beiden nach St. Margarethen, sagen sie, sie kommen aus Takern II. Nur nach außen sind wir aus St. Margarethen", sagen Claudia Bonstingl und Victoria Pauritsch, zwei junge Gemeindebedienstete. Käme aber heute eine Zusammenlegung mit Gleisdorf, hätten sie Angst, nur untergeordnete Arbeiten verrichten zu können. Was 1968 geschah, kümmert sie nicht.

Und auch die Bürgermeister waren 1968 schlussendlich mit der Fusion einverstanden. Hatte man doch für alle ein Plätzchen gefunden: Einer wurde Obmann der Raiffeisenbank, einer durfte die Reden halten, einer wurde Gemeindesekretär und im Vorstand der neuen Gemeinde war ja auch noch Platz.

Und Sulz? St. Margarethen zahlte der Feuerwehr das Asphaltiergeld zurück, die Gemeinde räumt den Schnee ordentlich und die Wegbenutzungsgebühr war mit einem Schlag vom Tisch.


FAKTEN

1968 wurden die Gemeinden Goggitsch, Entschendorf, Sulz, Takern I, Takern II und St. Margarethen zusammengelegt.

Heute hat St. Margarethen an der Raab 3950 Einwohner auf einer Fläche von 44 Quadratkilometern.

Budget (ordentlicher Haushalt): 4,9 Millionen. Bedienstete: 16



Quelle: http://www.kleinezeitung.at/steiermark/weiz/sankt_margarethen_an_der_raab/2896819/sechs-kleine-wuchsen-zusammen.story
LG Michael, vormals PM  |  Styria-Mobile