Einkaufszentren-Betreiber Alexander Otto steigt in Osteuropa auf die Bremse und investiert lieber in österreichische InnenstädteStandard: Ihre Expansion in Osteuropa liegt auf Eis. Ihre Finanzpartner stecken in ernsten finanziellen Problemen. Müssen Sie mehr eigenes Geld in die Hand nehmen?
Otto: Wir werden in den kommenden ein bis zwei Jahren weniger Einkaufscenter bauen. Es hat keinen Sinn, in dieser Marktphase in Russland, in der Ukraine oder Türkei zu investieren. Wir warten, bis die Finanzmärkte wieder anspringen. Grundstücke finanzieren wir vollständig aus dem Eigenkapital. Meine Familie ist an mehr als der Hälfte der Projekte selbst beteiligt.
Standard: Bauen Sie Jobs ab?Otto: Wir haben im Ausland an die 100 Stellen gestrichen. In Deutschland planen wir derzeit keinen Abbau. Wir renovieren, erweitern, haben genug neue Projekte. Es gibt jetzt auch Zeit, sich auf Innenstädte zu konzentrieren. Viele gute Lagen werden wieder bezahlbar. Wer bereit ist, nun zu kaufen, für den sind fast alle Projekte realisierbar.
Standard: Wer ein Shoppingcenter in Europa kennt, kennt sie alle. Können Sie Ihre eigenen überhaupt von einander unterscheiden?Otto: Sie sind alle individuell und sehen grundverschieden aus, finde ich. Klar, die großen Mieter sind Ketten. Wir integrieren aber genauso lokale Händler. Einfacher ist das dort, wo die Kaufkraft stark ist.
Standard: Ihre Center in Österreich könnten doch genauso gut in jeder anderen Stadt Europas stehen.Otto: In Klagenfurt etwa haben wir historische Fassadenelemente, in der Innenbespielung ein abstraktes Stadtpanorama. Das ist chic. Aber ich gebe zu, diese Feinheiten in der Gestaltung erkennt nicht jeder.
Standard: Einkaufscenter-Erbauer gelten als die Totengräber des Einzelhandels der Innenstädte ...Otto: Zu Unrecht. Es entstehen Synergien zwischen Stadt und Handel. Wir lenken die Kaufkraft um, holen aber zugleich viel aus dem Umfeld zurück in die Städte.
Standard: Österreich hat die höchste Shoppingcenterdichte in Europa. Warum brauchen wir noch weitere?Otto: Es gibt noch Chancen in integrierten Lagen. Das fehlt in Wien, die SCS ist weit draußen. In Graz gibt es viel Handel am falschen Ort.
Standard: Gegen Ihr Projekt in Graz gibt es massiven Widerstand.Otto: Es gibt Widerstand Einzelner, die starken Einfluss haben.
Standard: Der Konsum hat sich bisher robust gezeigt. Wann kommt die Krise im Einzelhandel an?Otto: Wir spüren sie bisher wenig. Das wird sich mit der steigenden Arbeitslosigkeit ändern, große Einschnitte erwarte ich aber nicht. Der Konsum in Deutschland war in den letzten Jahren zurückhaltend - er wird daher jetzt nicht so stark einbrechen wie in anderen Ländern.
Standard: Sie blicken regelmäßig in die Bücher der Handelspartner. Wer verliert, wer gewinnt in der Krise?Otto: Diskont, Drogerien, Gesundheitsbranchen profitieren. Lebensmittelhändler entwickeln sich gut, bisher auch der Textilhandel. Der Möbelhandel tut sich schwerer.
Standard: Warum machen Sie aus eigenen Bilanzen ein Geheimnis?Otto: Das ist ja für Familienunternehmen nicht untypisch. Wir wollen eine langfristig gute Entwicklung. Der Gewinn einzelner Jahre spielt da keine so große Rolle.
Standard: Oft war von revolutionären Shoppingcentern die Rede, von Entertainmentburgen und Lifestyle. Warum sieht man davon wenig?Otto: Die Leute wünschen sich Erreichbarkeit, gute Parkmöglichkeiten und ein vielfältiges Sortiment. Events und Unterhaltung werden als feste Einrichtungen nicht nachhaltig genutzt. Ein Deutscher geht im Schnitt nur eineinhalb Mal im Jahr ins Kino, da gibt es wenige Synergien. Service und Kinderspielplätze ziehen nach wie vor mehr an als eine gigantische Achterbahn. (Verena
Kainrath, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 27.4.2009)
Quelle:
www.derstandard.atIn Graz gibt es viel Handel am falschen Ort.
Stimmt das?