Tempolimit: Schluss mit Auge zu?Die Toleranzgrenze muss gesenkt und Schnellfahren endlich ein Vormerkdelikt werden, fordert Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder. Widerstand ist von Autofahrern auch von den Behörden zu erwarten.
Mit diesem Vorstoß lehnen sich Verkehrslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder und der steirische Verkehrssicherheitsbeirat (in dem unter anderen Vertreter des Kuratoriums, des Landes und der Polizei sitzen) weit hinaus: Die VP-Politikerin fordert vor dem Hintergrund aktueller, folgenschwerer Unfälle ein Herabsetzen der Toleranzgrenze beim Tempolimit. Und - damit wenden sich die Steirer einmal mehr an SP-Ministerin Doris Bures: Überschreitungen der Geschwindigkeit sollten endlich auch zu einem Vormerkdelikt werden.
Toleranz Derzeit mahlen die Mühlen des Gesetzes bei Schnellfahrern viel zu langsam, kritisiert der Verkehrssicherheitsbeirat. Die Toleranz kommt nämlich zwei Mal zum Tragen: erstens bei den Messgeräten. Sie ist zwar von Gerät zu Gerät verschieden, beträgt im Schnitt aber bei einem Tempo bis 100 km/h fünf Stundenkilometer und darüber fünf Prozent der Geschwindigkeit. Zweitens kommt dazu, dass die Behörden bei Überschreitungen bis zehn km/h keine Strafen erlassen.
Im Ortsgebiet existiert das 50-km/h-Limit nur auf dem Papier, tatsächlich werden Autofahrer erst ab einem viel höheren Wert zur Kasse gebeten. Wo Fußgänger und Autos aufeinandertreffen, sei das aber unverantwortlich, sind sich Experten einig.
Schwierige UmsetzungNicht nur Autofahrer werden aufschreien, weil sie damit einen weiteren Anschlag auf ihr Geldbörsel fürchten. Widerstand ist - dessen ist sich der Verkehrssicherheitsbeirat bewusst - auch von den Behörden zu erwarten. Denn weniger Toleranz bedeutet klarerweise, dass mehr Verfahren abgewickelt würden. Die Beamten müssten auch mit mehr Interventionen rechnen; ein ähnlicher Vorschlag hat jedenfalls schon einmal für Ablehnung gesorgt.
Im Sinne bundesweit einheitlicher Strafregelungen ist eine Senkung der Toleranz für Edlinger-Ploder auch nur dann sinnvoll, wenn der Bund mitzieht. Daher geht die Forderung an die Ministerin, die aktiv werden möge.
Eine Gesetzesänderung wäre dazu wohl nicht nötig. Jedenfalls ins Boot geholt werden müsste aber der Unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsbehörde. Denn bekäme ein bestrafter Autofahrer vor dem Senat recht, dass seine Tempoübertretung geringfügig und ohne Folgen war, wäre die Toleranzgrenze wieder dort, wo sie derzeit ist.
HANNES GAISCH
Ohne ZwinkernWer sich beim Autofahren öfters an die Toleranzgrenze herantastet, wird die steirische Verkehrslandesrätin bei ihrem Vorstoß gerne einbremsen wollen. Runter mit der Toleranzgrenze, fordert Kristina Edlinger-Ploder. Denn besonders im Ortsgebiet würden Überschreitungen viel zu spät geahndet.
Das sei billiges Abkassieren, kann man die Reaktion erboster Autofahrer schon hören. Was dafür spricht: Ein Großteil der Strafgelder geht an den Straßenerhalter, und in der Steiermark sind manche Straßen tatsächlich so löchrig, dass das Land jeden zusätzlichen Euro gebrauchen kann.
Doch diese Kritik greift zu kurz. In den vergangenen Tagen erst haben Unfälle auf Schutzwegen wieder gezeigt, dass schon jeder Stundenkilometer zu viel den Tod eines Menschen bedeuten kann - und dann erst der Unterschied zwischen Tempo 50 und 60 eine Welt ausmacht.
Die Forderung, auch von namhaften Experten unterstützt, ist nicht nur richtig, sie ist längst überfällig. Im Ortsgebiet müssen 50 km/h 50 bleiben - ohne Augenzwinkern.
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