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Thema: Autofrei mobil in der Steiermark! (2391-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema

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  • Charly
Autofrei mobil in der Steiermark!
Liebe ÖV-Interessierte!
Unten ein etwas grundsätzlicherer Beitrag von mir, zur Vision autofreier Mobilität in der Steiermark. Für Kommentare und Ergänzungen bin ich (wie auch schon bei meinem Beitrag zur Mobilität junger Erwachsener vom Herbst letzten Jahres) sehr dankbar!



Autofrei mobil in der Steiermark!

Mobil sein und mobil bleiben ohne (eigenes) Auto gewinnt mehr und mehr an Bedeutung.
Gerade junge Menschen haben heutzutage ein anderes Verhältnis zum Pkw als frühere Generationen. War das Auto früher der Inbegriff von Freiheit und ein wichtiges Statussymbol, so ist es heute für viele zum bloßen fahrbaren Untersatz geworden, dessen Besitz - Stichworte: Kosten, Parkplatzsuche, Stau - auch als Last empfunden wird.
Oft sind es finanzielle Gründe, die die Zahl der jungen Führerscheinneulinge sinken lässt, Menschen vom Autokauf abhält, und weniger Auto fahren lässt. Der allmähliche Abschied vom Auto wird aber auch durch eine deutlich verbesserte ÖV-Infrastruktur, durch den Ausbau der Radinfrastuktur und durch eine Vielzahl von technologischen Innovationen, sowohl beim ÖV als auch beim Fahrrad, ermöglicht. Carsharing und vielfach auch die z.T. professionalisierte Mitnutzung privater Pkw, die durch moderne Informationstechnologien wesentlich erleichtert wurde, entwickelt sich zur attraktiven Alternative zum Besitz eines eigenen Autos. Immer mehr Menschen wird zudem bewusst, dass unsere autozentrierte Mobilität das Klima nachhaltig schädigt - 28 Prozent der Treibhausgasemissionen Österreichs stammen aus dem Verkehr - , ganz abgesehen von den ,,alten" Problemen Lärm, Abgase, Flächenverbrauch und Stau - Probleme, die durch den Trend zu großvolumigen, schweren SUVs sogar noch verschärft werden; und hunderten Verkehrstoten und -verletzte, Tendenz leider wieder steigend!

Neben der jungen Generation setzen auch zunehmend PendlerInnen, Menschen in urbanen Räumen sowie mehr und mehr ältere Menschen auf ein Leben ohne eigenes Auto, oder mit weniger Auto.

Dieser Trend weg vom (eigenen) Auto muss für eine nachhaltige Verkehrspolitik bedeuten:

1. Ein Bekenntnis zum fortgesetzten, massiven Ausbau des Öffentlichen Verkehrs: Beginnend bei der hochrangigen Schieneninfrastuktur, die unser Bundesland national und international verbindet, über das S- und RegioBahnnetz, über das RegioBussystem, das sich entwickelnde Fernbussystem, über den Öffentlichen Verkehr in den Ballungsräumen bis hin zum flexiblen, bedarfsorientierten Mikro-ÖV im dünner besiedelten und im ländlichen Raum: Es gilt, ein dichtes, vertaktetes Netz zu entwickeln, das es jeder Steirerin und jedem Steirer, und natürlich auch den Gästen unseres Bundeslandes möglich macht, ohne eigenen Pkw seine/ihre Mobilitätsnotwendigkeiten und -bedürfnisse angemessen zu erfüllen!
Besondere Bedeutung kommt dabei der kontinuierlichen Steigerung der Qualität und Kapazität des rollenden Materials zu: RailJet, CityJet, Niederflurstraßenbahnen, die neue Generation der Busse, aber auch die aktuelle WLAN-Offensive der ÖBB weisen hier in die richtige Richtung.

2. Von zunehmender Bedeutung ist die Fahrrad- und Fußgängerinfrastruktur, für deren weiteren Ausbau sich die Verkehrspolitik einzusetzen hat. Nicht nur in den Städten und Gemeinden gilt es, ein flächendeckendes, dichtes Fahrrad- und Fußwegenetz, zu errichten, sowie Maßnahmen zur Bevorrangung von FußgängerInnen und RadfahrerInnen zu setzten. Insbesondere der Schaffung bequemer und sicherer Rad- und Fußwege zu den Bahnhöfen und zu den Haltestellen des Öffentliche Verkehrs sowie zwischen den wichtigen Quell- und Zielpunkten in einer Gemeinde und einer Region (inklusiver der Errichtung sicherer, überdachter Fahrradabstellanlagen) sollte höchste Priorität zukommen.
Immer mehr Menschen nutzen Elektrofahrräder, damit sind deutlich größere Distanzen bequem, kostengünstig und schnell zu überwinden. Der Trend zu E-Bikes sollte durch Errichtung von Ladestationen oder Akku-Tauschautomaten und sicheren Abstellanlagen gefördert werden.

3. Carsharing, vorzugsweise mit Elektroautos, wird zunehmend attraktiver: Die Zahl der NutzerInnen und die Zahl der angebotenen Fahrzeuge nimmt exponentiell zu. Gerade für notwendige Autofahrten, also Fahrten, die mit Öffentlichem Verkehr oder mit Fahrrad nicht zu bewältigen sind, wird Carsharing (und auch Ridesharing bzw. Carpooling) eine beliebte Alternative. Auch hier sind Städte und Gemeinden gefordert, etwa bei der Einrichtung reservierter Abstellplätze und bei der Errichtung von Ladestationen für E-Autos bzw. Akku-Tauschstationen, sowie bei der Schaffung weiterer Nutzervorteile für (E-)Carsharing oder für Ridesharing. Nachhaltige Verkehrspolitik unterstützt Maßnahmen zur Attraktivierung von Carsharing und Ridesharing.

4. Die Zukunft ser Mobilität wird von multimodalen Mobilitätsketten gekennzeichnet sein, von der intelligenten, optimierten Kombination von Zu-Fuß-Gehen, (E-)Fahrradfahren, mit einem vielfältigen ÖV-System und Carsharing/Ridesharing. Auf dem Weg in diese multimodalen Mobilitätszukunft gilt es noch einige Hindernisse zu beseitigen. Insbesondere die Synapsen zwischen den einzelne Mobilitätsformen und die Integration von Mobilitätsformen sind Herausforderungen zukunftsorientierter Verkehrspolitik: Beginnend bei der Bahnhofsoffensive und der Haltestellenmodernisierung, über die Errichtung und Ausweitung der (E)Park and Ride-, der (E)Bike and Ride- und der (E)Carsharing-Infrastruktur sowie von Fahrradverleihstationen entlang der Achsen des Öffentlichen Verkehrs (positiv hervorzuheben ist hier die Kooperation zwischen den ÖBB und den Carsharing-Unternehmen Zipcar), über die verbesserte Mitnahmemöglichkeit von Fahrrädern im Öffentlichen Verkehr, bis hin zur Schaffung einer flächendeckenden Lade- bzw. Akku-Tauschinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Und schließlich ist auch die Integration des Schienen- und Luftverkehrs voranzutreiben - mit dem Ziel des Ersatzes von Kurzstreckenflügen durch Zugverbindungen, etwa nach dem Beispiel der ÖBB-AUA - Kooperation AIRail.
Eine nachhaltige Verkehrspolitik unterstützt diese Entwicklungen.

5. In einem künftigen Verkehrssystem, das deutlich weniger autolastig sein wird, sind erschwingliche Ticketpreise (insbesondere für Jahrestickets) und ein komfortables, verkehrsunternehmen- und verkehrsmittelübergreifendes Ticketing von zentraler Bedeutung. Hier gilt es, in einer Kooperation zwischen Gebietskörperschaften, Verkehrsverbund und den Unternehmen des Öffentlichen Verkehrs Modelle eines sozial verträglichen Tarifsystems auszuarbeiten und weiter zu entwickeln. Zu entwickelnde Buchungsplattformen sollten einheitliche Tickets für - unter Berücksichtigung der Aspekte Preis, Zeit und Umwelt - optimierte (multimodale) Mobilitätsketten anbieten. Sozial und ökologisch schädliche Angebote sollten dabei ausgeschlossen werden.
Jahrestickets sollten steuerlich mehr als bisher begünstigt werden, und - etwa in Form von Jobtickets - verstärkt von Unternehmen ihren MitarbeiterInnen zur Verfügung gestellt werden. Im Gegenzug sollten jene Maßnahmen der öffentlichen Hände, die Anreize zur Autonutzung darstellen, hinterfragt werden.
Integrierte, multimodale Ticketmodelle, wie etwa die von GKB und Energie Steiermark gemeinsam entwickelte ,,Grüne Jahreskarte" für ÖV und Elektrofahrrad, haben Pioniercharakter!

Mindestens ebenso bedeutend wie für den Personenverkehr ist der forcierte Ausbau des Schienenverkehrsnetzes für den Güterverkehr. Ziel muss es sein, dass ein Großteil der 300 und mehr Kilometer transportieren Güter auf die Schiene verlagert werden - wie es im EU-Weißbuch Verkehr festgeschrieben ist! Neben der Südbahnachse - die Teil des transeuropäischen Baltisch-Adriatischen Korridors ist, und die nunmehr endlich ausgebaut wird (Semmeringbasistunnel, Koralmtunnel), ist für die Steiermark insbesondere der Ausbau der Pyhrn - Schober Achse mit dem Neubau eines flacheren Bosrucktunnels von größter Wichtigkeit. Die Einrichtung eines Güterverkehrkorridors von Deutschland, Linz/Wels über Graz, Maribor (bzw. von Salzburg über Villach und Ljubljana), Zagreb, Belgrad, Sofia bis nach Istanbul und dessen Aufnahme als Alpine-Western Balkan Korridor ins TEN-V Kernnetz der Europäischen Union ist für die Steiermark von essenzieller Bedeutung, Der kürzlich erfolgte diesbezügliche Beschluss der Verkehrsminister ist ein erster, wichtiger Schritt in diese Richtung!
Um aber zumindest Chancengleichheit zwischen dem Güterverkehr auf Schiene und Straße näher zu kommen ist die ehebaldigste Einführung der flächendeckenden Lkw-Maut sowie der Beschluss eines Güterverkehrsverlagerungsgesetzes (gemäß Schweizer Muster) zugunsten der Schiene dringend geboten! Generell wäre eine Besteuerung der unterschiedlichen Mobilitätformen proportional zu den mit ihnen verbundenen CO2- und Schadstoff-Emissionen wünschenswert.
Ergänzend zum Schienengüterverkehr sollte ein E-Truck-System entwickelt werden für den Transport der Fracht zwischen Umschlagbahnhof und Zielort.

Zusammenfassend ist also zu fordern:

1.   der weitere massiven Ausbau der Schieneninfrastruktur in der Steiermark, insbesondere - nach Semmeringbasistunnel und Koralmtunnel - den Neubau des Bosrucktunnels!
2.   die Einrichtung eines Güterverkehrskorridors von Deutschland, Linz/Wels bzw. Salzburg bis Istanbul und dessen Aufnahme als Alpine - Western Balkan Korridor in das TEN-V Kernnetz der EU.
3.   die Schaffung des österreichweiten, Integrierten Taktfahrplans als dichtes und vertaktetes ÖV-Angebot, dessen Rückgrad der nationale und internationale Fernverkehr, die S-Bahn, die RegioBahn, der RegioBus (vor allem als Zubringer zum schienengebundenen Verkehr), sowie der ÖV innerhalb der steirischen Städte und Gemeinden sein muss, ergänzt um flexible Mikro-ÖV Angebote in den weniger dicht besiedelten Regionen!
4.   der Ausbau des ÖV in den steirischen Städten und Gemeinden: Hier sind vor allem gemeinsam mit dem Land Steiermark, mit dem Bund und mit der EU neue Finanzierungsmöglichkeiten zu finden!
5.   der Ausbau der Bike- and Ride und der Park- and Ride-Infrastruktur, unter besonderer Berücksichtigung von Angeboten für E-Bikes, E-Autos, Carsharing und Ridesharing (Ladestationen bzw. reservierte Abstellplätze).
6.   der weitere Ausbau der Fahrrad- und Fußwege, unter Einschluss von Fahrradabstellanlagen an den wichtigsten Quell- und Zielpunkten einer Gemeinde bzw. einer Region, insbesondere an den Bahnhöfen und Haltestellen des ÖV.
7.   die Entwicklung eines sozial verträglichen Tarifsystems. Und: Jahrestickets sollten steuerlich mehr als bisher begünstigt werden.
8.   die Einführung einer flächendeckenden Lkw-Maut.

Re: Autofrei mobil in der Steiermark!
Antwort #1