Eggenberger Trasse stürzt BürgermeisterÜberraschend verlor Gustav Scherbaum 1973 die Wahl - die Planung der Pyhrnautobahn mitten durch Eggenberg bedeutete sein politisches Ende.
Auch Hausherren sind schon gestorben, könnte man die Geschichte des Grazer Bürgermeisters Gustav Scherbaum übertiteln. Doch fangen wir mit dem positiven Beginn seiner Laufbahn an: Am 24. März 1968 wurde der allseits beliebte Gustav Scherbaum, ein hervorragender Schachspieler, als Bürgermeister wiedergewählt. Seine SPÖ konnte drei Mandate dazugewinnen und somit das beste Wahlergebnis seit 1932 erreichen.
Gut begonnenUnter Scherbaum wurde die Fußgängerzone in der Herrengasse eingeführt und das Eggenberger Bad gebaut. Keine Wolke trübte seinen politischen Himmel, die absolute Mehrheit hielt bis zum 25. Februar 1973. An diesem Tag verlor die SPÖ entgegen allen Wahlprognosen und Hochrechnungen 16,7 Prozent - und eine ganze politische Welt stürzte ein.
Was war geschehen? Ganz einfach, Scherbaum war das Opfer einer neuen Zeit geworden, er wurde von der Welle des Bürgerunmuts gegen die technokratische Politik der 1960er-Jahre weggespült. Man feierte diesen Tag als Ende einer Fehlplanung, die auf dem "Irrglauben der autogerechten Stadt" basiert habe.
Stein des Anstoßes war die heftig diskutierte Frage der Trassenführung der Pyhrnautobahn durch Graz. Heimlich geplant war ursprünglich nämlich, dass die A9 mitten durch den Bezirk Eggenberg führen sollte. Eine auf Betonstelzen gebaute Hochautobahn war zuerst in Planung, die von den Stadtvätern aber schnell in eine überdachte Unterflurtrasse mit Zu- und Abfahrten für den Ziel- und Quellverkehr umgeändert wurde. Bloß die Bevölkerung wurde nie richtig informiert, alles lief eher wie eine geheime Kommandosache, die alle überraschen beziehungsweise wohl auch alle überfahren sollte.
Am 25. Juni 1970 - vor nunmehr fast 40 Jahren - beschlossen SPÖ und ÖVP gemeinsam im Gemeinderat, die Pyhrnautobahn quer durch Eggenberg zu führen.
Doch die Stadtregierung hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Und der Wirt war in diesem Fall die verärgerte Bevölkerung von Eggenberg, dem roten Kernbezirk der Landeshauptstadt. Eine Bürgerinitiative protestierte gegen die "Zerschneidung" ihres Bezirkes, die FPÖ unter Norbert Matzka und die KPÖ unter Walter Kosmus übernahmen deren Standpunkt.
37.000 Stimmen wurden im "Volksbegehren gegen die Pyhrn-Stadttrasse" gesammelt und am 8. Jänner 1973 in neun Aktenordnern dem Bürgermeister übergeben. Doch Scherbaum wollte das Volksbegehren nicht mehr vor den Gemeinderatswahlen am 25. Februar im Gemeinderat behandeln, sondern kündigte eine genaue Überprüfung aller Stimmen an, ob die Unterschreiber wohl wahlberechtigt wären. Das war zwar berechtigt, wurde aber von Viktor Strohmayer, dem Obmann des Schutzverbandes gegen die Trassenführung, als "Abwürgen der Demokratie" bezeichnet: "Jetzt bleibt uns nichts anderes übrig als der ,offene Krieg' mit jenen, die das Volksbegehren abbiegen wollen." Auch die Grazer ÖVP unter ihrem Spitzenkandidaten Franz Hasiba vollzog nun einen schnellen Kurswechsel und trat für eine Verlegung der Autobahntrasse hinter den Plabutsch ein.
"Eigentlich" ungültige WahlDie Ergebnisse der Gemeinderatswahl vom 25. Februar 1973 bestätigten die Volkswut mit dem Verlust der absoluten SPÖ-Mehrheit. Die neue Mandatsverteilung: SPÖ 20, ÖVP 20, FPÖ 9, KPÖ 1. Die beiden bürgerlichen Parteien wählten in der Folge Alexander Götz (FPÖ) zum Bürgermeister, wobei aber ein juridischer Lapsus passierte: Ein ÖVP-Gemeinderat fehlte wegen Krankheit bei der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates. Sein Ersatzmann war aber natürlich nicht von der Bevölkerung gewählt, also verfügte die ÖVP-FPÖ-Koalition nicht über die erforderliche Mehrheit - und die Wahl des Bürgermeisters war eigentlich ungültig.
Quelle:
www.kleine.atZum Glück ist es nicht so weit gekommen. Trotzdem verdanken wir ihm die Fußgängerzone, worauf wir ja heute stolz sein können.