"Vandalenjagd": Rätselraten im öffentlichen Raum
Vom Hackherlöwen bis zu den Sitz-Buchstaben: Nicht zum ersten Mal tobten sich Unbekannte in Graz aus. Die Folgekosten sind erst umstritten, dann wird häufig die Stadtkasse angebohrt.
Beton für Stadtmöbel
Spätestens seit dem rostigen Nagel - weil angesägt - weiß man: Der öffentliche Raum in Graz muss nicht der beste Platz sein. Aktuelle Beispiele dafür sind die einbetonierten Sitz-Buchstaben sowie das übermalte "City of Design"-Transparent am Schloßberg. Wer hinter diesen Interventionen, manche sagen Vandalenakte dazu, steckt, das bleibt meist ein Rätsel.
"Der eine muss mit dem anderen Fall nicht zusammenhängen", meint Eberhard Schrempf, Chef der Creative Industries Styria (CIS) zu seinen Sorgenkindern am Schloßberg und im Tal. Wer sich dort ausgetobt hat, weiß man bislang nicht. Das Transparent werde jedenfalls nicht durch ein neues ersetzt. "Wir schauen uns an, ob wir die Farbe noch wegbekommen", schildert Schrempf. Mehr Kopfzerbrechen bereiten den Designern die mit Sichtbeton aufgefüllten Sitz-Buchstaben. "Man könnte den Beton zwar wieder herausschlagen. Die Stadt sagt aber, dass sie dafür kein Geld hat", seufzt Projektmanagerin Mirella Bärnthaler. Sie spricht von einem Strukturproblem, zumal die Stadtbaudirektion für die Stadtmöblierung eigentlich zuständig ist. Eigentümer der Sitz-Buchstaben ist die Stadt.
"Ja, wir könnten sie gleich einpacken und verkaufen", ätzt Stadtbaudirektor Bertram Werle. Er erinnert die Designer daran, dass "bei Manipulationen bis zu einem Betrag von 5000 Euro die Creative Industries zahlen". Das wiederum will Schrempf nicht hören: "Manche wollen einfach nicht wahrhaben, dass die Objekte im Eigentum der Stadt sind." Einig sind sich beide Seiten in einem Punkt: "Es ist einfach schade, wenn etwas so hergerichtet wird", bedauert Bärnthaler.
Auf Vandalenjagd zu gehen, dafür haben die Creative Industries Styria keine Zeit. Es gilt, den Grazer Designmonat (ab 6. Mai) vorzubereiten. Ein Projekt "ist eine Intervention im öffentlichen Raum", verrät Schrempf.
Die Reinwaschung des Löwen
Gewissenhafter Vandalismus am Schloßberg: Der bronzene Hackher-Löwe wurde im Herbst 2009 fein säuberlich weiß angestrichen. Die unbekannten Täter waren sehr detailverliebt, arbeiteten mit einer Leiter, um auch an den höchsten Stellen Deckkraft zu erzielen und ließen sich viel Zeit. "Unter vier Stunden ist das nicht zu schaffen", sagte damals Restaurator Georg Kolmanitsch.
Die Reinwaschung des Löwen-Denkmals gestaltete sich als schwierig und kostspielig. Erste Pläne, mit Trockeneis zum Erfolg zu kommen, entpuppten sich als Niete. Im April 2010 wurde der Lack schließlich erhitzt und Fleck für Fleck abgewaschen. Kosten: rund 4000 Euro.
Kulturstadtrat Karl-Heinz Herper sagt, dass Denkmäler regelmäßig Ziel von Vandalen sind, zuletzt etwa die Styria Statue.
Jagd auf den "Flaschengeist"
Aufreger 2006: die rosa Flaschen
Die Plage in Pink: So wurden die halbierten rosa Flaschen im Sommer 2006 bezeichnet, die damals von Leitungen und Ampeln in der Innenstadt baumelten. Wer hinter der Aktion steckte, weiß man bis heute nicht; auch nach dem Warum fragt man weiter vergeblich.
Kommt man im Straßenamt ins Büro von Erwin Janko, findet man die halben Flaschen noch heute. "Ja, die liegen bei mir herum", sagt er. Vielleicht komme man ja doch einmal dahinter, wer dieser "Flaschengeist" war, dann könne man die gelagerten Flaschen als Beweismittel gut gebrauchen.
Die pinke Plage sorgte damals auch bei den Grazer Linien für Ärger: Die Flaschen wurden auf die Oberleitung in der Herrengasse geschleudert und mussten aus Sicherheitsgründen rasch entfernt werden.
Über die Kosten, die der Stadt durch den Flaschengeist entstanden sind, weiß man heute nicht genau Bescheid, nur so viel: Jahr für Jahr kosten solche und ähnliche Aktionen von unbekannten Tätern das Straßenamt 80.000 Euro - Tendenz steigend.
THOMAS ROSSACHER, GERALD WINTER
Quelle:
http://www.kleinezeitung.at/steiermark/2719641/vandalenjagd-raetselraten-oeffentlichen-raum.story