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Thema: Turin / Torino (2749-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema

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  • PeterWitt
Turin / Torino
Zwischendurch ein kleiner Abstecher nach Turin: Auch hier ginge sich ein Tagesausflug gut aus, von/nach Mailand führt man mit dem Frecciarossa in nur 50 Minuten. Die Züge sind wie fast überall in Italien sehr gut ausgelastet, eine Reservierung unbedingt nötig. Der Zug selbst ist zwar innen mMn nicht ganz so schön und bequem wie der TGV, den ICE schlägt er aber dennoch um Welten.

Turin war die erste Hauptstadt Italiens, weswegen auch alles und jedes und überall zur 150-Jahr Feier mit dem Tricolore geschmückt war, sowie einer eigens dafür eingerichteten historischen Linie 7, die einen Rundkurs mit historischen Wagen in der Altstadt fährt. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Stadt bereits im Mittelalter im Rastermuster angelegt wurde, mit prunkvollen Arkadengängen (32 km!!!) in den Hauptstraßen (Corsi). Weiters gehen diese Arkaden meist ununterbrochen über Querende Seitenstraßen weiter, auch die Hausfassaden laufen weiter und werden nicht unterbrochen - somit ergeben sich zahlreiche auch von der Straßenbahn genutzte Hausdurchfahrten.
Das Straßenbahnnetz ist nicht mit dem in Mailand (Sternnetz mit Querverbindungen) zu vergleichen, es wurde historisch aus dem Netz 2er konkurrierender Gesellschaften zusammengeschlossen. Da die Gesellschaften untereinander nicht Kompatibel waren (Trolly gegen Bügel, unterschiedliche Spannung) wurden viele Strecken redundant, sprich doppelt, ausgeführt. Wo kein Platz war, baute man in der Parallelstraße, wodurch sich vor allem im Zentrum eine enorme Netzdichte ergab.

Nach zahlreichen Netzreformen wurde in den 70er Jahren ein Rasternetz mit Nord-Süd und Ost-West Linien eingerichtet, eine Umstellung auf Stadtbahnbetrieb wurde angepeilt. Die Linie 3 wurde allerdings dann als einzige Linie in den 80ern tatsächlich auch umgestellt (mit 1 stumpfen Endstelle im Südast), der Rest blieb Straßenbahn. Die Bestellung von 100 Stadtbahnwagen wurde nach dem 51. gelieferten Wagen auf 54 weitere Teil-NF 6x TW abgeändert, um den Straßenbahnwagenpark zu modernisieren. Mit der Anschaffung von 100%NF-Wagen wurde 2002 begonnen, wobei die Bestellung ab dem 6. Wagen auf ZR-Fahrzeuge abgeändert wurde - Grund: die verlängerte Linie 4 erhielt im Norden eine stumpfe Endstelle, und das, obwohl genügend Platz für eine Schleife vorhanden ist.  ???
Für die Olympischen Winterspiele erhielt Turin die erste Metrolinie, eine vollautomatische VAL-Metro von Siemens. Auch wenn das Netz noch immer sehr weitläufig ist, so werden nur etwa 50% der vorhandenen Gleise auch tatsächlich befahren, der Rest sind Betriebsstrecken bzw. baustellenbedingte Sperren.

Mit dem Sperren der Strecken ist man deswegen so großzügig, weil man viel zu wenig Wagen auf Stand hat, um das gesamte Netz zu bedienen -  wobei ein Blick in die Hauptwerkstatt mir eigentlich eher einen einfach nur zu großen Schadstand anzeigte (ich kam auf etwa 19% des Wagenparks, der dort stand).

Zu den eingesetzten TW:
Serie 4800 Insgesamt 102 Stk. gebauter 6x-TW, genauer aktueller Stand unbekannt. Wurden aus je 2 4x-Peter-Witt Wagen in den 60ern (bis Nr. 4857, 1 Achse je Drehgestell angetrieben) bzw. in den 80ern (bis Nr. 4902, jede Achse angetrieben) erbaut. 2 Wagen als Restaurantwagen, zahlreiche in historischem Zustand rückgebaut.
Serie 5000 Insgesamt 54 Stk. ab 1990 gebaut, Teil-NF-6x-Wagen mit achslosem Laufgestell in der Mitte. Sehr guter und ruhiger Lauf!
Serie 6000 100%NF-Wagen mit 8 Achsen aus 2002, bis 6006 ER, danach ZR. Insgesamt 55 Stk.
Serie 7000 Hochflur-6x-Stadtbahnwagen ab 1984, 51 Stk. gebaut, mangels Bedarf zahlreiche schon wieder verschrottet, aktuell noch 23 auf Stand.

Hinzu kommen noch die Zahnradwagen der Superga-Bahn, die heute zwar einen seperaten Betrieb bildet, früher aber die BW der vorbei führenden Straßenbahn übernahm. An deren Talstation ist auch ein kleines Museum eingerichtet.

Weitere interessante Infos und Bilder auch unter http://www.tramditorino.it/

Ich fange einmal mit ein paar Impressionen an:
Anreise im Frecciarossa, eine der Zahlreichen Hausdurchfahrten sowie dem Po, an dessem Ufer die Stadt liegt.

Erstellt am: Juni 10, 2011, 11:57:33
Aktueller Wagenpark:
TW5000 kommt aus einem Corso - die schattenspendenden Alleen sind allgegenwärtig.
TW6000 quert als Linie 4 den Marktplatz - hier gibt es an allen 4 Seiten große Markthallen für Gemüse, Obst, Fleisch und Fisch.
Ein TW 7000 im Depot (die Linie 3 ist momentan wegen Bauarbeiten eingestellt)
TW4800 in historischem Gewand und historischer Nummer 2807 auf der historischen Linie 7 - man beachte die Bahnsteigkante: flächendeckend 30cm, wodurch ein Stufenloser Übergang in die NF-Wagen und NF-Busse gegeben ist. Und hinunter/hinauf steigen kann man dennoch, ohne abzustürzen. So etwas wäre halt fein  ::)
Erstellt am: Juni 10, 2011, 12:07:22
Ein paar historische Wagen:
Peter Witt 2595 trifft PCC 3203
2807 in einer Hausdurchfahrt - hier fahren auch Busse durch, teils halt mit eingeklappten Spiegeln  :o
Rückgebauter 2847 am Abend

Erstellt am: Juni 10, 2011, 12:16:09
Thema Gleisbau: hier ist man etwas kreativer (in Mailand übrigens auch) als in Österreich. Verschwnekungen, verschlingungnen und Abzweigungngen wo immer möglich sind hier ganz normal und schaffen so einen sehr flexiblen Betrieb - kaum eine Gasse, durch die keine Strab passen würde.
In engeren Weichenbögen kommt eine mir bislang unbekannte Bauform der Zwangsschiene zum Einsatz: Im gegenüberliegenden Bereich des Herzstücks wird die Innenkante der Rille mit einer flexibel auf Gummi gelagerten Führung verstärkt - diese kann man auch je nach Verschleiß mittels Stellschrauben nachstellen.
Im südlichen Teil der Linie 4 verkehrt die Strab über weite Teile in Seitenlage zu einer stark befahrenen Straße - aus Platzgründen sind hier die Stationen als Inselbahnsteige ausgeführt, und obwohl auf dieser Linie nur ZR-Wagen der Serie 6000 zum Einsatz kommen können (fehlende Schleife im Nordteil) fährt die Strassenbahn hier im Linksverkehr. Bild 1388 zeigt eine der Überkreuzungen beim Wechsel Links/Rechtsverkehr.
Auch eine Möglichkeit, Weichenstangen bei mechanischen Weichen zu lagern - in die Fahrbahn eingelassen  ;)
Erstellt am: Juni 10, 2011, 13:49:36
Ein weiteres Mal bin ich lästig, diesmal mit v.a. historischen Wagen:
Zweiachser der städtischen Straßenbahn Turin (rot-weiß), sowie ein 4x-Wagen aus Rom (blau-weiß).
Erstellt am: Juni 17, 2011, 10:16:12
Auf den Superga-Hügel liegt eine große Wallfahrtskirche, die das Stadtbild von Turin überragt. Bequem gelangt man mit der Zahnradbahn dorthin, wenngleich man heutzutage leider umsteigen muß und nicht mehr wie früher die Beiwagen der Linie 15 vor die Zahnrad-TW gespannt werden. An der Talstation befindet sich auch ein kleines Museum sowie ein 1A Restaurant  :one: - leider sind die Oldtimer fototechnisch etwas schlecht platziert...
Erstellt am: Juni 17, 2011, 10:24:19
Besuch im Depot:
Hier konnte ich einen kleinen Überblick über die Fahrzeugtypen bekommen, v.a. die Konstruktion der 5000er ist ja nicht uninteressant. Trieb-Tredgestell (1233) sowie Laufdrehgestell (1225), Wagenkasten (1176) und Gelenks-Modul (1213), wobei mir seither klar ist, warum das Mittelmodul aussen sehr kurz wirkt, innen aber doch je 4 Längssitze beherbergt - der größte Teil ist aussen vom Faltenbalg verdeckt.
Erstellt am: Juni 17, 2011, 10:36:36
Details der Fahrwerke der TW 6000 (1627). Hier sind nur die 1. und die Letzte Achse nicht angetrieben, da sie zu nahe an der Türe liegen. Die Antriebsgruppen sind aussen als blaue erhabene Deckel zu erkennen.
Da die Strecke über weite Bereiche entlang von Alleen führen, kommt es v.a. im Herbst zu Traktionsproblemen. Zu diesem Zwecke gibt es eigene Sandstreu-Wagen, die dann ausrücken und die Strecken Dauerbesanden. Auf Bild 1376 konnte ich ein solches Vehikel ablichten.
Wagenkasten und Drehgestell eines Umbau-GTW (1221, 1173), sowie die ersten Versuche, eine DKW zu erfinden  :hehe: (1180).
Erstellt am: Juni 17, 2011, 10:45:05
Zu guter letzt noch etwas für Busfreunde:
Bisher dachte ich immer, dass v.a. Citaros zur spontanen Rußanlagerung neigen (siehe Beispiele in London, Berlin, etc.). Offenbar kann das aber auch der Vankohl Vanhol recht gut, auf Youtube gibt´s da auch andere Beispiele aus Genua (http://www.youtube.com/watch?v=5RYkQSr-li4&feature=related). Beim Detailblick auf den Verursacher (1587) wird aber dann doch einiges klar...
Ich stelle mir da immer noch die Frage: wie kann so etwas trotz modernster Auflagen passieren, wie kann ein Bus so ausbrennen?

  • Martin
  • Global Moderator
  • Styria Mobile Team
Re: Turin / Torino
Antwort #1
Der Bus sieht echt schlimm aus...
Hoffentlich kamen bei dem Unfall keine Personen zu Schaden.

Auch die Bilder aus der Werkstätte sind interessant, da sieht man schön die Unterschiede zu VB und CR.
Liebe Grüße
Martin

  • PeterWitt
Re: Turin / Torino
Antwort #2

Der Bus sieht echt schlimm aus...
Hoffentlich kamen bei dem Unfall keine Personen zu Schaden.

Soweit mit bekannt (Turin) konnten alle Fahrgäste den Bus rechtzeitig verlassen. Interessant wäre natürlich, woran es liegt, dass einige Busserien (v.a. aus ganzen Flotten) zum "Abfackeln" neigen. Liegt ein Fehler in der Konstruktion vor, mangelnde Qualität in der Verarbeitung bzw. beim verwendeten Material, oder ev. falsche/schlechte Wartung?
Ev. ist es für Graz (verhältnismäßig große Citaro-Flotte) durchaus vorteilhaft, mit dem ach so verteufelten Biodiesel zu fahren - so müssen die Motoren öfters kontrolliert und gewartet werden...


Auch die Bilder aus der Werkstätte sind interessant, da sieht man schön die Unterschiede zu VB und CR.

Prinzipiell sind die Wagen nicht so schlech, auch wenn sie v.a. auf Kapazität (verbindet die periphär gelegenen Fiat- und Iveco-Werke mit dem restlichen ÖV-Netz) gebaut wurden - trotz der Länge haben sie daher weniger Sitzplätze als die VB. Vom Fahrverhalten kommen sie an den CR eher nicht heran, die VB erreichen sie aber allemal. Allerdings merkt man halt schon auch, dass der Gleisbau deutlich besser ist, Kurven wirklich rund sind und Gleisbrüche, Senkungen und seitliche Verwerfungen offenbar unbekannt sind.