Gemeinden: Probleme gemeinsam lösenDie Reformer in der Landespolitik packen jetzt die Gemeinden an. Bevölkerungsminus und Finanzsorgen geben den Takt vor. Aber das Lebensgefühl darf nicht zu kurz kommen.
CLAUDIA GIGLER, JOHANNES KÜBECK
Exakt 542 Gemeinden zählt das Land. 76 davon haben weniger als 500 Einwohner. 196 kommen über 1000 Einwohner nicht hinaus. Tendenz sinkend: Die Zahl der Steirer schrumpft aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge von Jahr zu Jahr.
So klein strukturiert wie die Steiermark ist kein anderes Land in Österreich. Ober- und Niederösterreich haben eine vergleichbare Zahl von Kommunen, aber nicht so viele Kleinstgemeinden. Kärnten zählt ganze 32 Minikommunen.
Doch nicht alle Nachteile sind hausgemacht. Der Finanzausgleich - die Aufteilung der Steuereinnahmen auf Bund, Länder und Gemeinden - benachteilige die Steiermark aus historischen Gründen seit jeher, erklärt Erwin Dirnberger, Chef des Gemeindebundes und ÖVP-Abgeordneter.
Jetzt packt die Landespolitik das Thema an, getrieben von der Finanzmisere: Rund 200 Gemeinden werden das Finanzjahr 2010 mit einem Minus abschließen. Noch vor dem Sommer sollen der Steuergruppe unter der Führung von Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) und Hermann Schützenhöfer (ÖVP) erste Ergebnisse des gemeinsamen Nachdenkens in den Arbeitsgruppen präsentiert werden. Dirnberger warnt, nur die Einwohnerzahl als Richtschnur etwa für radikale Zusammenlegungen zu nehmen: ,,Es gibt keine ideale Normgröße für Gemeinden."
KleinregionenDurch den Prozess sollen die Gemeinden professioneller, wirtschaftlicher und leistungsfähiger werden. Ein Weg ist, dass sich mehrere Gemeinden zu Kleinregionen zusammentun - ein Prozess, der bereits im Gang ist. Die Folge kann dabei durchaus mehr Service für die Bürger sein: längere Öffnungszeiten am Amt, besser qualifizierte, aber gemeinsame Verwaltungsbeamte etwa für Fragen der Raumordnung oder des Sozialwesens, funktionierende und auch qualitativ befriedigende Vertretungsregelungen. Bescheide, die halten - derzeit fühlen sich Beamte zusehends überfordert. Einige Kooperationen funktionieren schon. Der nächste Schritt ist, die Zusammenarbeit durch finanzielle Anreize zu heben. So mit entsprechenden Förderrichtlinien. Beim Kindergartenbaufonds oder bei den Abfallzentren gibt es derartige Anreize bereits.
Künftig sollen die Strukturen der effizienten Verwaltung folgen. Derzeit ist es gesetzwidrig, wollte eine Gemeinde Aufgaben an eine andere übertragen. Nur an einem einzigen Zweck orientierte Vereine wie Abwasserverband oder Sozialhilfeverband erlauben gemeinsame Aktivitäten. Erst die Zusammenlegung von Gemeinden würde eine solche Aufgabenteilung möglich machen. Das könnte jetzt per Bundesgesetz geändert werden. Signale dazu gibt es in Wien.
Wohin die Reise gehtAktuell wird in den Gemeinden all das intensiv diskutiert. Es verunsichert, dass keiner weiß, wie es weitergeht. Eines ist den Beteiligten klar: Die Bürgermeister und ihre Gemeinden brauchen ein klares Ziel, wohin die Reise geht. Dieses wollen Voves und Schützenhöfer möglichst noch vor dem Sommer klar definieren.
Auf der nächsten Ebene, jener der sieben geplanten Großregionen, ist die Reform schon länger im Gang. Die als Verein organisierten Regionalmanagements werden mit den Großregionen synchronisiert und nicht mehr voneinander getrennt geführt. Ein hochrangig besetztes Gremium von Politikern und Experten steuert die überregionale Planung und Entwicklung. Wichtig ist Voves und Schützenhöfer, ,,die lokale Identität vor Ort zu erhalten". Das Ziel: Die Gemeinde soll ,,Heimat in der Region" bleiben.
2000 bis 3000 Einwohner optimalEine Wifo-Studie macht deutlich, wieso sich die Struktur so fatal auf die Finanzen und damit auf den Gestaltungsspielraum des Landes auswirkt: Gemeinden unter 1000 Einwohnern haben die höchsten Ausgaben pro Einwohner für die Infrastruktur: Kindergärten, Volksschulen, Gemeindeämter sind auch hier zu finanzieren, ebenso Wasser, Kanal, Müllentsorgung.
Am besten können Gemeinden mit 2000 bis 3000 Einwohnern wirtschaften. Sie haben mehr Einnahmen, weil sich die Mittel aus dem Finanzausgleich an der Bevölkerungszahl orientieren. Gleichzeitig brauchen sie nicht wesentlich mehr Infrastruktur als Kleinstgemeinden.
Ab 5000 Einwohnern steigen die Ausgaben wieder, weil es komplexerer Infrastruktur bedarf - eines Schulzentrums etwa statt Volks- oder Hauptschule.
Quelle:
www.kleinezeitung.atUnd noch ein Beitrag aus Steiermark heute ->
http://tvthek.orf.at/programs/70020-Steiermark-heute/episodes/2501981-Steiermark-heute/2503295-Gemeinden-zusammenlegen-