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Thema: Südbahn (2039-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema

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Südbahn
Kritik an Südbahn: "Fahrgäste 2. Klasse"

Nachzügler: An der Südbahn leben gleich viele Menschen wie an der Westbahn. Doch nur die wenigsten wollen dort mit den ÖBB fahren.

Letztes Update am 19.11.2010, 15:23

Am Bahnhof in Wien-Meidling steht ein schnittig-roter Railjet zur Abfahrt bereit. Der ganze Stolz der Österreichischen Bundesbahnen. Wird der Hochgeschwindigkeitszug nach dem Fahrplan-Wechsel (am 12. Dezember) endlich auch nach Graz und nach Klagenfurt fahren?

"Wir evaluieren", erklärt Dietmar Pfeiler von der Personenverkehr AG in der eleganten Club Lounge im Inneren des Bahnhofs. Evaluieren heißt bei der Bahn oft: Bis auf Weiteres Nein.

"Wir sind hier die Restbahn", kritisiert wenig später ein erfahrener Zugbegleiter, während der IC 559 sehr gemächlich Wien-Meidling hinter sich lässt. Seit zwanzig Jahren arbeitet er bereits auf der Südbahn, seit zwanzig Jahren in solchen Waggons, die zuvor auf der Westbahn ausrangiert wurden.

Heiße Luft

Immerhin ist der Rest vom Fest heute nicht mehr ganz schlecht. "Es hat in den vergangenen Jahren beim Wagenmaterial Verbesserungen gegeben", würdigt der Steirer Martin Blum. Dennoch schleicht der IC nicht viel schneller als die Lokomotiven zu Zeiten des altehrwürdigen Ritters von Ghega über den Semmering.
Was japanische Touristen begeistern mag, tut jenen weh, die wie Blum regelmäßig in den Süden Österreichs wollen: Die Bahnfahrt von Wien nach Graz (216 km; 33,70 €) kostet sie zweieinhalb Stunden Lebenszeit, die Fahrt von Wien nach Linz (190 km; 31,20 €) dagegen nur eineinhalb Stunden.

Blum arbeitet beim Verkehrsclub Österreich, kennt daher die Problematik aus erster Hand. Für den Autoverkehr gibt es längst einen Tunnel, die Bahn darf weiterhin nur durch die Röhre schauen: "Es gibt noch nicht einmal eine fixe politische Zusage." Schuld daran seien jedoch nicht die ÖBB, auch nicht der Semmering, sondern Versäumnisse provinziell agierender Politiker.
Weiter mit Volldampf!

"Wir holen bereits das Maximum aus der Strecke heraus", sagt ÖBB-Mann Pfeiler. Das Maximum in Zahlen: Zwischen Wien und Klagenfurt wurde die Fahrzeit zuletzt gerade einmal um 16 Minuten verkürzt. Kein Wunder, dass die Bahn-Manager lieber über ihren Railjet reden wollen. Eher schicken sie ihren Prestigezug halb leer und mit gefühlten elf km/h über den Arlberg als in die Mur-Mürz-Furche.

Ein-Bahn

"Wir fühlen uns hier als Fahrgäste zweiter Klasse", kritisiert Martin Mödlinger auf der Fahrt von Bruck an der Mur nach Graz. Nicht nur auf der Südbahn geht wenig weiter. Mit dem neuen Fahrplan werden die direkten Verbindungen zwischen Linz und Graz eingestellt. Mödlinger, in Graz Fahrgast-Vertreter, betont, dass an der Süd- gleich viele Menschen wohnen und arbeiten wie entlang der Westbahn. Das Potenzial sei allerdings bisher nicht erkannt worden. Faktum: Laut ÖBB-Zählungen fahren drei Mal so viele Menschen auf der West- denn auf der Südachse.
Weit entfernt von EU-Standard sind auch die Verbindungen nach Slowenien, Italien und Kroatien: Wer jemals das zweifelhafte Vergnügen hatte, die weiterhin wie Staatsunternehmen geführten Bahnen der Anrainerstaaten kennenzulernen, bewertet die ÖBB danach positiver.

"Laufend Verspätungen, verschmutzte Züge, wenig Komfort, dazu auch noch unnötig lange Fahr- und Stehzeiten - das alles macht das Bahnfahren in den Süden mühsam", berichtet die Sankt Pöltener Volksschullehrerin Jutta Leonhartsberger, die regelmäßig zum Wochenende zu ihrem in Zagreb tätigen Mann fährt.

Zahlenspiele

Die Erfahrungen der Bahn-Stammkundin sind weniger euphorisch als die Statistiken der ÖBB-Pressestelle: "Bei maximal einem Drittel aller Zugfahrten bekomme ich jene Leistung, für die ich eigentlich bezahlt habe. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass sich die ÖBB im Süden und Osten genauso um uns Fahrgäste bemühen wie auf der Westbahn." Dennoch zieht sie die Bahn dem Auto vor: "Weil sie für mich noch immer bequemer und sicherer ist."
Fahrplan 2011: im Süden nichts Neues

Westbahn Der Railjet dient den ÖBB weiter als Zuglok für die Imagepflege. Er verkehrt ab 12. Dezember im Zwei-Stunden-Takt zwischen Wien und Feldkirch. Spannend wird es dann in einem Jahr, wenn es zwischen Wien und Salzburg zum Showdown zwischen den ÖBB und der neuen privaten Westbahn AG kommt.

Südbahn Der im Vorjahr eingeführte Stunden-Takt zwischen Wien und Graz wird - entgegen anders lautender Gerüchte - 2011 beibehalten. Die Bahnhöfe in Bruck an der Mur, Graz, Leibnitz und Zeltweg werden nun modernisiert. Mit dem neuen Fahrplan wird der erste Abschnitt der Koralmbahn für den Regionalverkehr von Graz bis Köflach eröffnet.


http://kurier.at/wirtschaft/2051351.php