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Kölner Stadtarchiv stürzte ein: Schwierige Suchaktion

In Köln ist am Dienstag das Historische Stadtarchiv eingestürzt - 200 Feuerwehrleute sind an Ort und Stelle und suchen nach den Vermissten.

Die Einsatzkräfte an der Einsturzstelle des Historischen Stadtarchivs in Köln stehen am Mittwoch immer noch vor einer schwierigen Situation. Überreste der beiden benachbarten Wohnhäuser drohten abzufallen, ebenso drohe das Erdreich nachrutschen, sagte eine Sprecherin der Stadt Köln am Morgen. Die Einsatzkräfte hatten zur Sicherung des Bodens in der Nacht Beton aufgefüllt. Der müsse aber erst einmal aushärten, hieß es.

Vier Vermisste. Die Sprecherin ging am Morgen wieder von vier vermissten Menschen aus: Zwei männlichen Bewohnern aus einem Nachbarhaus, sowie zwei möglichen Personen aus einem Fahrzeug auf der Severinstraße.

Suchhunde schlugen an. Um in die Nähe der beiden Stellen zu gelangen, an denen Suchhunde am Dienstag angeschlagen hatten, haben die Feuerwehrleute in der Nacht Garagen abgerissen. Wo diese standen, werde nun eine Rampe gebaut, um einen Kran und andere Bergungsgeräte heranfahren zu können, teilte die Sprecherin weiter mit. Dann könne mit der Suche nach den Vermissten begonnen werden. Insgesamt waren am frühen Morgen noch über 200 Feuerwehrleute im Einsatz.

Trümmerfeld. Der Einsturz des Historischen Stadtarchivs und benachbarter Gebäude hat am Dienstag Teile eines Straßenzuges in Köln in ein Trümmerfeld verwandelt. Über 200 Feuerwehrleute schwärmten zur Unglücksstelle aus.

Kollabiert auf 30 Meter. Die mehrgeschoßigen Häuser sind auf einer etwa 30 Meter breiten Front in weiten Teilen kollabiert. Die Trümmer sind auch auf die Straße und eine nahe gelegene U-Bahn-Baustelle gestürzt.

Geräusche. Ob die Bauarbeiten für die U-Bahn Ursache für den Einsturz gewesen seien, sei laut Feuerwehr noch nicht zu sagen. In der Vergangenheit seien Risse in den Gebäuden entdeckt worden. Statiker sollten nach der Ursache des Unglücks suchen.




Mittelalter-Unikate und Böll-Nachlass verloren
Eine der größten und bedeutendsten Archiv-Sammlungen Europas ist aufgrund eines Hauseinsturzes in Köln untergegangen.

Unikate aus dem Mittelalter, Handschriften mit kaiserlichem Siegel, einzigartige Schreinsbücher und 800 Nachlässe von berühmten Komponisten, Architekten, Literaten - Schätze aus tausend Jahren liegen unter Trümmern begraben. Eine der größten und bedeutendsten Archiv-Sammlungen in Europa, gelagert auf 30 Regalkilometern im Historischen Archiv in Köln, ist untergegangen. Experten sprachen am Mittwoch von einem Kulturgut von unschätzbarem Wert, das nach dem Gebäude-Einsturz möglicherweise zu größeren Teilen nicht mehr zu retten und zu rekonstruieren sei. "Das Archiv gehörte in Umfang und Breite zu den ganz großen und bedeutenden Stadtarchiven und hat besonders wertvolle, hochrangige Bestände", sagt Robert Kretschmar, Vorsitzender des Verbands deutscher Archivare.

Schäden. "Die Schäden werden gigantisch sein", meint Archiv-Leiterin Bettina Schmidt-Czaia geschockt. "Ich glaube, außerhalb des Zweiten Weltkriegs hat es das noch nie gegeben, dass ein so bedeutendes Archiv komplett untergegangen ist." 2004 hatte die Historikerin die Leitung des größten kommunalen Archivs nördlich der Alpen übernommen und geschwärmt von einem Bestände-Reichtum und Überlieferungswert, der in Deutschland unübertroffen sei. Nun ringt Schmidt-Czaia um Fassung: "Wir versuchen zu bergen und zu retten, was zu retten ist, aber ich habe nicht viel Hoffnung, es wird wohl eher minimal sein." Dagegen sind der Kulturstaatssekretär von Nordrhein-Westfalen, Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, und der Kölner Kulturdezernent Georg Quander optimistischer.

Erschütterung dürfte auch bei der Familie des Nobelpreisträgers Heinrich Böll (1917-1985) herrschen. Erst vor einigen Wochen hatte Sohn René Böll das Privatarchiv seines Vater verkauft und damit den gesamten Böll-Nachlass dem Historischen Archiv anvertraut. Es falle ihm schwer sich zu trennen, aber die Lagerungsmöglichkeiten seien im Archiv eben besser. "Wir können die Sachen ja auch mal ausleihen", hatte René Böll sich zu trösten versucht. Ob das noch möglich ist, konnte am Tag nach dem Unglück allerdings niemand sagen.

Nachlässe. Aber auch Nachlässe anderer Größen von Weltrang wie des Komponisten Jacques Offenbach oder des ersten Bundeskanzlers und einstigen Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer sind vielleicht für immer verloren. Dessen gleichnamiger Enkel ist entsetzt: "Der ganze Nachlass aus der Kölner Zeit bis 1945 lagerte dort. Für unsere Familie und die Stadt Köln ist das ein ganz schwerer Verlust." Dokumente aus der Zeit Adenauers als Bundeskanzler seien aber in Rhöndorf bei Bonn in Sicherheit. Zugleich kritisierte Notar Adenauer in Richtung Stadt: "Es muss ein Versagen vorliegen. Es gab genug Anzeichen, und der Einsturz hätte sicher vermieden werden können. Wenn man einen solchen Schatz hütet, ist es unverantwortlich, dessen Sicherheit auf die leichte Schulter zu nehmen."

Schreinsbücher. Weltberühmt sind auch die sogenannten Schreinsbücher. Diese gelten als einzigartig und unersetzbar, erklärt Kretschmar. "Das ist ein Häuser-Verzeichnis aus dem Mittelalter, alles Unikate, die so kostbar waren, dass sie in Schreinen aufbewahrt wurden." Dokumente aus Klöstern und Stiften gehörten ebenfalls zum Stolz des Archivs, genauso wie die älteste Urkunde aus dem Jahr 922. Wertvolle historische Urkunden könnten laut Grosse-Brockhoff wohl weitgehend geborgen werden.

Wert. Archivalien im Versicherungswert von 400 Millionen Euro liegen im Schutt, sagt Quander. Dramatischer sei aber der geistige Verlust, der sogar schlimmer ausfallen könne als beim Brand der Anna-Amalia- Bibliothek. Die größte Gefahr für den verschütteten Kulturschatz ist nun Wasser von oben und von unten. Um die zerbrechlichen Papiere vor Regen zu schützen, soll eine Plastikpläne über den Trümmern ausgebreitet werden. Manuskripte, Fotos oder Urkunden, die in den Krater vor dem Gebäude gestürzt sind, hat das Grundwasser aber wohl schon unwiederbringlich zerstört für die Nachwelt. Ein schneller Tiefkühlprozess könnte laut Quander noch Abhilfe schaffen - aber am Tag danach kommt noch niemand an die gefährlichen Stellen heran.

Quelle: www.kleine.at Bilder von der Unglücksstelle: http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/chronik/multimedia.do?action=showEntry_detail&project=1718

Videos:
http://www.kleinezeitung.at/allgemein/video/multimedia.do?action=showEntry_VideoDetail&project=462&id=45860
http://www.kleinezeitung.at/allgemein/video/multimedia.do?action=showEntry_VideoDetail&project=462&id=45812
LG Michael, vormals PM  |  Styria-Mobile