Anonyme Pedalritter vernadern AutosünderAutofahrer, die Radwege verstellen, werden im Netz an den Pranger gestellt. Die rechtlich problematische Aktion entzweit Radler- und Autofahrerlobbys.
Ein Lieferwagen blockiert den Radweg am Waltendorfer Gürtel, obwohl unmittelbar daneben ein großer Parkplatz ist
Wer Alltagsdiskussionen und Leserbriefseiten verfolgt, weiß, auf der Straße herrscht ein ewiger Kampf. Fußgänger schimpfen über rücksichtslose Radfahrer, Autofahrern sind diese ebenfalls ein Dorn im Auge, jeder lästert über jeden.
An der Front Pedalritter gegen Benzinbrüder sorgt nun eine Ausweitung der Kampfzone im Internet für Aufregung. Unter
www.mybikelane.com stellen anonyme Radfahrer "Autosünder", die Radwege verparken, öffentlich an den Pranger. Mit allem, was dazugehört: Hier findet man die "schwarzen Schafe" mit Beweisfotos ihrer Vergehen. Gut sichtbar wird das Kennzeichen fotografiert und veröffentlicht. Ja, sogar ein Ranking der größten Sünder mit Kennzeichen als Button zum Anklicken findet sich hier im weltweiten Netz.
42 Mitglieder aus GrazUnd auf dieser Website, auf der Radler aus Städten rund um den Globus Autofahrer vernadern können, sind die Einspurigen aus der Alpenrepublik besonders fleißig. So prangert zwar die Community aus New York City mit rund 6650 Vergehen am meisten Autofahrer an, auf Platz zwei folgt aber gleich Wien (rund 2850 Fotos), vor Linz (rund 1120), Toronto (869) und schließlich Graz (rund 640 angeprangerte Sünder). Und das ist wahrlich eine lange Liste an Verstößen, die seit Mai 2008 gepostet worden sind. Vor allem in Hinblick auf den noch kleinen Kreis der "Anonymen Anzeiger" aus Graz, der erst 42 "Mitglieder" zählt.
ÖAMTC-Marketingleiter Hans-Peter Auer verurteilt es moralisch, "dass hier diese überschaubare Gruppe Privatsheriff spielt und Fahrzeuge öffentlich an den Pranger stellt". Er plädiert für ein Miteinander auf den Straßen. Und ÖAMTC-Juristin Sabine Mesicek warnt: "Die Veröffentlichung der Fotos mit den Kennzeichen könnte sogar medien- als auch strafrechtliche Konsequenzen haben." Allein, da die Webseite auf einem US-Server laufe, sei sie dem österreichischen Recht entzogen. Jedenfalls gehe es hier wohl nur um Polemik unter dem Deckmantel der Anonymität statt um Sachlösungen.
"Hoffen auf mehr Strafen"Die Obfrau der Radlerlobby Argus, Heidi Schmitt, hegt freilich Sympathien für die "My-Bike-Lane-Aktionisten": "Leider ist die Seite noch zu wenig bekannt, sonst würde die Zahl dieser Verstöße zurückgehen." Denn die verparkten Radwege seien in Graz ein echtes Problem: "Wir von Argus klemmen diesen Autos daher Infozettel mit dem Appell ,Parke nicht auf unseren Wegen' an die Windschutzscheibe."
Schmitt hofft aber, dass das nun besser wird: "Wenn die Stadt ab November auch Park- und Halteverbote kontrolliert, wird es hier hoffentlich mehr Strafen geben."
Quelle:
http://www.kleinezeitung.at/g7/2859721/anonyme-pedalritter-vernadern-autosuender.story