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Verkehr => ÖPNV - Allgemein => Thema gestartet von: Empedokles am Juli 20, 2008, 07:33:13

Titel: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Empedokles am Juli 20, 2008, 07:33:13
Mit der Transsibirischen bis nach Wien

Russland will sein Breitspur-Streckennetz, das derzeit in Südpolen und im ostslowakischen Košice endet, bis nach Wien verlängern

Als Wladimir Putin im Mai 2007 auf Staatsbesuch nach Wien kam, brachte der damalige russische Präsident den Chef der russischen Bahn, Wladimir Jakunin, mit. Grund: Russland will sein Breitspur-Streckennetz, das derzeit in Südpolen und im ostslowakischen Košice endet, bis nach Wien verlängern und damit den Warentransport auf der Schiene erleichtern.
Im Oktober startete eine Arbeitsgruppe der Staatsbahnen von Österreich, Slowakei, Russland und der Ukraine, im April wurde ein Grundsatzabkommen unterzeichnet. Mindestens vier Milliarden Euro soll die 380 Kilometer lange Strecke, die parallel zur existierenden Normalspur durch die Slowakei gebaut werden muss, kosten, rund 60 Kilometer würden auf österreichischem Boden entstehen.

Für die Industriellenvereinigung (IV) ist das Projekt eine riesige Chance für den "Twin-City-Raum" und sollte rasch vorangetrieben werden. Aber der Präsident der IV Wien, Albert Hochleitner, beklagt das fehlende Interesse des Infrastrukturministeriums und die Passivität der ÖBB: "Die Russen sind wirklich interessiert. Sie werden 100 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren in den Bahnausbau investieren und wollen das neutrale Österreich als Partner. Auch bei uns sagt niemand, er ist dagegen, aber es passiert nichts. Wir rennen gegen Gummiwände."

"Politische Entscheidungen"

In den ÖBB fürchte man vor allem die Komplexität eines zusätzlichen Schienensystems, glaubt der Ex-Siemens-Österreich-Chef. Die Bahnvertreter würden in der Arbeitsgruppe nach alternativen technischen Lösungen - etwa auswechselbare Drehgestelle auf den Waggons - suchen und damit Entscheidungen hinauszögern. "Man darf das nicht auf der operativen Ebene der Bahn lassen, sondern braucht eine klare politische Entscheidung" , sagt Hochleitner. "Es muss auf die EU-Ebene gehoben werden. Wenn sich Österreich und die Slowakei verbinden, dann würde es rasch gehen." Bis Herbst, wenn Putin als Premier nach Wien kommt, sollten Weichen gestellt sein.

Hochleitner sieht nicht nur die Chance auf Logistikzentren östlich von Wien, sondern auch auf die Stärkung des Bahnverkehrs. "Wir werden Verkehr auf jeden Fall bekommen, die Frage ist auf der Straße oder auf der Schiene."

Bei den ÖBB sieht man die Sache differenzierter. Den Vorwurf, man blockiere die Breitspur, weisen hochrangige Bahnmanager aber scharf zurück. Es sei wenig sinnvoll, eine Trasse von der Staatsgrenze bis Wien festzulegen, solange die Slowakei ihre Trassenführung nicht fixiert hätte. Prinzipiell gibt es von Košice aus zwei Möglichkeiten: die südliche über Ungarn und das Burgenland (Götzendorfer Spange und Schleife Kledering) und eine nördlich der Donau über Bratislava und den sogenannten March-egger Ast. Der wird von Stadlau aus wohl elektrifiziert, mehr als Planungsarbeiten im Volumen von 30,9 Mio. Euro sind für das mindestens 94 Mio. Euro schwere Projekt im ÖBB-Rahmenplan bis 2013 allerdings nicht eingestellt. Die Götzendorfer Spange über Fischamend zum Flughafen (S7) kostet zumindest 110 Millionen Euro.

Beides taugt als Breitspuranbindung nicht, denn Normalspurgleise sind zu breit, um innerhalb der Breitspur verlegt werden zu können. Die Breitspur braucht daher eine eigene Trasse abseits aller Bahnhöfe und wohl weniger Sicherheitseinrichtungen, aber tragfähigere Gleisbette für höhere Tonnagen - und mindestens einen Güterterminal zum Verladen. Beides zusammen taxiert man in den ÖBB auf "bis zu einer Milliarde Euro" .

Als Knackpunkt nennt man die Anschubfinanzierung, die im ÖBB-Bauprogramm angesichts steigender Baukosten nicht unterzubringen sei. Sie würde - entgegen anderslautenden großspurigen Informationen - von den Russen nicht einmal vorgestreckt, geschweige denn übernommen, stellen mit dem Projekt befasste Eisenbahner klar. Klar ist auch: Selbst ein an der Donau gelegener Bahngüterterminal zieht zusätzlichen Lkw-Verkehr in den Großraum Wien. Deshalb will man in Wien nur Container für zeitkritische und hochqualitative Waren verladen, für Schrott oder Kohle sei Košice zuständig.

In einem Punkt sind sich die Eisenbahner der beteiligten Staaten einig: Sie wollen mehr Verkehr auf die "Transsib" bringen, weil diese schneller sei als Schiffe, die vor Europas überfüllten Häfen im Stau steckten.

Quelle: Eric Frey, Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 18.7.2008


Ein Jobmotor für den Donauraum

WU-Studie: Bahnstrecke dämmt Lkw-Verkehr ein und bringt Betriebsansiedelungen

Hohe Gewinne, mehr Arbeitsplätze und immer mehr Lkw-Verkehr zum Transport von Rohstoffen und Massengütern - das sind die Folgen des Wirtschaftsbooms in Russland, der Ukraine und Zentralasien für Österreich. Aber die Konsequenzen lassen sich steuern: Eine Verlängerung der russischen Breitspur-Bahnlinie in den Twin-City-Raum würde Jobs schaffen und den Verkehr von der Straße auf die Bahn umlenken, zeigt sich der Verkehrsexperte Sebastian Kummer von der WUWien, der für die Industriellenvereinigung eine entsprechende Studie erstellt hat, überzeugt.

Wenn die russischen Frachtzüge weiterhin im slowakischen Košice enden, "dann müssen wir mit starkem Lkw-Verkehr zu diesem Umschlagplatz rechnen. Denn die slowakische Bahn ist nicht leistungsfähig genug. Und das würden wir auf unserer West- und Ostautobahn ganz stark spüren."
Anders als die Ostslowakei biete der Twin-City-Raum die Möglichkeit, die Fracht auf Donauschiffe zu verlagern oder aber mit Zügen auf der Normalspur weiterzutransportieren. Auch die beiden Flughäfen Wien und Bratislava würden helfen, die Straße zu entlasten, sagt Kummer und spricht von einem "idealen quatro-modalen Standort" für zahlreiche Logistikzentren, die entlang der Donau zwischen Wien und Bratislava entstehen könnten.


Mehr Cargo-Kapazitäten

Natürlich könnte die Breitspur auch auf der slowakischen Seite der Grenze enden oder nach Budapest geführt werden, aber dies wäre für alle Seiten weniger vorteilhaft, sagt Kummer. Die ÖBB habe viel mehr Kargo-Kapazitäten als osteuropäische Staatsbahnen, und die Verbindungen nach Westeuropa und Italien seien leistungsfähiger. Kummer: "Es gibt keine zweite Region, die so sehr Kreuzungspunkt aller Linien ist wie diese."
Außerdem gebe es in Österreich mehr Know-how in der Logistik als in den Oststaaten, was die höheren Lohnkosten mehr als wettmache.
Vor allem aber würde Österreich durch eine Nichtverlängerung der Breitspur auf einen Jobmotor in einer strukturschwachen Region verzichten. Denn Logistikzentren bringen - wie etwa die Niederlande zeigen - hochwertige Arbeitsplätze in Industrie und Dienstleistungen und bieten einen Anreiz für die Ansiedelung von Unternehmen.
"Logistikzentren sind Wachstumsmotoren," sagt auch der Präsident der IV-NÖ, Agrana-Generaldirektor Johann Marihart. "Wenn wir es nicht tun, dann passiert es halt weiter im Osten."

Schneller nach China

Eine Breitspur-Verlängerung würde auch Europas Handel mit China erleichtern, zeigt die Studie. Der Seeweg beträgt derzeit 30 Tage, eine Breitspurlinie von Wien über Sibirien nach Peking könnte dies in 15 bis 18 Tagen schaffen. Auch hier würde Ostösterreich als Ausgangspunkt der Transsibirischen von Umwegeffekten profitieren, sagt Kummer.

Quelle: ef, DER STANDARD, 18.07.2008
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Martin am Juli 20, 2008, 09:30:36
WIEN  - WLADIWOSTOCK  - klingt net schlecht  :D

SG
G111

Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Provodnik am Februar 10, 2017, 22:59:56
Siehe http://cfts.org.ua/news/2017/01/25/ukrzaliznytsya_pustit_passazhirskie_poezda_v_avstriyu_i_bolgariyu_38697
oder hier http://ukranews.com/en/news/474744-ukrzaliznytsia-plans-to-launch-passenger-service-to-poland-austria-bulgaria (auf englisch)
UZ-Chef Wojciech Balczun berichtete in einer Versammlung des ukrainischen Ministerkabinetts von Planungen für Direktverbindungen nach Bulgarien und Österreich. Konkretere Angaben dazu enthält der Artikel nicht.

Weiters sei ein Direktzug nach Chelm in Polen (durchgehend auf Breitspur) sowie ein Zug Budapest - Mukatschewo (durchgehend auf Normalspur, mit MAV-Rollmaterial) geplant. Mehr dazu:
http://cfts.org.ua/news/2017/02/01/vengriya_gotova_predostavit_poezd_dlya_skorostnogo_marshruta_v_ukrainu_38811
http://cfts.org.ua/news/2016/12/20/ukrzaliznytsya_planiruet_zapustit_zh_d_soobschenie_mukachevo_budapesht_38203

Von einem Zug Uzhgorod - Kosice ist hier die Rede:
http://cfts.org.ua/news/2017/02/10/ukraina_namerena_zapustit_poezd_uzhgorod_koshitse_38986


Provodnik
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Provodnik am Februar 25, 2017, 12:35:34
Zitat
Von einem Zug Uzhgorod - Kosice ist hier die Rede: ...
Ob da auf der Breitspurstrecke Personenverkehr eingerichtet wird?
Na, jedenfalls ist es ein weiters Argument für den Bau der Breitspurbahn nach Wien!

Wegen einem ukrainischen Kurswagen nach Wien (um mehr gehts nicht) wird das sehr fragwürdige Wien-Breitspurprojekt nicht sinnvoller....
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Provodnik am Februar 25, 2017, 18:58:59
Für mich ist das ganze einfach keine runde Sache:
- die unverhältnismässig hohen Kosten von mehreren Mrd EUR für wie viel Verkehr am Tag?
- warum ausgerechnet durch die topographisch schwierige Slowakei und nicht etwa durch Ungarn?
- was bringt es wirklich, den Umlade/Umspurpunkt von Chop in der Westukraine nach Wien zu verlegen? (zumal Umladen/Umspuren ja personalintensiv ist; das mach ich lieber  dort, wo die Personalkosten niedrig sind...) Wo ist da der Mehrwert?
- Russland hat seit einiger Zeit kein übersteigertes Interesse an der Ukraine als Transitland
- von der EU gibts kein Geld, da eine Breitspurstrecke ein Fremdkörper wäre
- es gäbe im Normalspurnetz zwischen Wien und Chop noch viel Bedarf an Ausbaumassnahmen, zB Ausbau Zilina - Kosice für 160 km/h, eine schnelle NBS Györ - Budapest zur Beschlunigung und Entlastung des Bestandes, eine Güterzugumfahrung Budapest, Budapest - Szolnok 160 km/h, Debrecen - Zahony 160 km/h etc etc - das würde auch dem Personenverkehr was bringen und man sollte sich eher darum kümmern, als um irgendwelche Breitspurphantasien...


Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Moderator1 am Juni 07, 2017, 18:25:10
Nun gibt es Planungen, nach welchen die Breitspurbahn nicht mehr bis Wien verlaufen soll, sondern in Parndorf enden soll, wo auf einer Fläche von 200 ha ein Güterterminal entstehen würde.

http://mobil.derstandard.at/2000058827171/Breitspurbahn-soll-von-Peking-nach-Parndorf-fuehren
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Immanuel Cunt am Juni 07, 2017, 21:19:55
Der Schmarrn mit der Breitspurbahn taucht auch alle Jahre wieder auf - wie das Ungeheuer von Loch Ness ...  ::)
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Immanuel Cunt am Juni 07, 2017, 22:56:12
Und was bringt es, wenn dann in Parndorf statt in Kosice umgeladen oder umgespurt werden muss? Oder gehts von Parndorf dann per Lkw quer durch Österreich weiter nach Westeuropa? Parndorf wird ja nicht Endstation der Waren sein.
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: x37 am Juni 07, 2017, 23:12:26
Die Strecke Wien - Beijing ist ca. 10000 km lang, davon sind gerade einmal 500  km noch nicht gebaut. Das lässt sich leicht vollenden ...
Die Strecke von der Russischen (oder Mongolischen oder Kasachischen) Grenze bis nach Peking sind in China aber normalspurig. (ab ca. 600km Luftlinie)
Ich halte den Breitspurbau bis Wien (oder Umgebung) für Geldverschwendung. Wenn dann macht ein Ausbau des Umlade-Terminals bei Kosice Sinn.
Jetzige Züge werden bei Korgas (Kasachstan-China Grenze) umgeladen. https://de.wikipedia.org/wiki/Trans-Eurasia-Express
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Ch. Wagner am Juni 08, 2017, 08:40:14
Der Schmarrn mit der Breitspurbahn taucht auch alle Jahre wieder auf - wie das Ungeheuer von Loch Ness ... 

Über das Ungeheuer von Loch Ness habe ich heuer noch nichts gelesen. Und wenn du aufmerksam die Meldungen verfolgst, gibt es die Idee dazu schon länger, allerdings werden verschiedene Planungsbüros involviert. Es geht um die Machbarkeit dieser Strecke und nicht eine gemeinsam chinesisch-russische Invasionstruppe. Sintemalen die Ukraine auch noch involviert ist.
Und abwegig ist der Bahntransport sicher nicht: immerhin ist auch die LTE am Transport Holland - China - Holland beteiligt.
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Moderator1 am Februar 20, 2018, 20:13:06
Morgen:

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180220_OTS0092/termin-avisounterzeichnung-der-kooperationsvereinbarung-oebb-und-rzd
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Moderator1 am Februar 21, 2018, 19:27:33
Hofer möchte, dass bereits 2033 auf der Breitspurbahn nach Österreich gefahren wird:
https://mobil.derstandard.at/2000074741847/Verkehrsminister-macht-Druck-bei-der-Verlaengerung-der-Breitspurbahn
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Ragnitztal am Februar 21, 2018, 20:39:41
Außerdem gab es heute einen Bericht in der ZIB1:
http://tvthek.orf.at/profile/ZIB-1/1203/ZIB-1/13966700/Russische-Breitspur-Eisenbahn-bis-Oesterreich/14248769

(verfügbar bis 28.2.)
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Ch. Wagner am Februar 22, 2018, 09:08:53
Jo eh:
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Sgg 71 am September 02, 2018, 10:15:57
https://www.zeit.de/2018/36/wien-oesterreich-wirtschaft-knotenpunkt-seidenstrasse]ZEIT Österreich Nr. 36/2018, 30. August 2018 (https://www.zeit.de/2018/36/wien-oesterreich-wirtschaft-knotenpunkt-seidenstrasse)

Großspurig unterwegs - Wien als Knotenpunkt der neuen Seidenstraße

(https://img.zeit.de/2018/36/wien-oesterreich-wirtschaft-knotenpunkt/wide__820x461__desktop)
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Ragnitztal am Februar 13, 2021, 12:16:45
Das könnte den Breitspuranschlussplänen wieder neuen Auftrieb verschaffen:

Pandemie gibt ,,Seidenstraße" neuen Schub

Durch die CoV-Krise bedingte Preisrekorde und Kapazitätsengpässe bei der Containerschifffahrt zwischen China und Europa haben der ,,Seidenstraßen"-Bahn einen regelrechten Boom beschert. Von China bisher hoch subventionierte Güterzüge, die in der Vergangenheit auch nahezu leer ihren Weg Richtung Europa zurücklegten, sind inzwischen fast ebenso ausgebucht wie der Transport auf Schiffen.

Im CoV-Jahr 2020 erhöhte der Güterschienenverkehr seinen Anteil am Handel zwischen Asien und Europa auf fünf Prozent. Der Großteil von 90 Prozent wird nach wie vor auf See transportiert. Doch im Vergleich zum Jahr 2019 fuhren laut der Branchenplattform Railfreight im vergangenen Jahr mit 12.400 Zügen um 50 Prozent mehr Züge zwischen China und Europa. Insgesamt wurden rund 1,14 Millionen 20-Fuß-Container (6,1 Meter, Twenty-foot Equivalent Unit, TEU) transportiert.

Die stärkeren Frequenzen zeigen sich am Beispiel des wichtigen Hubs Duisburg. Die deutsche Stadt gilt als offizieller Teil der ,,Seidenstraße". Von hier startete 2011 auch die erste Zugsverbindung zwischen China und Europa. 2019 fuhren auf dieser Strecke 35 Züge pro Woche. 2020 waren es bereits 50, sagte Andreas Breinbauer, Rektor der FH des BFI Wien und Leiter der Studiengänge ,,Logistik und Transportmanagement" gegenüber ORF.at.

Mehr Direktzüge auch aus Österreich

Laut der österreichischen Rail Cargo Group (RCG) gab es um ein Drittel mehr Verbindungen. Es habe mehr Nachfrage gegeben, entsprechend seien auch vermehrt Direktzüge von und nach China abgefertigt worden, hieß es gegenüber ORF.at. Die RCG ist seit 2017 auf allen Routen der ,,Seidenstraße" aktiv. Eine zukünftige regelmäßige Direktverbindung sei durchaus realistisch. Der Trend zeige weiter nach oben, ist Oliver Wagner, Geschäftsführer beim Zentralverband für Logistik und Spedition, gegenüber ORF.at überzeugt. Auch Breinbauer sieht die ,,Seidenstraßen"-Bahn als ,,neue Gewinnerin".

Starkes Interesse in Peking

Peking ist der Ausbau des Zugsverkehrs nach Europa im Rahmen der ,,Neue-Seidenstraße-Initiative" (Belt and Road Initiative) als strategische Alternative schon seit Jahren ein Anliegen. Zum einen wurde der Transport über die Schiene subventioniert, zum anderen investierte China viel in den Ausbau eines modernen Hochgeschwindigkeitsnetzes und der Infrastruktur. Zuletzt kamen neue Routen etwa von Chengdu nach Rotterdam und von Xian nach Neuss in Deutschland dazu. Wurden anfangs über die Bahn vor allem Elektronikartikel aus China nach Europa gebracht, sind es inzwischen mehr als 200 Produktgruppen.

Wettlauf um Transporte aus China

Der Gütertransport wurde in den vergangenen Jahren von China mit etwa 40 Prozent subventioniert. Bis 2022 war ein Ende der finanziellen Unterstützung für Gütertransporte auf Schiene geplant. Dieser Plan könnte aufgehen, meinte Logistikexperte Breinbauer.

Denn mit der steigenden Nachfrage sei auch der Güterschienentransport lukrativer geworden. Derzeit liegen die Preise für einen 40-Fuß-Container (12,2 Meter, Forty-foot-Equivalent Unit, FEU) zwischen 4.000 und 5.000 US-Dollar (3.300 bis 4.126 Euro) und sind aufgrund der Rekordpreise bei der Containerschifffahrt konkurrenzfähig geworden. Per Schiff werden für kurzfristige Aufträge, sofern überhaupt Platz ist, auch schon fünfstellige Summen pro Container bezahlt.

Häufige Grenzwechsel als Hemmschuh

Gab es in der Vergangenheit teilweise auch Fahrten, die nur spärlich gebucht waren, ist es derzeit vor allem auf der nördlichen Route von China über Russland und Weißrussland bzw. Polen in den Westen schwierig, einen Platz zu bekommen. Daher rücken zunehmend die mittlere Route über Kasachstan und der südliche Korridor über Aserbaidschan, Georgien und die Türkei in den Vordergrund. Die südliche Route nutzte auch die RCG im vergangenen Jahr zum ersten Mal. Da hier mehr Länder durchfahren werden und damit auch mehr Zollformalitäten erledigt werden müssen, waren diese Routen bisher weniger gefragt, erklärte Breinbauer.

Die häufigen Grenzwechsel mit je nach Land unterschiedlichen Regeln und Sprachen sowie die Umspurungen sind auch der größte Hemmschuh für die Bahn als Transportmittel. Die Waren müssen mehrfach zwischen Schmalspur- und Breitspurschienen wechseln.

Ein Schiff, 300 Züge

Wie die Containerschifffahrt kämpft auch der Güterverkehr auf Schiene derzeit mit einer extremen Unpaarigkeit - es fehlen in China Container, die sich in Europa häufen. China will daher künftig nur noch Hin- und Rückfahrten mit dem Zug subventionieren und den Fokus auf hochwertige Güter und Kühltransporte legen. Auch bei den Trassen gebe es aufgrund der großen Nachfrage derzeit Engpässe, so die RCG.

Nicht mithalten kann die Bahn beim Transportvolumen. Ein Zug schafft je nach Gewicht eine Kapazität von bis zu 82 20-Fuß-Containern (TEU), so Breinbauer. Containerschiffe haben inzwischen ein Fassungsvolumen von mehr als 23.000 TEU - so viel, wie in fast 300 Güterzüge passt.

Bahn punktet mit Zeit

Schiffe sind aber bei der zeitlichen Komponente im Nachteil. Bis Waren per Schiff aus China in Europa ihren Bestimmungsort erreichen, dauert es inzwischen rund 40 Tage, sagte Breinbauer. Das habe sich in den vergangenen zehn Jahren aufgrund häufiger Stopps sogar noch verlängert. Per Bahn erreichen die Waren im Schnitt nach ihrer mindestens 9.000 Kilometer langen Reise sogar bereits nach 14 Tagen ihr Ziel.

Noch schneller geht es nur per Flugzeug, aber auch hier sind die Kapazitäten CoV-bedingt stark ausgedünnt und die Preise exorbitant gestiegen. Diese Lücke füllte die Bahn. Zudem eignet sich die Luftfracht nicht für jedes Produkt. Gerade in Zeiten kürzerer Produktzyklen eigne sich die Schiene für den Gütertransport, meinte Wagner: ,,Wir arbeiten seit Jahren daran, die Politik wachzurütteln, die Seidenstraßen-Projekte auf Schiene auszubauen - als Add-on zur Hochseeschifffahrt."

Breitspurbahnpläne in der Schublade

Seit mehreren Jahren gibt es das Breitspurbahn-Projekt für Österreich in der Schublade. Damit soll die Breitspurbahn über Russland, die Ukraine und die Slowakei nach Österreich ausgebaut und der Gütertransport dadurch erleichtert werden. Bei der derzeitigen Regierung gebe es dafür aber keine Priorität, glaubt Wagner. Die RCG hingegen erhofft sich eine Erklärung im Ministerrat auf Basis des seit September 2019 vorliegenden Umweltberichts zu dem Breitspurbahn-Projekt noch im ersten Halbjahr.

Für die neue Güterverkehrslinie zwischen Wien und Kosice in der Slowakei sei eine Verknüpfung zwischen dem europäischen und dem transkontinentalen Eisenbahnnetz mit jeweils unterschiedlichen Spurweiten notwendig, so die RCG. Die Region könne damit zu einem wichtigen Knoten entlang der ,,Neuen Seidenstraße" werden. Ursprünglich war dieses Projekt von Russland forciert worden. Bisher endet die Breitspurbahn an der ukrainisch-slowakischen Grenze. Immer wieder gab es Widerstand aus Niederösterreich und dem Burgenland gegen das Projekt - vor allem gegen den Bau eines großen Hubs und wegen der Sorge vor einer stärkeren Verkehrsbelastung.

Experte: EU unterschätzte ,,Neue Seidenstraße"

Seit 2013 werden Projekte im Rahmen der ,,Neue-Seidenstraße-Initiative" gebündelt - insbesondere was Infrastruktur und Handelsrouten betrifft. Der Name knüpft an die alte Seidenstraße an, die China mit dem Westen verbunden hatte. Immer wieder gab und gibt es Vorwürfe mangelnder Transparenz vonseiten Chinas und fehlender Offenheit.

,,China verfolgt bei der Seidenstraße seine eigenen Interessen", ist Wagner überzeugt. Aber die Initiative sei ein großes Thema auch für Europa, wenn es seine eigene Position finde. Die EU habe die Dimension der ,,Neuen Seidenstraße" bisher völlig unterschätzt, argumentierte auch Breinbauer. Das ändere sich langsam. ,,Als Absatzmarkt und zum Abbau von Überkapazitäten habe Europa auch keine andere Alternative." Entsprechend gebe es auch beim Bahnverkehr zwischen China und Europa noch mehr Potenzial.


Quelle: https://orf.at/stories/3197149/
Titel: Re: Bekommt Österreich einen Breitspuranschluss?
Beitrag von: Schampuskrampus am Februar 13, 2021, 12:35:29
Prost Mahlzeit!
Der Zug ist abgefahren, Parndorf wird kein Bahndorf, es würde auch wenig Sinn machen.

Die Topographie zwischen Kaschau und Österreich ist nicht sehr einladend.
Und was viele nicht wissen, die Wertschätzung des Projekts wäre für Österreich ziemlich gering da China für den Bau nur eigene Firmen einsetzen will, welche vom österreichischen Steuerzahler finanziert werden.....