Letztlich haben es die Verkehrsbetriebe selbst in der Hand: ordentliche Ausschreibungen, ausführliche Tests von Vorserienfahrzeugen und realistische (!) Zeiträume für die Inbetriebnahme. Dann klappt das schon - im Moment ist es einfach ein Gehetzte und Gehudle, daraus kann nix werden ...
Nein, haben sie nicht. Der Finanzierungswille der Gebietskörperschaften ist nicht unendlich groß. Vorserienfahrzeuge kosten Geld und Zeit, beides ist einfach nicht vorhanden. Das können sich nur große Verkehrsbetriebe leisten, weil auch sonst die Anbieter nicht mitspielen - und auch das ist nicht immer erfolgreich, wie man in Wien sieht.
Realistische Zeiträume für die Inbetriebnahme gibt es im Schienenverkehrssektor in Deutschland nicht mehr. Das EBA ist übersensibel, kaum ein Schienenfahrzeughersteller schafft im Eisenbahnbereich seine Fristen einzuhalten, weil dauernd irgendwelche Gutachten gefordert werden. Die ostasiatischen Hersteller (Hyundai z.B.), die sich in Großbritannien und auch in Osteuropa (Ukraine) engagieren, möchten (sinngemäßes Zitat) für keinen noch so großen Auftrag sich das Zulassungschaos in Deutschland antun. Die TAB in Oberbayern ist sowieso problematisch, da politische Hintergründe wohl auch mitspielen.
Was bleibt? Für neugebaute Netze ist es recht einfach, da kann man auf standardisierte Triebwägen zurückzugreifen. Wohl auch ein Grund, wieso Alstom bei schlüsselfertigen Netzen so erfolgreich ist: Das Aussehen der Fahrzeuge variiert, die technischen Komponenten sind aber standardisiert.
Und sonst? Gewachsene Netze - wie München - haben andere Ansprüche. Klar, diese Triebwägen lassen sich auch maßschneidern, aber das führt auch nicht immer zu den Ergebnissen, die man von anderswo kennt. Und da gibt es eben die zwei Optionen: Entweder, man hat Geld, Zeit und einen großen Wagenbedarf, sodass wie oben erwähnt ein Vorserienfahrzeug möglich ist (Berlin, Prag, Wien). In den meisten Fällen ist das nicht der Fall - da muss man einfach bestellen, was einem angeboten wird. Und so sehr man die Ausschreibungskriterien auch genau definieren kann, nachträgliche Anpassungen werden nicht zu verhindern sein. Der mittlerweile hochgelobte Avenio machte in seinen ersten Betriebsjahren in Budapest auch Probleme, sodass seitens der BKV erwogen wurde, die Fahrzeuge zurückzuschicken. Also, wer weiß, was für technische Probleme noch in München warten. Ich gehe allerdings davon aus, dass das Fahrzeug mittlerweile einigermaßen ausgereift ist (wie die Flexitys, die in unterschiedlichen Städten auch problemlos in Betrieb genommen werden), also nur zulassungstechnische Probleme seitens der TAB anstehen werden.
Ich bin übrigens nicht der Meinung, dass man sich als Verkehrsbetrieb auf eine Type konzentrieren muss. Heutzutage ist es Usus, auch im Bereich der Wartung langfristige Absicherungen mit den Herstellern zu treffen (Alstom, oder Linz und Bombardier). So kann man zumindest für die vorgesehene Einsatzdauer recht günstig erreichen, dass die Fahrzeuge fahrfähig bleiben und die Hersteller sich bei Problemen darum kümmern müssen. Und gerade Wien zeigt mit den ULFen, dass man auch bei Großserien Probleme mit der Einsatzbereitschaft und Verfügbarkeit haben kann (25% Schadstand!) - dort wurde nämlich aus Kostengründen das Thema der Wartung im Vertrag ziemlich reduziert...