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Thema: Linienbusse - Saubere Fortbewegungsmittel? (8084-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema

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  • Sgg 71
Linienbusse - Saubere Fortbewegungsmittel?
... gesehen auf WDR - http://www1.wdr.de/themen/verbraucher/themen/gesundheit/bus-emissionen104.html


Von Edith Dietrich und Michael Houben

Wer etwas für die Umwelt tun will, lässt das Auto stehen und fährt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. So haben wir es gelernt. Aber stimmt das auch wirklich? Wir haben Linienbusse unter die Lupe genommen. 


Stickoxide sind durch den VW-Skandal wieder ins Blickfeld geraten. Sie reizen die Lunge, fördern Asthma und sind maßgeblich an der Ozonbildung beteiligt. Zusammen mit Dieselruß sind sie nach Expertenaussage für jährlich 300.000 bis 400.000 Tote in Europa verantwortlich. In vielen europäischen Städten, auch in Deutschland, werden die Stickoxidgrenzwerte der EU überschritten - und zwar so massiv, dass die EU-Kommission in diesem Sommer (2015) ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat.

Belastung durch Dieselbusse
Ausgerechnet der Omnibus ist einer der Verursacher der Stickoxidbelastung. Er ist aus dem Nahverkehr nicht wegzudenken und hat in Bezug auf die Umwelt eigentlich einen besseren Ruf als das Auto. Doch laut Umweltbundesamt werden pro Fahrgast und Kilometer in einem durchschnittlich besetzten Linienbus 0,48 Gramm Stickoxide ausgestoßen - in einem durchschnittlich besetzten PKW nur 0,3 Gramm.

Dreckschleuder Linienbus - trotz verschärfter Abgasvorschriften?
Immer strengere EU-Abgasvorschriften sollten eigentlich dafür sorgen, dass Kraftfahrzeuge immer weniger Stickoxide ausstoßen. Seit dem Jahr 2000 galt zunächst die Euro-3-Norm, der zufolge der Grenzwert bei Bussen für Stickstoffdioxidausstoß bei 5 Gramm pro Kilowattstunde lag. Es folgte die Euro-4-Norm mit einem Grenzwert von 3,5 Gramm pro Kilowattstunde, dann die Euro-5-Norm mit nur noch 2 Gramm und seit kurzem gilt für alle neu zugelassenen Fahrzeuge die Euro-6-Norm mit nur noch 0,4 Gramm erlaubtem Stickoxidausstoß.

Das Landesumweltamt NRW und die Stadt Hagen haben bei den Bustypen MAN und Mercedes, die wie die meisten Busse noch unter die Euro-5-Abgasnorm fallen, die Stickoxidemission im Realbetrieb gemessen. Ein MAN-Bus produzierte mit 6 Gramm dreimal mehr Stickoxid als die erlaubte Menge, ein Mercedes sogar mehr als 10 Gramm und damit fünfmal so viel wie laut Euronorm vorgegeben.

Schadstoffminderungssysteme im Stadtverkehr unwirksam
Bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen wird die Emission am kompletten Fahrzeug auf dem Rollenprüfstand gemessen, also der Schadstoffausstoß pro Kilometer ermittelt. Im Unterschied dazu ist bei Bussen die Abgasnorm nicht auf Schadstoff pro Kilometer, sondern pro Kilowattstunde ausgerichtet, also auf die Arbeit des Motors. Um die Abgasnorm zu erfüllen, hat MAN seinen Motor speziell zur Stickoxidminderung konstruiert: Ein Teil der Abgase wird über ein System dem Motor wieder zugeführt, damit die Verbrennung entsprechend weniger Stickoxide erzeugt. Daimler hingegen setzt auf Adblue, flüssigen Harnstoff, der dem Abgas zugeführt wird. Dieser reagiert chemisch im Katalysator des Rußfilters, der den Stickoxidanteil im Abgas reduziert. Das Problem: Im Stadtverkehr werden wegen des niedrigen Tempos und den vielen Stopps an Ampeln und Haltestellen Motor und Abgassystem nicht heiß genug - die Schadstoffreduktion wird erst auf Langstrecken wirksam. So lassen sich die Differenzen zwischen Herstellerangaben und den realen hohen Abgaswerten erklären.

Umrüstung wäre möglich
Die Hersteller könnten aber durchaus dafür sorgen, dass Motor und Abgassystem auch bei langsamer Fahrt heiß genug wird. Doch der Anreiz fehlt. So antwortet Damiler-Benz auf Nachfrage, dass die Busse den zum Zeitpunkt der Zulassung bzw. Produktion gültigen Zulassungsvorschriften entsprächen. Das ist zwar richtig - aber eben nur bezogen auf den Prüfstand, nicht auf den realen Verkehr. Die Bundesregierung verspricht in einer Mitteilung an die Europäische Kommission zumindest für Berlin die Aufrüstung von 150 Bussen der Euro-5-Norm, um deren bisher im Stadtverkehr wirkungslosen Stickoxidminderungssysteme wieder funktionstüchtig zu machen.

Die Nachfolgegeneration, Euro 6, muss per Gesetz auch im Stadtbetrieb Grenzwerte einhalten. Doch bis der letzte Bus der Euro-5-Norm ganz von der Straße verschwunden ist, wird wohl noch viel Stickoxid die Stadtluft belasten.
 

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Gruß,
Sgg 71