Re: NVD-Doku [ÖBB-Bereich]
Antwort #263 –
Eine Doppelabzweigung, und um diese geht es ja beii der Waagner-Biro-Straße, muss in einer Ebene liegen.
Hm, das Kreuzungsplateau am Jakominiplatz (Ende Jakoministraße) liegt auch auf einer Kuppe (wenn mich nicht alles täuscht sogar sphärisch gekrümmt) und da gibts nicht nur einen Doppelabzweig, sondern sogar einen 3/4-Stern. Wie auch immer, ich bin gerne dabei, wenn man sagt, dass nicht alles machbar ist, da man (wenn mans extrem übertreibt) irgendwann in den Bereich der Verwindungsproblematik kommt und dann evtl die Entgleisungssicherheit nicht mehr gegeben ist. Nur ein pauschales "geht net", obwohl es Gegenbeispiele gibt, ist mir als naturwissenschaftlich denkender zu wenig.
Anm.: Weiters hat der "Wiener Bogen" mit einer Doppelabzweigung so überhaut nichts zu tun bzw. ist technisch nicht kombinierbar (5 Setzen!).
Hat auch niemand behauptet, das bezog sich nur darauf, dass sich auch dieses Fach weiter entwickelt hat und daher Vorlesungsunterlagen aus dem Jahre Schnee mit Vorsicht zu genießen sind.
Indirekt hat der "Wiener Bogen" aber schon was mit der Fragestellung zu tun, wenn man sich überlegt, warum es sowas wie den Wr. Bogen erst jetzt gibt und nicht schon vor 30 oder 60 Jahren.
Der Grund ist simpel: Vor 60 Jahren, zu Zeiten von Rechenschieber&Co wär das Ding nicht mit vertretbarem Aufwand berechenbar gewesen. Vor 30 Jahren hätte mans wohl berechnen können, nicht jedoch bauen, da sowohl die Machinen als auch die nötige Vermessungstechnik nicht exakt genug waren. Der Einfachheit halber hat man sich daher bei der Trassierung tatsächlich auf eine Abfolge von (möglichst) voneinander isolierten Fahrwegelementen beschränkt, welche darüber hinaus sehr einfach gestrickt waren (Gerade, Kreisbögen, simple Parabeln, lineare Überhöhungsrampen), evtl mit zusätzliche Beschränkungen (z.B., dass gegenläufige Überhöhungsrampen einen gewissen Abstand haben sollen, um nich zuviel Verwindung zu bekommen), welche sich empirisch als sinnvoll erwiesen haben. Das war rechnerisch leicht beherrschbar und auch relativ einfach zu bauen und erhalten (zur Not mit Schaufel und Krampen). Nachteil war halt, dass man sich stärkere Trassierungsrestriktionen bzw. mehr Rucklerei als eigentlich notwendig eingehandelt hat.
Erst durch die heutigen Möglichkeiten war es möglich, zu einer ganzheitlicheren Betrachtung des Gleisachsenverlaufs überzugehen, indem man höhergradige Polynome verwendet. Die Konsequenz ist, dass manche der ingenieursmäßigen Faustformeln, die sich über Jahrzehnte bewährt haben, in diesem Fall halt nicht mehr gültig/passend sind. Dafür kann man sich von manchen künstlichen Restriktionen verabschieden und gewinnt mehr Trassierungsfreiheit.
Bei der Grazer Tramway hab ich eher den Eindruck, dass man in die gegenteilige Richtung unterwegs ist. Statt sich mit Kreativität und Hirnschmalz mehr Freiheiten zu schaffen, hat man sich in einem Wust aus Altlasten und Selbstbeschränkungen einzementiert. Dadurch heißts dann halt immer öfter: "geht net"
lg, IC
"... und zu den Fenstern schauten lebendige Menschenköpfe heraus, und schrecklich schnell ging's, und ein solches Brausen war, dass einem der Verstand stillstand."
- Peter Rosegger (erste Begegnung mit der Semmeringbahn)