http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/koralm/3230259/jetzt-legen-maulis-los.story;jsessionid=83802D4E07B2EFAAC1D851B54C5B6ACD.p2Jetzt legen die "Maulis" los
Am Dienstag lassen die ÖBB im Koralmtunnel zwei Kraftlackel los: Tunnelbohrer mit je fast 10.900 PS - es handelt sich um die stärksten Baumaschinen Österreichs.
Die Tunnelbohrer sind die stärksten Baumaschinen Österreichs
Foto © KANIZAJDie Tunnelbohrer sind die stärksten Baumaschinen Österreichs
Der Blick in den Schacht lässt die Knie weich werden. 45 Meter ist er breit und 60 Meter tief. "Das Elisabethhochhaus in Graz würde da hineinpassen", sagt Gerhard Harer, ÖBB-Projektleiter auf der Baustelle. Es ist die größte ihrer Art in Europa: Wer vom Rand der Materialschächte im weststeirischen Leibenfeld in die Tiefe schaut, blickt auf den Koralmbahntunnel.
Unten wartet die Stollenbahn. Die Schmalspur verzichtet auf jeglichen Komfort; ihre Aufgabe ist die Versorgung der Mannschaft. Auf der holprigen Fahrt in den Berg könnte diese Bahn, in der man gerade aufrecht sitzen kann, viele Geschichten erzählen. "Sie war beim Bau des St.-Gotthard-Tunnels in der Schweiz und der Metro in Budapest dabei", erzählt Harer. Nach jedem Einsatz wandern Lok und Waggons zur nächsten Baustelle; nun versehen sie Dienst bei den ÖBB auf dem Weg nach Kärnten.
Zwei Werke der Superlative
Superlative gibt es beim Koralmtunnel nicht nur bei den Bohrmaschinen. Gewaltig sind auch die Ausmaße der beiden Betonfabriken am Baustellengelände. Das erste Werk ist seit Dezember in Betrieb, das zweite folgt in eineinhalb Monaten. 130.000 Beton-Tübbinge sollen dort im Akkord produziert werden. Jeder dieser konkaven Steine ist etwa fünf Meter lang, zwei Meter breit und rund sieben Tonnen schwer. Sieben Segmente bilden jeweils einen Ring, mit dem der Tunnel ausgeschalt wird. Insgesamt werden für die beiden Tunnelröhren sogar 170.000 Tübbinge benötigt.
So gigantisch die Ausmaße, so gering ist die Toleranz - diese liegt unter einem Millimeter. Acht Stunden dauert es, bis ein Tübbing gegossen und ausgehärtet ist. Dann werden die stahlbewehrten Teile händisch nachbearbeitet, auf Halde gelegt und nach und nach in den Stollen transportiert - eine logistische Herausforderung. "Jeder Stein ist anders geformt", erklärt Projektleiter Gerhard Harer. Ein großer Anteil der Betonzuschlagsstoffe wird übrigens im Koralmstollen gewonnen. Harer: "Wir versuchen, möglichst viele Transporte einzusparen." Der Zement kommt aus Retznei.
Abrupt hält der Zug vor einer Kaverne. Direkt vor "Mauli 1", dem neuen Star tief unter der Erde. "Mauli 1" und Zwilling "Mauli 2" sind nicht so niedlich, wie der Name, erdacht von Kindern der Volksschule Hollenegg, vermuten lässt. Im Gegenteil, die Tunnelvortriebsmaschinen sind wahre Kraftlackel und bohren sich mit je 8000 kW oder fast 10.900 PS durch den Berg. 45 Sondertransporte waren für jeden der Bohrköpfe nötig, um die Teile von Marburg in Slowenien ins Leibenfeld zu bringen, wo Kräne sie in die Schächte hoben.
Es wird angedreht
"Mauli 1" in der Südröhre wird am Dienstag offiziell "angedreht", wie es im Fachjargon heißt. Der mit mehr als 70 Rollenmeisel bestückte Bohrkopf wird Meter für Meter Gestein herausbrechen und den Tunnel nach Kärnten vortreiben. 20 bis 30 Meter pro Tag werden es im Durchschnitt sein, schätzt Harer. Dieses Tempo spricht im Vergleich zum konventionellen Sprengen klar für die Bohrer.
Das Ausbruchmaterial wird auf Förderbändern ins Freie gebracht und deponiert. Ein Teil kommt als Rohstoff für die Tunnelverkleidung aus Beton (sogenannte Tübbinge) wieder in den Berg zurück. Sie werden hinter dem Bohrkopf, im Schutz eines Stahlschildes, auf der Tunnelwand verschraubt, die Hohlräume mit Perlkies aufgefüllt. "Das ist eine Hochleistungsfabrik unter Tage", sagt Harer über die Maschinen des Herstellers Aker Wirth aus Erkelenz bei Köln.
Durch Hydraulik bewegen sich die Bohrer vorwärts. Sie verkeilen sich am Berg und schieben sich weiter. All das wird im Leitstand - ein Container auf "Maulis" Rücken - mittels einer Steuersoftware überwacht. Ein Fadenkreuz zeigt an, ob der Bohrer auf Kurs bleibt. Harer: "Die Toleranz auf 33 Kilometer Tunnel beträgt genau 15 Zentimeter Abweichung." Frühestens im Jahr 2015 kommt eine Tunnelbohrmaschine auch von der Kärntner Seite zum Einsatz. Der geplante Durchschlag ist 2016.
Grafik siehe
http://www.kleinezeitung.at/system/galleries/upload/0/6/3/3230259/koralmbohr.pdf----
LG
Provodnik