Zum Hauptinhalt springen
  • Wir sind gesiedelt! -> NEUES FORUM

    Sollte keine E-Mail gekommen sein, bitte um Neuregistrierung.

Thema: Warum uns Flugzeugunglücke so interessieren (6661-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Benutzer und 1 Gast betrachten dieses Thema.
  • Michael
  • Styria Mobile Team
Warum uns Flugzeugunglücke so interessieren

Michael Hegenauer
von Michael Hegenauer, WELT ONLINE/Reise
02.06.2009 - 12.30 Uhr

Das Air-France-Drama über dem Atlantik ist ein medialer Glücksfall. Oder würde uns ein Absturz in einem Hochland irgendwo in Asien auch in diese "Au-weia-wie-schrecklich-Stimmung" versetzen?

Erinnert sich jemand noch an eine Flugzeugmeldung vom 24. August 2008? Ich auch nicht, wenn ich sie nicht in einem dann ach so typischen Chronologiekasten einer Nachrichtenagentur gesehen hätte. Der 24.8. 2008 bot nachrichtlich den Absturz einer Boeing 737 der Fluggesellschaft Itek Air nahe der kirgisischen Hauptstadt Bischkek. 68 Menschen kamen zu Tode. Immerhin 22 Menschen überlebten das Unglück.

Ganz anders allerdings das mediale Ausschlachten nur vier Tage zuvor: 20. August 2008, eine MD-82 der spanischen Gesellschaft Spanair zerschellt kurz nach dem Start auf den Flughafen Madrid. 154 der 172 Insassen kommen ums Leben. Unter den Toten sind auch vier Deutsche ...

Jetzt also (+++ Eilmeldung, Eilmeldung +++ ) das Rätsel um den AF-447-Flug, der in Rio begann und in Paris hätte enden sollen. Doch die Maschine ist verschollen, über dem Atlantik tobte ein Unwetter. Turbulenzen, Blitzeinschlag, elektrische Störung und schließlich ein Radarphantom. An Bord waren 228 Menschen, darunter wohl 26 Deutsche.
Warum nur fesseln uns Flugzeugunglücke dermaßen? Zumindest wenn es sich um bekannte Fluggesellschaften, halbwegs bekannte Flughäfen oder prominente Passagiere handelt?
Es packt gemeinhin nicht nur denjenigen, dem eh bei dem Gedanken mulmig wird, sich in einer dünnwandigen fliegenden Hülle 10.000 Meter über dem Meeresspiegel ohne persönlichen Fallschirm mit etwa 850 Kilometern pro Stunde zu bewegen.

Fliegen ist heute fast wie Busfahren, die Demokratisierung des Fliegens hat lange vor den Low Cost Carriern eingesetzt, bei denen der Flugschein oftmals weniger als das Taxi zum Flughafen kostet.Fliegen ist heute nichts Besonderes mehr. Und genau deshalb erschüttert es die Menschen, wenn, wie jetzt mit der Air-France-Maschine, etwas Dramatisches, Unvorhergesehenes passiert. Eben weil jeder meint, sich in die Situation hineinversetzen zu können, wenn an Bord unausweichlich die Panik ausbricht. Jeder hat schon mal mehr oder minder starke Turbulenzen erlebt und womöglich auch dieses Gedankenenzucken erlebt "O Gott, was ist, wenn wir jetzt abstürzen.." Das Abstürzen mit einem Flugzeug (egal welcher Größe) ist ein kollektiver Alptraum.
Erstaunlich erscheint mir allerdings immer wieder die mediale Resonanz und die daraus resultierende Betroffenheit, wenn (wie jüngst geschehen) ein westliches, gut gewartetes Flugzeug einer namhaften Airline abstürzt oder sonst wie verunglückt und Menschen sterben. Bei vergleichbaren Unglücken in Kirgisien (s.o.) oder Schwarzafrika sind sowohl der Anteil der Berichterstattung als auch die Anteilnahme allgemein deutlich schwächer ausgeprägt.

Medien tendieren nun mal mehr über ein Thema zu berichten, alleine schon, wenn und WEIL es das "Futter" gibt. Weil es Korrespondenten dort gibt, weil es Video-Footage gibt, weil die Unglücksstelle (wie der Madrider Flughafen beim Spanair-Unglück) sehr viel leichter zugänglich ist als etwa ein nordostasiatisches Hochland.
Eine Selbstbeschränkung erscheint dann in diesem Zusammenhang absurd und widersinnig. Oder?

Quelle: http://debatte.welt.de/weblogs/79/jet+bett+reisenotizen/133261/warum+uns+flugzeugungluecke+so+interessieren


Ein guter Artikel.
LG Michael, vormals PM  |  Styria-Mobile