Schwarzfahrer / Kontrollen
Schwarzfahrer flüchten in Gesetzeslücke
Laut einem Spruch der Höchstrichter hätten Kontrollore das Recht, Schwarzfahrer kurzfristig anzuhalten. Experten orten jedoch trotz OGH-Entscheids eine Gesetzeslücke.
Kontrollore öffentlicher Verkehrsunternehmen haben mit einem großen Problem zu kämpfen: Wie sollen sie mutmaßliche Schwarzfahrer daran hindern davonzulaufen, wenn diese keinen gültigen Fahrschein vorzeigen und sich weigern, ihre Identität bekannt zu geben? Im ewigen Kampf "Schwarzkappler" gegen "Schwarzfahrer" haben jetzt die Kontrollore einen gewichtigen Verbündeten bekommen. Der Oberste Gerichtshof hat entschieden, dass diese berechtigt sind, mutmaßliche Schwarzfahrer bis zum Eintreffen der Polizei anzuhalten.
Angemessene Gewalt. In seiner Entscheidung stützt sich der OGH auf die privatrechtliche Bestimmung des Paragraphen 344 ABGB, welcher grundsätzlich den rechtmäßigen Schutz von Besitz mit "angemessener Gewalt" für den Fall des Zuspätkommens behördlicher Hilfe normiert. "Damit begibt sich der OGH in eine gefährliche Richtung", kritisiert Hans Zeger von der "Arge Daten". Das Ziel dieser Identifizierung sei nicht der Schutz von Besitz, vielmehr soll es dem Verkehrsunternehmen ermöglicht werden, mutmaßliche privatrechtliche Ansprüche gegen den Betroffenen auch gerichtlich betreiben zu können. Eine automatische Erweiterung der erlaubten Selbsthilfe zum Besitzschutz auf die Möglichkeit der Geltendmachung von schuldrechtlichen Ansprüchen sei nicht nachvollziehbar, so der Datenschützer. Bedroht sei der öffentliche Verkehr nicht durch einzelne Schwarzfahrer, so Zeger, sondern durch den politischen Sparstift. Mit dieser Entscheidung werde "das Gewaltmonopol des Staates ausgehöhlt und der Schritt in Richtung Selbstjustiz vorbereitet".
Gesetzeslücke. Andere Experten, wie zum Beispiel der Wiener Jurist Christof Tschohl, orten eine Gesetzeslücke, weil auch der zu Hilfe gerufenen Polizei bei einer Verwaltungsübertretung die rechtliche Grundlage für eine Identitätsfeststellung fehle. "Der Polizei kommt eine solche Kompetenz zur Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche nicht zu", ist Tschohl überzeugt, der fordert: "Der Gesetzgeber müsste hier eine eindeutige Rechtslage schaffen."
INFOBOX:
Gerichtsentscheid
Das Anhalten einer unbekannten Person, die des Schwarzfahrens verdächtigt wird, durch Kontrollorgane zur Durchsetzung eines zivilrechtlichen Anspruchs gegen den Schwarzfahrer ist erlaubt und angemessen, auch wenn es die tatbestandliche Mindestdauer einer Freiheitsentziehung erreicht. Sie ist erlaubte Selbsthilfe gemäß §§ 19, 344 ABGB, gegen die keine Notwehr zulässig ist, urteilte der Oberste Gerichtshof (OGH 15Os71/07s) kürzlich.
quelle: kleine.at
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Würde es hier um den Strassenverkehr gehen, gäbe es sicher schon eine eindeutige Regelung.
SG
Grazer111
Liebe Grüße
Martin