16.000 Autos pro Tag rollen auf den Brückenkopf zuDie Sperre der Brückenkopfgasse für die Tram-Linie 8 wird zur Achillesferse des Projekts. Für Rücker ist die Verhängung des Fahrverbots hier ,,sicher erst noch genau zu prüfen".
Gilt für Österreich der Satz, in diesem Land gibt es acht Millionen Teamchefs, müsste er für Graz wohl lauten: In dieser Stadt gibt es 260.000 Verkehrsexperten. Dementsprechend groß war das Echo auf den G7-Exklusivbericht über die geplante Trasse für die neue Tram-Linie 8 zur Hummelkaserne (Leserbriefe auf S. 14/15). Der heftigste Protest entzündet sich vor allem an einer Stelle: am geplanten ,,Fahrverbot ausgenommen Anrainer" in der Brückenkopfgasse, das der Bim eine staufreie Fahrt zum Griesplatz ermöglichen soll. Für Autofahrer ist das ein Horrorszenario.
Wir haben beim renommierten Grazer Verkehrsplaner Kurt Fallast nachgefragt. Der TU-Professor sieht nicht ganz so schwarz: ,,Natürlich wäre das eine klare politische Entscheidung für den öffentlichen Verkehr, die zu Stoßzeiten mehr Stau für den Autoverkehr bedeutet." Aber Chaos bräche keines aus. Die Zahlen: Derzeit rollen täglich rund 30.000 Autos vom Ring auf die Radetzkybrücke zu, 16.000 fahren drüber und 11.500 davon weiter durch die Brückenkopfgasse zum Griesplatz. 4500 biegen links auf den Grieskai ab. Bei einer Sperre der Brückenkopfgasse würden rund 20 Prozent der Autofahrer diesen Engpass großräumig umfahren, 80 Prozent ab der Radetzkybrücke die geplante Umleitung über Grieskai und Zweiglgasse wählen. Letztere ist derzeit eine zweispurige Einbahn vom Griesplatz zur Synagoge am Kai und soll dann auf einer Spur in Richtung Griesplatz geöffnet werden.
Den totalen Infarkt befürchtet Fallast nicht: ,,Die Zweiglgasse weist täglich 11.000 Autofahrten auf, dann wären es bis zu 18.000. Und 9.000 in jede Richtung verträgt diese Gasse." Dennoch plädiert der Experte für ein gelinderes Mittel: ,,Wenn man die Straßenbahn im Mischverkehr mit den Autos durch die Brückenkopfgasse fahren lässt, sind die Folgen deutlich weniger massiv."
Die Stadt müsse nur am Griesplatz ein Linksabbiegeverbot einrichten und die Autos zweispurig Richtung Gürtel führen: ,,Denn Linksabbieger würden die Straßenbahn im Stau aufhalten." Der grünen Vizebürgermeisterin Lisa Rücker ist bewusst, dass ein Fahrverbot in der Brückenkopfgasse die Achillesferse des Projekts ist. Verbeißen sich die Autofahrerlobbys und die Wirtschaft in dieses Detail, könnte die ganze Trasse ins Wackeln kommen.
Rücker sieht das daher pragmatisch: ,,Das ist einmal der Vorschlag des Amtes, der immer mit dem Hinweis versehen war, dass die Folgen des Fahrverbots noch einmal detailliert zu prüfen sind." Es sei also nicht ausgeschlossen, dass es hier zu einer Mischverkehr-Variante komme.
Trasse zum CityparkWas der Koalitionspartner ÖVP begrüßt, wie Bürgermeistersprecher Thomas Rajakovics bestätigt: ,,Dass hier ein Fahrverbot kommen soll, ist sicher noch nicht der schwarz-grüne Konsens für die Trasse der Linie 8." Die Volkspartei drückt auch beim Tram-Anschluss für den Citypark weiter drauf. Rajakovics: ,,Die Gleise hier neu zu verlegen und nicht beim Einkaufszentrum vorbeizuführen, das würde keiner verstehen."
Statt durch die Kärntner Straße müsste der 8er dann entlang des Gürtels nach Süden und via Hohenstaufengasse nach Don Bosco weiter. Rücker ist für diese Variante nur vorsichtig optimistisch: ,,Diese Lösung ist technisch aufwendiger, teurer und leider hat sich der Citypark bei der Wunschtrasse schon einiges selbst verbaut."
Quelle:
http://www.kleinezeitung.at/g7/index.do
Leserbriefe zum Bericht von der Vorwoche:
Die Trasse der ,,Achterbahn" lässt keinen kaltDie G7-Exklusivstory über die geplante Trasse für die Straßenbahnlinie Südwest zur Hummelkaserne sorgt für hitzige Diskussionen: Die Debatte ist eröffnet.Gerhard Ortner, Graz: Mit großem Interesse habe ich Ihren Bericht über die Ausbaupläne der Linie 8 gelesen. Allerdings verstehe ich nicht, warum sich die Stadtplaner so vehement für die Trasse über den Griesplatz einsetzen. Diese bringt nicht nur erhebliche Verkehrsbehinderungen der stark befahrenen Ost-Westachse (Elisabethstraße - Eggenberger Gürtel), sondern auch den Verlust vieler Parkplätze, erhebliche Kosten und eine lange Bauzeit. Warum kann die Linie 8 nicht von der bestehenden Trasse der Linie 5, beginnend ab der Kreuzung Karlauer Gürtel/Herrgottwiesgasse über Herrgottwiesgasse, Fabriksgasse und Hohenstaufengasse zum Nahverkehrszentrum Don Bosco geführt werden? Die Bahn fährt auf der Strecke Jakominiplatz zur Herrgottwiesgasse fast überall auf einem selbstständigen Gleiskörper und wird vom Verkehr kaum gestört. Die Länge der neuen Trasse beträgt einen Kilometer, was einem Viertel der jetzigen Pläne entspricht. Analog dazu würden sich Kosten und Bauzeit reduzieren und der Straßenverkehr würde nicht all zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden. Außerdem wäre eine Errichtung einer Haltestelle beim Citypark kein Problem. Mit dem ersparten Geld könnte die Entlastung der Herrengasse (allerdings über die Neutorgasse) oder eine Verlängerung der Linie 8 realisiert werden. Richard Koschuta, Graz: Die Pläne der Stadtbaudirektion zeigen wenig Sachkenntnis bezüglich der realen Verkehrs- und Wirtschaftsverhältnisse und passen zu den naiven Einschätzungen der Projekte ,,Reininghaus" und ,,Annenstraße als Flaniermeile". ,,Reininghaus" ist bereits gescheitert, die ,,Annenstraße" zum Scheitern verurteilt. Es ist absurd, eine Straßenbahnlinie zur Hummelkaserne, einer geplanten Schlafstadt, zu führen, wenn dafür tagsüber kaum Transportbedarf besteht. Für einen ,,Nahverkehrsknoten Wetzelsdorf" besteht überhaupt kein Bedarf. Der ,,Nahverkehrsknoten Webling" könnte mit geringem Aufwand durch Verlängerung der Linie 5 von Puntigam aus erreicht werden. Gemeingefährlich für die Umwelt sind die künstlichen Staustrecken durch Sperre der Brückenkopfgasse.
Helmut Lang, Graz: Ich verstehe nicht, warum die Stadt Graz für den längst überfälligen Ausbau des Straßenbahnnetzes keine finanzielle Hilfe von Bund und Land erwarten kann. Nur ein gut ausgebautes ÖV-Netz animiert zum Umsteigen. Auch in Wien wird seit Jahrzehnten die U-Bahn vom Bund mit 50 Prozent mitfinanziert. Vorrang für den öffentlichen Verkehr beschränkt sich offensichtlich bei den Geldzuweisungen nur auf Wien. Sind wir schlechtere Steuerzahler? Selbst für den Südgürtel, der nicht zur Verkehrs- und Umweltentlastung, sondern insgesamt zur Mehrbelastung aller Grazer führen wird, ist selbstverständlich genügend Geld von Bund und Land vorhanden. Hier muss schleunigst umgedacht werden!
Quelle:
http://www.kleinezeitung.at/g7/index.do