[...] ich hab jetzt generell die 60er und 70er negativ im Kopf weil da die Straßenbahnlinien reduziert wurden [...]
Grundsätzlich habe ich mich auf die bauliche Entwicklung der Stadt bezogen und die seit den Achtzigerjahren
akut gewordenen Verkehrsprobleme nur als deren Folge am Rande erwähnt.
Aber auch für die Verkehrsplanung gilt eigentlich das gleiche:
Die Reduktion des Straßenbahnnetzes war eine Folge der Verkehrsplanung der 50er- und 60erjahre, die
Streckenstilllegungen im Jänner 1971 waren die letzte Konsequenz des Generalverkehrsplanes von 1961.
In die Siebzigerjahren hingegen fallen entscheidende Verbesserungen wie die Neutrassierung des 5ers
in der Triesterstraße (und damit auch die Rücknahme der geplanten Einstellung dieser Strecke!!!), die
Unterführung in Andritz und die eigene Trasse im Abschnitt Kaiser Josef- Platz / Glacis / Maiffredygasse.
Seither wurde mit Ausnahme des Kaiser Franz Joseph- Kais und der 50m Hochbord neben dem stadteinwärtigen
Gleis in der Körösistraße
keine einzige Maßnahme zur Trennung von Straßenbahn und MIV im Bestandsnetz
mehr getroffen und auch sonst, außer dem eher halbherzigen Umbau zahlreicher Haltestellen und der
stellenweisen Verbesserung der Fahrgastinformation, nicht viel getan, um die Attraktivität des Systems zu
erhöhen....
Recht hast Du natürlich, was den Busbetrieb betrifft, dort wurde seit den Achtzigerjahren wirklich viel
investiert und auch verbessert.
[...] umgekehrt hat es die ganzen Hochhaus-Sünden gegeben. [...]
Das ist, wie Du selbst sagst, Deine subjektive Meinung.
Immerhin hat man es damals noch geschafft, - für die Zeit - adäquaten städtischen Wohnraum zu schaffen,
in den 80er- und 90erjahren ist auf dem Wohnbausektor fast gar nichts weitergegangen.
[...]Und natürlich schließlich Anfang der 70er die Projekte die einen Teil der Altstadt zerstört hätten [..]
In den Sechzigerjahren gab es eine Reihe von Projekten, die die "Altstadt" maßgeblich verändert hätten,
aber die Aussage, diese hätten die Altstadt zerstört, fällt in den Bereich der Spekulation bzw ist wieder rein
subjektiv.
Bevor das jetzt wieder missverstanden wird: ich bin der letzte, der sich Hochhäuser in der Innenstadt wünscht,
aber der Jakominiplatz, auf den Du ja da wahrscheinlich anspielst, würde einen städtebaulichen Akzent
durchaus vertragen.
Heute wird die Altstadt halt durch den Bau von Tiefgaragen, zahlreiche zugestaute und verparkte Straßen,
genauso aber natürlich auch durch die Ansiedlung von Einkaufszentren an der Peripherie, zerstört.
Die Entwicklung einer lebendigen Altstadt wird auch maßgeblich dadurch verhindert, dass es aufgrund des
übertriebenen und auch oft falsch verstandenen ,,Schutzzwanges" nicht möglich ist, die hier im Übermaß
vorhandenen, brachliegenden Flächen - va die meist ungenutzten Dachgeschoße - einer adäquaten
Nutzung zuzuführen.
[...] über die Fußgängerzone [...]
Die Fußgängerzone in der Herrengasse wurde am 15. 11. 1972 eingeführt, und ist damit auch eine
Errungenschaft der Siebzigerjahre.
[...] Ich würde nicht sagen, dass wir uns 2003 blamiert haben [...]
Du zählst aber trotzdem genau die Punkte auf, die mich zu dieser Behauptung veranlasst
haben, allerdings fällt mir ergänzend da noch die Fertigstellung des Kunsthauses gegen
Ende des Jahres 2003 ein...
[...] aber jetzt werden die Privatpersonen teilweise schon überreguliert [...]
In der letzten Zeit hast Du aber gerade immer die fehlende (Über)Regulierung bei Projekten von
Privatpersonen und -firmen kritisiert... (und das, wie ich finde, oft nicht zu Unrecht, die städtebauliche
Zukunft von Graz darf aber nicht von solchen Einzelprojekten abhängig sein)
da muss man aufpassen, dass man nicht die Studenten vergrämt - die sind auch wichtig für die Stadt.
Da kann ich Dir jetzt auch nicht ganz folgen, wieso sollte eine forcierte Stadtentwicklung die
Studenten vergrämen. Ich sehe in den Studenten - auch deshalb, weil diese mehrheitlich nicht
aus Graz stammen - noch die "Schicht", die am ehesten an einer zukunftsfähigen Entwicklung
dieser Stadt interessiert ist.
LG Rainer