Der langjährige Grazer Bürgermeister Alfred Stingl ist kurz nach seinem 86. Geburtstag gestorben:
https://www.kleinezeitung.at/steiermark/graz/19743629/langzeitbuergermeister-alfred-stingl-ist-mit-86-jahren-gestorben
Herzliches Beileid an alle, die ihn persönlich gekannt bzw als aktiven Politiker erlebt und geschätzt haben.
Neben seinem Einsatz für soziale Belange war er auch ein starker Befürworter für den Ausbau der Straßenbahn. Leider blieb ihm dabei durch den Zeitgeist der große Erfolg versagt.
Mein Bürgermeister - R.I.P.
W.
Zitat von: Sanfte Mobilität am 31 05, 2025, 08:19Mein Bürgermeister - R.I.P.
W.
"Wie wahr, wie wahr".
Was waren denn seine großen Sprünge für den ÖPNV?
Zitat von: Hilde B. am 31 05, 2025, 15:47Was waren denn seine großen Sprünge für den ÖPNV?
In einer Zeit, in der die Straßenbahn Graz ein zumindest Teil-Einstellungskandidat war, wurden mit dem Neubau der Remise 1, der Verlängerung der Linie 1 zum UKH (nur ein kleines Stück, aber mit großer Bedeutung) sowie dem Umbau des Jakominiplatzes ein klares Bekenntnis zur Straßenbahn in Graz gesetzt. Weiters fällt hier der Grazer-Tarif-Verbund hinzu, aus welchem quasi der Verkehrsverbund Steiermark wurde, sowie die Einführung eines generellen Taktfahrplans und Verdichtungen der Takte etc.
Vieles als kongeniales Duo zusammen mit Erich Edegger, der leider viel zu früh verstorben ist.
Dessen Nachfolger wollte nicht mehr zusammen mit dem Bürgermeister an einer Sache arbeiten, sondern wollten ihm möglichst viele Beine stellen und blockieren wo geht, unter anderem wurde derart vom vorgeschobenen Wirtschaftsbund unter Federführung von Siegfried Nagl just die Innenstaftentlastung blockiert und zu Fall gebracht.
Die Verlängerungen der Linien 4, 5 und 6 (die eigentich schon davor) gehen ebenfalls noch auf Initiativen aus der Ära Stingl zurück, wurden jedoch erst danach finalisiert.
Hier ein persönlicher Nachruf
Anfang der 90er-Jahre lernte ich BM Alfred Stingl persönlich kennen.
Damals war ich gerade mit der Organisation einer Techn. Fachtagung in Graz befasst.
Erst 2001 war ich dann bei einem Bürgermeisterempfang [nach einer Veranstaltung] im Rathaus eingeladen und Hr. BM Stingl sagte freundlich zu mir: "Ihr Gesicht kenne ich schon, aber ich weiß momentan nicht woher." Ich war total verblüfft. Was für eine Menschenkenntnis!
Kurz vor seiner Pensionierung plauderten wir einmal in der Straßenbahnlinie 7 auf seinem Weg zur Arbeit. Er schwärmte von der belgischen Stadt Hasselt vor, wo die Stadtverwaltung für seine Bürger soeben die Freifahrt für seine Bürger beschlossen hatte.
Im nachhinein denke ich mir heute, dass sich BM Stingl dasselbe auch für Graz gewünscht hätte.
Es gab noch öfter Sichtkontakt in der Straßenbahnlinie 7, wobei wir uns nur stets freundlich zunickten, weil BM Stingl mit anderen Fahrgästen im Gespräch war.
Jahre später, als ich einmal mit meinem Kontrabass im 7er unterwegs war, sprach mich Alfred Stingl mit folendem Wortlaut an:
"Ich wusste gar nicht, dass Sie ein so tolles Instrument spielen." Also wurde ich von ihm wiedererkannt!
Das war auch unser letztes zufällige Aufeinandertreffen.
Was ich nun den jüngeren Lesern mit diesen Anekdoten vermitteln möchte ist, welch besondere Person Alfred Stingl war.
Trotz seinem täglichen Umgang mit den "Großkopferten", war er auch immer den "normalen Bürgern" seiner Stadt sehr nah.
Und ich war ganz sicher nicht der Einzige mit dem er sich interessiert in der Straßenbahn unterhalten hat!
Er war auch mein Bürgermeister.
Danke.
Natürlich sind die großen Projekte erste später gekommen, aber unter Stingl/Edegger kam unter der Philosophie "Sanfte Mobilität" flächendeckend Tempo 30, Parkraumbewirtschaftung, der Taktfahrplan 1990, mit der Verlängerung der Linie 1 zum UKH die erste wirkliche Tramverlängerung seit den 1930ern, dazu noch der Umbau des Jakominiplatzes. Die 6er-Verlängerung scheiterte zwar, kam dann 10 Jahre später endlich ...
W.
Die Augartenbrücke soll nach Alfred Stingl umbenannt werden:
https://steiermark.orf.at/stories/3322280/