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Thema: Graz auf dem Abstellgleis (2657-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema

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  • Michael
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Graz auf dem Abstellgleis

Graz auf dem Abstellgleis

Die ÖBB streichen Züge, Flugverbindungen ab Graz wackeln. Experten befürchten, Graz büßt dadurch wirtschaftlichen Aufschwung ein.


Die Flüge nach Innsbruck - gestrichen. ÖBB-Direktverbindungen nach Salzburg - von bisher sechs auf nun drei gestrichen. Graz-Linz direkt - gestrichen. Sechs Direktzüge täglich in die Kulturhauptstadt 2012, Marburg, - gestrichen.

Und vom Flughafen Graz-Thalerhof? Zehn direkte Linienflüge in Städte heben im Sommerflugplan von Graz ab. Das sind genauso viele oder wenige wie vor zehn Jahren auch. Ist die Stadt in puncto öffentlicher Verkehr völlig auf dem Abstellgleis? Und was heißt das für die Wirtschaft?

Messe-Vorstand Armin Egger, der pro Jahr über eine Million Gäste nach Graz holt, im Schnitt eigenen Angaben zufolge 65 Kongresse pro Jahr nach Graz holt, von denen ein Viertel international wahrgenommen wird, leidet: "Die Erreichbarkeit ist definitiv einer der wichtigsten Kriterien und leider immer wieder einer der Faktoren, der unsere Veranstaltungs- und Verkaufsbemühungen erschwert. Das Umsteigen ist an sich schon ein Knock-out-Kriterium für eine Destination." Wolle Graz internationaler werden, bräuchte es mehr und bessere Bedingungen. In der Luft und auf Schiene. Zum Beispiel nach Italien: "Dieser Markt ist für uns kaum greifbar, da große Veranstalter in Rom und Mailand sitzen." Dort geht direkt gar nichts.


Einmal verloren, immer verloren

Auch Wirtschaftsforscher Raimund Kurzmann vom Joanneum Research zeichnet angesichts der Streichungen ein düsteres Bild: "Die Wirtschaftsprognosen für das Ballungszentrum Graz sind ziemlich gut. Die Nachfrage steigt weiter, ebenso die Beschäftigung, die gegenüber dem Vorjahr um 1,8 Prozent höher ist. Auch 2012 wird sie steigen, ist deutlich über dem Österreichschnitt." Er hält es deshalb für gefährlich, den öffentlichen Verkehr auszuhöhlen. "Bei der Infrastruktur ist es so: Verliert man Verbindungen einmal, bekommt man sie kaum wieder zurück. Und wenn Betriebe einmal weg gehen, weil sie anderswo bessere verkehrstechnische Anbindungen haben, kommen sie auch nicht mehr zurück."

Wer ganz besonders auf Verbindungen nach Deutschland angewiesen ist, sind die Automagneten im Grazer Umland: Magna, AVL, TCM und Krenhof. Der neue steirische Autocluster-Chef Karl Ritsch betont: "Nach Deutschland kommt man via München, Frankfurt, Wien (Anm. alle vier Mal täglich von Graz aus) ganz gut hin. Was fehlt

ist aber eine Direktstrecke nach Hannover oder Hamburg, um schneller in Wolfsburg zu sein." Und: "Von Graz kommt man gut raus in die großen deutschen Städte, aber der erste Flieger aus Frankfurt landet erst um 9.40 Uhr in Graz. Das ist oft zu spät."

Experte Kurzmann fürchtet zudem die direkte Konkurrenz. "Marburg könnte uns den Rang als Verkehrsknotenpunkt ablaufen." Die Fakten dazu: "Die Einwohnerzahl von Graz steigt kontinuierlich, 2010 bis 2030 wird ein weiteres Wachstum von plus 9,7 Prozent bzw. plus 25.200 auf 286.800 Einwohner erwartet." Graz ist also ein wachsendes Ballungszentrum, dessen Verbindungen in die Außenwelt gekappt werden.

Eine Sackgasse? Für Steiermark-Tourismus-Chef Georg Bliem läuten die Alarmglocken: "Ich suche mir neue Partner wie die Deutsche Bundesbahn", sagt er im G7-Interview (siehe rechts), "Zusperren sagen", kritisiert er die ÖBB, sei zu wenig.


Retour auf die Straße

Auch Ronald Kiss, Verkehrsexperte von FP-Landesrat Gerhard Kurzmann, poltert: "Ich sehe nicht ein, dass Graz keine akzeptablen Hauptstadtverbindungen mehr hat, außer jene nach Wien." Seine Befürchtung: Der Verkehr gehe zurück auf die Straße. "Ich weiß von Spediteuren, die aus Kostengründen wieder von Bahn auf Lkw umrüsten. Derzeit verzeichnen wir in Graz bereits 70 Lkw-Fahrten pro Tag mehr als vor ein paar Monaten."

Und wer steuert dagegen? Am Flughafen werden derzeit Wunschdestinationen abgefragt. Fragt sich nur, wer die Wünsche erfüllen soll.

Quelle: http://www.kleinezeitung.at/g7/2802182/graz-dem-abstellgleis.story







Georg Bliem: "Ich suche mir neue Partner"

Interview mit dem Chef vom Steiermark-Tourismus.


Herr Bliem, gestrichene Zugverbindungen, und Flüge, die wackeln. Sehen Sie wegen zu geringer Direktverbindungen den Freizeit-Tourismusstandort Graz gefährdet?

GEORG BLIEM: Die Situation ist sicherlich nicht erfreulich und ganz ehrlich, ich verstehe manche Dinge auch nicht. Zum Beispiel frage ich jetzt ganz provokant: Warum fährt die Deutsche Bahn zweimal täglich nach Graz, von Saarbrücken und von Frankfurt über Salzburg, und jammert nie. Da scheint alles in Ordnung zu sein. Die ÖBB aber jammert immer und streicht Direktverbindungen nach Salzburg.

Was läuft da Ihrer Meinung nach falsch? Wenn die Auslastung nicht passt, bleibt der ÖBB ja offenbar nichts anderes übrig.

BLIEM: Aber "Zusperren"-Sagen ist einfach. Viel besser ist es, darüber nachzudenken, was man verbessern könnte. Ich denke nun intensiv darüber nach, ob wir die Deutsche Bundesbahn nicht viel stärker als Kooperationspartner einbinden. Oder über die Alternativen zur ÖBB in Richtung Westen. Ich habe mir fix vorgenommen, mir hier neue Partner zu suchen. Das steht auf meiner Agenda ganz oben.

Was machen die Deutschen um soviel besser?

BLIEM: Die haben ein super Marketing. Wenn die Züge einmal weniger gut ausgelastet sind, gehen sich flexibel mit dem Preis runter. Teilweise fahren Kinder gratis in die Steiermark und so weiter.

Auch die mangelhafte Verbindung via Thalerhof wird kritisiert.

BLIEM: Was mir wirklich weh tut, ist der Verlust von Innsbruck. Da war die Marketing-Kooperation schon geplant. Ich muss aber einmal sagen, der Flughafen selbst macht einen super Job. Aber um den Standort Graz muss man intensiv kämpfen. Der internationale Markt ist sehr sensibel, da muss man halt aufpassen.

Hat man denn nicht aufgepasst?

BLIEM: Wir haben aufgepasst. Je mehr in Graz landet, desto besser für uns, das wissen alle. Aber der Tourismus allein kann das nicht heben. Vor allem die Wirtschaft muss mitziehen, immerhin sind 80 Prozent in Graz Geschäftstouristen. Also ist auch die Wirtschaft gefordert.

Welche Direktflüge würden Sie sich wünschen?

BLIEM: Eine Direktverbindung Graz-Hamburg. Auch mit der Bahn. Eine Ausweitung beim Zürich-Angebot ist ebenfalls dringend notwendig. INTERVIEW: ROBERT PREIS

Quelle: http://www.kleinezeitung.at/g7/2802300/georg-bliem-ich-suche-neue-partner.story
LG Michael, vormals PM  |  Styria-Mobile