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Thema: Was blieb von Graz 2003? (1824-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema

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  • Michael
  • Styria Mobile Team
Was blieb von Graz 2003?
Künstlerisch war Graz 03 ein voller Erfolg - darüber ist man sich einig in Graz. Aber geblieben sind von Graz 03 vor allem die Kulturbauten. Die futuristische blaue Blase des Grazer Kunsthauses und die Murinsel daneben sind beliebte Fotomotive für Touristen.

Aber während die Murinsel immer noch keine Funktion gefunden hat - und das Café darauf bereits eine Handvoll Pächter verschlissen hat - ist das Kunsthaus ein echter Nutznießer von Graz 03, weiß Intendant Peter Pakesch: "Die Besucherzahlen sind zwischen 70.000 und 80.000 pro Jahr. In den ersten beiden Jahren hatten wir sogar 120.000. Das war der berühmte Anfangseffekt. Wir haben ein Drittel Besucher aus der Stadt selbst, ein Drittel aus Österreich allgemein und ein weiteres Drittel Touristen aus dem Ausland."

Prestigebauten auf Kosten der Freien?
Weitere Bauten, deren Entstehen das Kulturhauptstadtjahr zumindest beschleunigt hat, sind etwa die Helmut List Halle, das Kindermuseum oder das Literaturhaus. Aber gerade da hakt auch Kritik ein. Die Folgekosten der Bauten (Betriebs- und Personalkosten) hätten nach 2003 zu Kürzungen im Kulturbudget geführt, die vor allem die freie Szene spüre.

Michael Petrowitsch, der in der IG Kultur die freie Szene vertritt: "Graz hat sich bis heute finanziell kaum davon erholt, wie wir wissen. Die freie Szene, aber auch die größeren Häuser werden permanent hinunter evaluiert. Es gibt Kürzungen von zehn bis 15 Prozent, Künstler verlieren ihre Förderverträge. Ich würde sogar fast sagen, ein Bau weniger hätte der Stadt auch nicht geschadet und das Geld hätte man besser in die Freien investiert."

Gewinner und Verlierer
Was also ist inhaltlich geblieben von Graz03? Mathis Huber, Intendant des Musikfestivals Styriarte steht auf der Gewinnerseite. Nicht nur die Opernproduktionen sind seither ein fester Bestandteil der Styriarte, auch das seither jährliche Osterfestival Psalm ist ein Kind von Graz 03.

Andere Kultursparten stehen weniger gut da. Von der bildenden Kunst ist so gut wie nichts mehr im Stadtbild zu sehen. Zugegeben: die Kunst im öffentlichen Raum war immer nur als Kunst auf Zeit konzipiert. Aber zwei der Werke waren absolute Publikumslieblinge: der schwarze Uhrturmschatten am Schloßberg - das wohl meistfotografierte Sujet von Graz03 - und der Marienlift. Beide fristen heute ihr Dasein anderswo.

Post-Kulturhauptstadt-Depression?
Die Bilanz vieler Kulturschaffender: die Kulturpolitik hat Angst bekommen vor dem Erfolg von Graz 03 und ist auf die Bremse gestiegen. Der Künstler Martin Kriesche sagt dazu: "Wenn man von Graz 2003 etwas lernen darf, dann, dass die Kunst und Kultur in diesem Jahr so eine Ausdrucksstärke erreicht hat, dass sie in den Folgejahren im Zuge dieses Rückbaus eher als Störfaktor empfunden worden ist. Damit leben wir jetzt und das macht die Depression so stark spürbar. Innerhalb der letzten sechs Jahre ist keine - auch nur annähernde - qualitative Leistung in dieser Stadt erbracht worden. Es hat keine Anstrengung gegeben, um das höhere Niveau, das 2003 erbracht hat, wieder zu erreichen."

Die Grazer Kulturpolitik sieht das alles weniger drastisch. Kulturstadtrat Wolfgang Riedler, er war 2003 noch nicht für die Kultur verantwortlich: "Man kann immer alles besser machen und sind auch im Rückblick die Fehler leichter zu erkennen. Aber wir können in Graz nicht von einer künstlerischen oder kulturpolitischen Depression reden."

Die Meinungen gehen also auseinander und man kann gespannt sein, was man nach 2009 aus Linz hören wird.

Quelle: http://oe1.orf.at/inforadio/101421.html?filter=5
LG Michael, vormals PM  |  Styria-Mobile