Heimische Thermen geraten unter DruckLand will Therme Loipersdorf 1,3 Millionen Euro erlassen, ein neuer Gesellschafter soll mit frischem Kapital an Bord. Der Kampf um den steirischen Wellness-Kuchen wird härter.
Das Geschäft mit dem heißen Wasser läuft immer noch gut, doch es wird immer enger am Markt
Keine Liquiditätsengpässe, keine Probleme, nur neue Herausforderungen - der Geschäftsführer der Therme Loipersdorf Peter Kospach wies gestern entschieden zurück, dass es in der steirischen Paradetherme Finanznöte gebe. Und doch muss einer der erfolgreichsten Wellness-Betriebe des Landes neu aufgestellt werden. Tourismus-referent Hermann Schützenhöfer bestätigte, dass ein strategischer Partner an Bord gehen soll. Eine Empfehlung von Wirtschaftsprüfer Klaus Rabel, der insbesondere auch die "komplexe Gesellschaftsstruktur" als Hemmschuh benennt. Klare Strukturen und umfangreiche Investitionen seien gefordert. In Hinblick auf die Neuordnung stundete das Land aushaftende Verbindlichkeiten - es dürfte dem Investor entgegenkommen und auf rund 1,3 Millionen Euro an Grundstücksablösen überhaupt verzichten.
Bestätigung. Tatsächlich bestätigt auch Hans Urschler, Bürgermeister von Großwilfersdorf und Sprecher jener oststeirischen Gemeinden, die 51 Prozent an der Therme halten: "Wir tanzen alle nicht mehr auf Gold. Loipersdorf muss kräftig investieren, um bei diesem übersättigten Markt bestehen zu können." Urschler ist im Gegensatz zu früher sogar bereit, auf eine Sperrminorität zu verzichten.
Triste Lage. Die Situation der Wellness-Spezialisten scheint alles andere als rosig. Nicht nur in der Steiermark, auch jenseits der Grenzen wird der Markt enger. Heuer im Herbst sperrt die Grimming-Therme in Bad Mitterndorf auf, auch die neue Konkurrenz in Wien-Oberlaa oder im ungarischen St. Gotthard bereitet heimischen Managern Kopfzerbrechen. Georg Bliem, steirischer Tourismus-Chef: "Der Kuchen wird nicht größer, immer mehr Betreiber raufen sich um die Stücke. Die einzelnen Thermen müssen sich mit Gesamtpaketen in Nischen klar positionieren."
Spitzenplatz. Loipersdorf habe die Nase immer noch vorne, ist Geschäftsführer Kospach überzeugt: "Wir haben 2008 wieder ein leichtes Plus auf fast 630.000 Gäste verzeichnet." Mit einem millionen- teuren Hotelprojekt und speziellen Angeboten für Jugend und Familie will man den Spitzenplatz behaupten. Insgesamt schwächelt die Thermenregion aber, was die Tageseintritte angeht. Hier haben die Betriebe in der Ost- und Südsteiermark (Radkersburg, Blumau, Gleichenberg, Waltersdorf, Sebersdorf und eben Loipersdorf) vier Prozent eingebüßt. Mit ein Grund, so Kospach: "Viele kommen nur am Abend oder Sonntagnachmittag, zu ermäßigten Eintritten."
Aufwind. Bei der Nächtigungsentwicklung spürt man aber noch einen Aufwind: 966.586 Übernachtungen im Jahr 2008 sind ein Plus von 26.109 Gästen im Vergleich zu 2007 (plus 2,78 Prozent).
Sorgen und Hoffnung. Die Sorgenkinder sind die neuen kleineren Thermen Nova in Köflach und Aqualux in Fohnsdorf. In der Weststeiermark brauchte man 2006/07 1,5 Millionen Euro aus dem Steuertopf, um nicht unterzugehen. Jetzt läuft es besser (siehe links). In Fohnsdorf ist man immer noch auf das Prinzip Hoffnung angewiesen.
HELMUT BAST, CLAUDIA GIGLER, BERND HECKE, ULRICH DUNST
THERMEN & MILLIONENLoipersdorf: Das Land hat 34,7 Tourismusmillionen investiert; 24 Millionen durch den Verkauf an Gemeinden und Wirtschaftstreibende wieder erlöst.
Bad Radkersburg: 13,6 Tourismusmillionen investierte das Land; 7,3 brachte es über den Verkauf wieder herein.
Bad Gleichenberg: Das Land erwarb die Therme 1989 und verkaufte sie 2002 weiter - 12 Tourismusmillionen flossen.
Köflach: 7,3 Tourismusmillionen wurden investiert, das Gemeinderessort (Voves) steuerte zwei Millionen, die Umlandgemeinden 727.000 Euro bei.
Bad Mitterndorf: 6,7 Tourismusmillionen und 2,5 Millionen vom Gemeinderessort flossen.
Fohnsdorf: Fünf Millionen Euro von Tourismus und Gemeindereferent flossen
Blumau: Das Land gab ein Darlehen von 9,6 Millionen und verzichtete auf die Hälfte.
Bad Waltersdorf: 1,15 Tourismusmillionen flossen.
Therme Köflach: Entgegen dem allgemeinen TrendUnternehmen bekommt wieder Oberwasser.
Obwohl der Therme Nova in Köflach das Wasser schon bis zum Hals stand, wurde mit finanzieller Unterstützung des Landes die Kehrtwende geschafft. "Im Vorjahr hatten wir 230.000 Tagesgäste. Das ist ein Plus von fünf Prozent gegenüber 2007", so Geschäftsführerin Elke Brandstätter. Mit speziellen Angeboten für Senioren und Familien konnte man die Zahlen auch an schwachen Tagen nach oben schrauben. Im Thermenhotel liegt die Auslastung sogar bei 99 Prozent. Verträge mit Pensionsversicherung, Versicherung für Eisenbahnen und Bergbau sowie der "Merkur" garantieren das.
Schulden. 2006/07 musste das Land hingegen noch 1,5 Millionen Euro zuschießen. Nachdem man bereits 2004 mit einem Schuldenstand von 38 Millionen Euro gestartet war, fürchtete man damals, das Unternehmen könnte zahlungsunfähig werden.
Besucher. Die meisten Gäste, rund 40 Prozent, kommen aus dem Bezirk Voitsberg selbst. Ein Fünftel stammt aus Graz, ein weiteres aus Kärnten. Die restlichen 20 Prozent kommen aus der Süd- und Obersteiermark.
MONIKA SCHACHNER
Therme Fohnsdorf: Gemeinde bei Rückzahlung am LimitOhne weitere Mittel des Landes geht sich's nicht aus.
In Fohnsdorf brennt der Hut: Im ersten Betriebsjahr weist die Therme einen Bilanzverlust von 1,6 Millionen Euro aus, ohne Abschreibungen und Zinsen einen Verlust von 400.000 Euro. Seit Jänner müssen an die Kommunalkredit die Baukosten zurückgezahlt werden - 1,2 Millionen Euro pro Jahr. Die erste Rate - 300.000 Euro - berappte die Gemeinde, alles weitere steht in den Sternen. Vermeintliche Rettungsanker wie Tilgungsfreiheit für ein Jahr oder Umschuldung wurden von Gemeindeaufsicht und Banken verwehrt. "Ob wir Rückzahlungen stunden müssen, wird sich in den nächsten Wochen entscheiden", sagt Bürgermeister und Thermen-Geschäftsführer Johann Straner.
Auslastung. Nach Ende des dritten Vollbetriebsjahres rechnet Straner dennoch "mit einer schwarzen Null". Mehr Auslastung soll ein geplantes Hotel bringen. 2008 verzeichnete man 140.000 Gäste, 200.000 reichen für die schwarze Null - allerdings noch ohne Rückzahlung. Gemeindereferent Franz Voves hat schon im Vorjahr 1,6 Millionen Euro zum Gemeindehaushalt zugeschossen. Tendenz steigend.
JOSEF FRÖHLICH
Für die Luxustherme wird's engEigentümer der Therme Loipersdorf erbaten bei Landesregierung Stundung von einer Million Euro. Besucherrückgang und der hohe Kaufpreis 2002 bringen die beteiligten Gemeinden ins Schwitzen.
Durchtauchen heißt es für die Therme Loipersdorf: Eigentümer bitten Land um Schuldenstundung Foto: LR Manfred Hinterleitner
Sie ist die Paradetherme der Grünen Mark, doch nun wird es für das Unternehmen nahe Fürstenfeld, an dem die umliegenden Gemeinden zu 51 Prozent beteiligt sind, offensichtlich eng. Vorigen Donnerstag hatte der Sprecher der Bürgermeister, der Ortschef von Großwilfersdorf Hans Urschler, seine Kollegen zu einer Krisensitzung einberufen.
Das Resultat: Die Eigentümer haben nun die Landesregierung um Hilfe gebeten. Das Land solle den Thermeneigentümern eine Schuldenrückzahlung stunden. Urschler zur Kleinen Zeitung: "Ja, wir haben um eine Stundung bis Juni gebeten!" Es geht um mehr als eine Million Euro aus Grundstücksablösen.
Der Besucherrückgang der letzten Jahre von rund 800.000 auf 600.000, den der Thermen- Boom im Steirerland ausgelöst hat, aber auch die Wirtschaftskrise dürften die Liquidität arg in Mitleidenschaft gezogen haben. Und der einstige Kaufpreis beim Deal 2002 von 23,9 Millionen Euro lastet schwer auf den Eigentümern. Urschler will die Lage der Therme aber nicht weiter kommentieren, auch die anderen Bürgermeister halten sich bedeckt.
Eigentümerwechsel. Einmal mehr steht aber ein Eigentümerwechsel im Raum, der Sparstift soll massiv angesetzt werden. Gerüchte über Kündigungen wollte gestern aber niemand bestätigen.
BERND HECKE, GÜNTER PILCH
Kurschatten
Die steirischen Thermen sind eine Erfolgsgeschichte. Sie haben eine ganze Region fit gemacht und unserem Tourismusland auf die Beine geholfen. Und doch sind sie keine Selbstläufer mehr, denn mittlerweile kocht man auch jenseits der Landesgrenzen erfolgreich mit Wasser.
Bei den Betrieben Blumau und Köflach musste das Land Steiermark schon finanziell nachhelfen. In Fohnsdorf sprudelt zwar das Wasser für die Aqualux, eine sprudelnde Geldquelle hat sich damit aber vorerst nicht aufgetan (Seiten 14/15). Und jetzt erlässt das Land auch noch der Parade-Therme Loipersdorf 1,3 Millionen Euro für Grundstücksablösen. Die ursprünglich rund eine Million hat das Land seit 2005 verzinst gestundet, jetzt verzichtet die Politik darauf. Gleichzeitig muss Loipersdorf seine Fremdfinanzierungen strecken und die Eigentümer erwägen einen neuen Gesellschafter mit neuem Kapital an Bord zu holen. Das alles, so die Geschäftsführung, hat weder mit Liquiditätsengpässen zu tun, noch habe man sonst Probleme. Allein, es besteht offenbar Handlungsbedarf, sich neu aufzustellen. Weil die Kannibalisierung der Thermen gerade erst beginnt.
Die Einnahmen sprudeln in den Thermen schon verhaltener. Auch weil die Politik den Markt selbst eng gemacht hat. Bleibt zu hoffen, dass die Finanzspritzen aus dem Steuertopf nicht zur Langzeittherapie werden.
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