Verliert die Straßenbahn in Graz NUR ihr Gesicht?Seit mehr als 50 Jahren war die Straßenbahn in Graz von diesem "Gesicht" geprägt: Die Düwag-Front im amerikanischen PCC-Design ist nach wie vor eines der am häufigsten gebauten Straßenbahn-Gesichter auf der ganzen Welt. In Graz gab es neben den 23 Sechsachsern der Type "260", von denen ja vier Stück zu Achtachsern verlängert wurden, auch fünf gebraucht beschaffte Fahrzeuge aus Wuppertal sowie drei aus Wien, die über dieses Design verfügten.
Bis in die 1990er Jahre waren Straßenbahnen mit diesem Design in Graz in der Überzahl, was sich erst durch die Abstellung der "Wuppertaler" und Inbetriebnahme der ebenfalls gebrauchten "Duisburger" geringfügig änderte: Zweitere sind wie die Grazer Baureihe 500 vom Typ "Mannheim", was gewissermaßen als Nachfolge-Design betrachtet werden kann.
Derzeit gibt es nur mehr ein Fahrzeug im Linienverkehr, das über die klassische PCC-Front verfügt und zwar ist dies ein Umbaufahrzeug der Baureihe 580, die Ende der 1990er Jahre in der GVB-Werkstätte zu Achtachsern verlängert wurden. Im Gegensatz dazu stehen bereits mehr als 25 zugelassene (von 30 gelieferten und 45 bestellten) Variobahnen, die nunmehr farblos durch die Stadt donnern und das eigentlich gute Image der Grazer Straßenbahn langsam und nachhaltig aber sicher schädigen!
Im Gegensatz zu vielen anderen Straßenbahnbetrieben in Europa hat man in Graz den Sprung zu einem modernen und attraktiven Straßenbahnbetrieb ordentlich verschlafen:Nicht nur dass jegliche Straßenbahnnetzausbauten immer wieder auf die lange Bank geschoben werden und man es nicht einmal schafft, die so wichtige Innenstadtentflechtung zu bauen, verkehren in Graz nach wie vor nur kurze - gerade einmal 27 Meter lange - Straßenbahngarnituren. 40 Meter Länge und mehr stellen jedoch mittlerweile den internationalen Standard dar.
Auch bei den Fahrzeugen selbst gibt es leider nicht viel positives zu berichten: Die neuen Variobahnen kommen dabei seit Ihrer Inbetriebnahme nicht aus den Schlagzeilen. - Offenbar ist doch mehr an den Problemen dran, als uns Politik und Holding glauben machen wollen:
Wir haben uns selbst überzeugt.Die Argumente der Variobahngegner, was Erschütterungen und Sekundärschall betrifft, beruhen auf Tatsachen und sind keinesfalls Spinnereien von einzelnen, davon konnten wir uns auch - leider - persönlich überzeugen!
Die Graz Linien sprechen zwar davon, dass alles in Ordnung sei, was ja rechtlich gesehen auch stimmt, allerdings ist die Situation für so manchen Anrainer alles andere als befriedigend.
Ja die Fahrzeuge sind ordnungsgemäß zugelassen und entsprechen allen Normen, aber leider sorgen sie auch für Unmut bei einer Vielzahl an Anrainern durch Erschütterungen. Der Unterschied zu allen anderen Fahrzeugtypen ist
eklatant merkbar. - Man mag nun meinen, die Herrschaften sollen sich nicht alterieren, aber das Problem ist einerseits ein Faktum und andererseits sind die Fahrzeuge von der Presse schon lange als Donnerbahnen bzw. Donnerwalzen verschrien.
Für die Zukunft gibt es dabei natürlich ein großes Problem, da vor allem bei Neubaustrecken natürlich mit erheblichen Anrainerprotesten zu rechnen sein wird. Dagegen muss von Seiten der Politik und der Holding Graz schnellstens etwas unternommen werden, um das Image der Straßenbahn nicht nachhaltig zu schädigen!
Traumgondeleien helfen zwar beim Verdrängen oder Überspielen dieses Problems, sind aber für eine lösungsorientierte Verkehrspolitik in Graz absolut unbrauchbar.
Die aktuelle Situation beim Bau der neuen Wendeschleife in St. Leonhard, wo die Med-Uni Verantwortlichen im Vorfeld bereits unter "Erschütterungsangst" leiden, zeigt leider auch sehr gut, dass man mit Sondergleisbau, Langsamfahrstellen und Zwangshalten zur Anrainerbeschwichtigung den falschen Weg eingeschlagen hat.
Nun bekommen Stadt und Linien quasi die Rechnung präsentiert, denn die Verantwortlichen in der Stiftingtalstraße möchten eine "garantierte Erschütterungsfreiheit" haben. Man darf gespannt sein, was der Gemeinderat in dieser Causa morgen beschließt.
Ist die Variobahn ein Fehlkauf? Fahrzeuge sind zu klein (zu kurz) -
Platzaufteilung im Fahrzeug nicht optimal
Zu wenig und zu langsame Türen für schnellen Fahrgastwechsel
Fahrzeuge wirken sich - wie auch die Cityrunner - schlecht auf den allgemeinen Gleiszustand aus (Abnutzung)
Konstruktionsbedingt kommt es leider zu Erschütterungen in einigen Gebäuden - nicht zuletzt wegen großer ungefederter Massen
Das farblose Design erschwert eine emotionale Bindung der Bürger zum Fahrzeug
Die Bestellung aller 45 Bahnen auf einmal war natürlich auch ein großer Fehler, hier hätte man einmal eine geringe Stückzahl zum Testen beschaffen sollen und den Rest als Option
Opfer des SparkursesAuch die anderen älteren Fahrzeuge runden mit einem teilweise desolaten Lackierungszustand, einem ungepflegten Innenraum oder schlechten Wartungsgrad (=höhere Geräuschentwicklung) das derzeitige Erscheinungsbild des Straßenbahnbetriebs der Graz Linien ab. Liegengebliebene Fahrzeuge, fehlerhafte oder nicht vorhandene Fahrgastinformation sowie mangelndes Störungsmanagement stehen dabei leider auf der Tagesordnung.
Top-BusbetriebBeim Autobusbetrieb der Graz Linien ist von all dem nichts zu merken, es stehen die neuesten Gelenkbusse in ausreichender Anzahl zur Verfügung, die Busse sind sauber und gut gepflegt und nicht zuletzt deswegen kommen immer mehr Stimmen auf, Straßenbahn- durch Buslinien zu ersetzen.
FazitGraz ist - noch - eine Straßenbahnstadt und die Verantwortlichen sollten eigentlich das größte Interesse daran haben, das dies so bleibt. International aber auch in allen anderen Straßenbahnstädten Österreichs geht der Trend eindeutig zur Attraktivierung, zum Ausbau bis hin zum kompletten Neubau von ganzen Straßenbahnnetzen. In Graz hätte man aufgrund der Fahrgastzahlen auch schon einige Buslininien vor Jahren auf Straßenbahn umstellen müssen. Leider wurde das aufgrund politischer Uneinigkeit immer wieder verschoben und verschleppt. Nun stehen wir vor einem großen Problem:
Mit 45 Variobahnen im Linienverkehr - gepaart mit Politikern, denen der Öffentliche Verkehr komplett egal ist, einer Holding Graz Vorstandsetage, die von Gondeln und Elektroautos träumt sowie dem schlechten Motivationsgrad manches Graz-Linien-Mitarbeiters sieht die Zukunft der Straßenbahn in Graz äußerst miserabel aus! - Von einem nachhaltigen und sinnvollen Verkehrskonzept für den zweitgrößten Ballungsraum in Österreich ganz zu schweigen!
Die aktuellen Zahlen beim Modal Split sprechen leider sehr klare Worte!
Lippenbekenntnisse alleine helfen in dieser Sache schon lange nicht mehr weiter. - Es müssen Köpfe rollen, weil uns die Zeit davonläuft! - Wir müssen auf die stark wachsenden Bevölkerungszahlen und die Probleme reagieren! - Am besten GESTERN!
Der Ankauf der Liegenschaft am Thalersee durch die Stadt mit Mitteln, die für den Ausbau des ÖV bestimmt waren, zeigt einmal mehr, wie es um Graz steht!
Welche Maßnahmen sind lebenswichtig für die Grazer Straßenbahn?- Innenstadtnahe Wendemöglichkeiten von Westen und Norden
- Verlängerung der Fahrzeuge auf 40 Meter
- Errichtung einer Innenstadtentflechtungs- / - umfahrungsstrecke zur Entlastung der Herrengasse
- Anbindung von Smart City und Reininghaus an die Straßenbahn im Westen
- Bau der Südwestlinie
- Anbindung der KF - Uni
- Bau der Nordwestlinie
Kann man das Problem mit den Variobahnen lösen?Wie?
- Abstoßen der Fahrzeuge mit gleichzeitiger Neubeschaffung langer Bahnen, natürlich unter Zuhilfenahme von Protoypentest- bzw. Probefahrzeugen.
- Technische Änderung der Federung der Variobahnfahrwerke mit gleichzeitiger optischer Aufwertung und Imagekampagne für die Fahrzeuge.
- Verlängerung eines Fahrzeugs auf 40 Meter, um die Auswirkungen der Verlängerung testen zu können. (Gewicht auf 16 Räder verteilt - derzeit 12)
Die Straßenbahn in Graz bewegt sich gerade auf einem sehr dünnen Seil, welches aber niemals zu einem Tragseil für eine Gondel werden darf!Was meint Ihr?