Re: Straßenbahnausbau 2023ff
Antwort #395 –
Jetzt pendelst Du aber zwischen Realpolitik und vorausschauenden Visionen. Denn wenn man schon daran glaubt, dass die Berücksichtigung einer Trassenfreihaltung zu deren Bau führt, dann kann man auch daran glauben, dass man Hauptverkehrsstraßen radikal anders gestaltet. Letzteres halte ich in Österreich in naher bis mittlerer Zukunft zwar eh auch nicht für realistisch, aber grundsätzlich kann man auch Hauptverkehrsstraßen von Durchzugsverkehr befreien durch gegenläufige Einbahnen oder multimodale Verkehrsfilter.
Es geht einfach darum, aus dem Gesichtspunkt von Verkehrs- und Stadtplanung langfristig zu agieren. Das ist natürlich etwas zwische Realpolitik und Visionen. In der jetzigen Situation sind wir doch nur, weil wir keine Projekte "auf Halde" haben, um Geld abgreifen zu können. Man schaue einmal nach Wien. Die Vision U-Bahn vor Jahrzehnten etabliert, mit einem Wunschnetz, dass sich freilich immer wieder anpasst, aber laufend und stetig ausgebaut.
Sowas brauchen wir für Graz. Und du glaubst doch ehrlich nicht, dass sich der MIV und ihre Lobby so einfach Straßenraum nehmen lässt. Am Ende ist dann so, dass die Tram im Mischverkehr mitfahren darf - nomen es omen: Straßenbahn, aber wirklich zukunftsfähig ist das nicht.
Aktuelles Beispiel: GKB-Unterführung Alte Poststraße - dort hat die Weitsicht gefehlt, sie so bauen, dass dort einmal auch eine Straßenbahn auf eigener Trasse fahren könnte (was davor und danach problemlos möglich wäre) - jetzt ist es ein Nadelöhr der neuen Strecke und wird zu Problemen führen. Anderes Beispiel: die eigene Gleistrasse auf der Schönaubrücke wurde in den 1980ern aus Kostengründen eingespart, weil man die Tram eh mit Ampelvorrang beschleunigen kann. Das Ergebnis sieht man jeden Tag ...
Das meine ich mit vorausschauender Planung - damit man sich möglichst viele (alle gehen eh nicht) Optionen offen halten und v. a. verkehrlich und stadtplanerisch gestalten und nicht nur bloß reagieren, wie heute ...
W.
"Es gehört nicht zum Begriff der Demokratie, dass sie selbst die Voraussetzungen für ihre Beseitigung schafft. Man muss auch den Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufbringen, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen"
(Carlo Schmid, SPD, 1948)