Im Vorfeld meiner Antwort möchte ich klarstellen, dass meine Angaben einzig und allein meine eigene
Meinung darstellen - genauso wie das in einem Diskussionsforum dieser Art sein sollte. Ich weiß, dass
ein Kommentar zu einem Eintrag wie 'U-Bahn für Graz' momentan eine absolute Utopie zum Thema hat,
aber langfristig sollte kein Gedanke ausgeschlossen werden.
Ich verstehe, dass eine Untertaglegung des öffentlichen Verkehrs einen gewissen Symbolcharakter der
Kapitulation vor dem IV darstellt, jedoch muss man bedenken, dass ein wichtiger Schritt zur Attraktivierung
des öffentlichen (Schienen-)verkehrs die Kreuzungsfreiheit ist, u
m eine Reisegeschwindigkeit zu erreichen,
bei der der IV nicht mithalten kann. Selbst auf Strecken mit 'unabhängigem Gleiskörper' steht die Durchschnitts-
geschwindigkeit der Grazer Straßenbahnen außer Konkurrenz zu der des IV. Daher würde ich das unter die
Erde legen des öffentlichen Verkehrs nicht sofort als Kapitulation sehen, sondern als durchaus bevorzugende
Behandlung betrachten. Des weiteren ist es ja die Standardmaßnahme zur Beschleunigung des ÖPNV auf bereits
bebautem Gebiet.
Ich sehe die Pläne zur Straßenbahnlinie 8 relativ kritisch. Die erste Ausbaustufe mit der Führung über Griesplatz
nach Don Bosco ist durchaus sinnvoll. Auch die weiterführende Strecke zur Hummelkaserne ist bis zu einem
gewissen Punkt sinnvoll. Die Kreisführung nach Webling entschleunigt danach aber das ganze Projekte. Anstatt
den BenützerInnen eine schnelle gerade Strecke mit möglicherweise einem vorherigen Umstieg anzubieten, wird
hier versucht, eine möglichst große Fläche, ein möglichst großes Einzugsgebiet mit einer Investion abzudecken.
Anstatt einer Führung über eine gerade Einfallsstraße, auf der auch eine eigene Trasse denkbar wäre, wird hier
eine Zick-Zack-Führung, durch zersiedelte Einfamilienwohnhausgegenden bevorzugt. Vielleicht nicht zuletzt, weil
eine Führung über die besagte Einfallstraße nicht nur die Pendlerbewegung, sondern auch den Kaufkraftabfluss
zu jenseits der Stadtgrenze liegenden Gewerbegebieten fördern könnte.
Mit einer ähnlichen Problematik wird in Wien schon länger 'nicht umgegangen'. Eine Verlängerung der U6 Richtung
Süden durch die dicht bevölkerten Vororte würde die Auslastung der Linie durchaus steigern. Aber das Grenz-
denken verhindert wohl so einiges.
Offensichtlich stellt die tatsächliche vergleichende Auslastung der bestehenden Buslinien nach Don Bosco keine Referenz
für die Planung der Streckenführung dar. Womöglich geht es eher darum, möglich viele Straßenzüge mit einer
Straßenbahn zu versorgen.
Und nun zum eigentlichen Thema 'U-Bahn'.
Auch hier spielt das Grenzdenken wohl wieder eine große Rolle. Die Straßenbahnlinien sind alle sehr gut ausgelastet. Vorallem
die Ost-West-Strecke (L7) hat einen sehr großen Einzugsbereich. Jedoch halte ich es für wenig sinnvoll, ein bestehendes
System komplett unter die Erde zu legen und sich zu erhoffen, dass damit alle Probleme gelöst werden. Genau hier ist
es wichtig, dem IV den Nachrang zu erteilen. Beschleunigungen stellen hier ein gelindes aber bestimmt effizientes Mittel dar.
Ein rein innerstädtisches 'neuartiges' U-Bahnsystem halte ich für absolut nicht sinnvoll, sondern tatsächlich nur für 'Ideen'
von Leuten, die, wie Kinder, an der Supermarktkasse etwas sehen, schön finden und haben wollen. Außerdem lässt sich
mit solch tollen Ideen sehr leicht populistische Politik betreiben. (Siehe Seilbahn über der Mur - was London kann, können
wird doch schon lange - haha. Blöd halt, dass direkt am Fluss niemand wohnt. Und dass es normal ist, zu einem öffentlichen
Verkehrsmittel auch mal mehr als 5 Meter zu laufen, wird in dieser Stadt wohl so schnell niemand akzeptieren.)
Die einzige Alternative, die, meiner Meinung nach, für eine lang-lang-langfristige Planung im Hinterkopf behalten werden könnte,
ist eine Führung der S-Bahn-Linien auf einer gemeinsamen 'Stammstrecke' durch die Innenstadt. Konkret könnte hier eine Führung
entlang des Rings um die Innenstadt (u.A. Glacis) Sinn ergeben: Don Bosco - Griesplatz- Jakominiplatz - Leonhardstraße-Geidorfplatz-
Keplerbrücke-Lendplatz-Hauptbahnhof. Mit der Führung einer Ost-West und einer Nord-Süd S-Bahn-Strecke durch diese Trasse,
könnte sich eine optimale Anbindung des Pendlerverkehrs an die Stadtlinien, sowie schnelle, dichte innerstädtische Verbindungen ergeben.
Im Hinblick auf Art 7 des Bundesverfassungsgesetzes (Gleichheitssatz) könnte der Bund hier zur Mitfinanzierung in die Pflicht genommen
werden. Langfristig ist das vielleicht für Land und Gemeinden eine kostengünstigere Lösung als rein eigenfinanzierte Projekte.
Des weiteren würde eine offene Bauweise am Glacis ganz eindeutig zeigen, wer vor wem kapituliert.
Das dies alles nicht in unserer Hand liegt und ganz bestimmt in den nächsten Jahrzehnten eher indiskutabel sein wird, ist mir ganz klar, ich möchte
nur meine Meinung zu diesem schönen Thema mitteilen, vielleicht teilt sie jemand.