Re: Alles zur Mur-Seilbahn
Antwort #675 –
Ein interessanter Artikel in der Kleinen Zeitung.
Willkommen im Graz des Siegfried Nagl.
Noch fährt die Murgondel gar nicht, da bekommt Graz schon einen Garagen-Lift, Olympische Spiele, eine Gondel auf Stelzen durch die Stadt und eine U-Bahn. Willkommen im Graz des Siegfried Nagl.
Von Bernd Hecke | 09.00 Uhr, 13. April 2018
Das alles geht ihnen viel zu schnell? So schnell, dass sie noch gar nicht Zeit hatten, in Jubel auszubrechen. Dabei sind wir in der Stadt in der Milch und Honig fließt, in der Autofahrer im Stau schon träumen können, dass die anderen ihnen endlich Platz machen werden auf den engen Straßen, weil die dann mit der U-Bahn fahren werden. Großzügig übersehen wir das allzu billige Protest-Taferl am Heck des Radlkuriers vor uns: "Du stehst nicht im Stau, Du bist der Stau!"
Also noch einmal in Superzeitlupe, was in letzter Zeit so passiert ist: Noch fährt die Murgondel gar nicht, da bekommt Graz schon einen Garagen-Lift, der sich tief in den Boden bohrt. Dann können noch mehr Autos in die Stadt kommen. Die Stadt freut sich auch schon auf die Olympische Winterspiele 2026 samt Dorf in Reininghaus, das ja eigentlich einmal ein idealer Stadtteil werden sollte. Und da wird bald eine Gondel auf Stelzen mitten durch die Stadt fahren und, ach ja, natürlich im Keller noch eine U-Bahn. Wem das alles jetzt zu stressig ist, der kann freilich per Seilbahn dem Großstadtchaos entfliehen und über den Plabutsch zum Thalersee entschweben.
Doch halt. Selbst in der Superzeitlupe passieren Fehler: Das alles ist nicht passiert. Das hat nur jemand angekündigt, den das politische Alltagsgeschäft nach 15 Jahren im Amt als Bürgermeister wohl schon ein wenig langweilt. Wem jetzt aber die Luftschlösser zu schnell in den Himmel wachsen, wer ein, zwei Fragen zu den Hintergründen, zum Planungsstand, zur Machbarkeit stellt, der ist ein Nörgler, Bremser, Verhinderer. Aber die Blockierer spornen den Mann im Rathaus ja erst an, wird er nicht müde zu betonen.
Herzlich willkommen im Graz des Siegfried Nagl.
Ja, es ist eine schöne Stadt, sie gibt Arbeit, wächst rasant und ist doch so klein, dass man mit dem Rad vom einen Ende zum anderen nicht viel länger als 30 Minuten braucht. Sie hat Kultur, Beislkultur, Grätzlkultur und Schanigärten für alle. Und sie sollte sich unbedingt Visionen leisten, Träume von einem noch besseren Leben in einer noch besseren Stadt.
Dass freilich möglicherweise die U-Bahn einfährt und eine Gondel gondelt, bevor Graz die defekten Fahrplan-Anzeiger an Tram-Stationen nach gefühlten Jahren ersetzen konnte; dass es ein olympisches Dorf in Reininghaus geben könnte, bevor der ideale Stadtteil eine Chance hatte, tatsächlich einer zu werden; dass wir aufwendige Tiefgaragen in den Boden rammen sollen, bevor wir dem Blechsalat von Drahteseln an jeder Innenstadtecke endlich taugliche Rad-Abstellplätze oder -garagen entgegensetzen ..., all das nährt Zweifel. Auch an den Realisierungschancen der neuen Pläne. Aber, wer sich zu sehr mit dem kleinen Einmaleins aufhält, wird nie ein echter Adam Projektriese.
Deshalb lieber Herr Bürgermeister jetzt meine Bitte.
Aber ich will ja nicht als Nörgler dastehen, deshalb, Herr Bürgermeister, eine Bitte: Wir haben ihnen nun lange zugehört, mit offenem Mund, was in Graz alles möglich sein wird. Und die Liste der Großtaten ist lang, die Projektideen gondeln zum Teil ja auch schon seit 10, 20 Jahren durch die Stadt. Wir hätten ja gar nichts gegen eine finanzierbare, vernünftig geplante U-Bahn oder Gondel, wenn das Graz wirklich weiterbringt. Auch ein Hauch von Olympia wäre schön, wir würden unsere - nicht unberechtigten -Zweifel vielleicht sogar überwinden.
Aber dann ist es an der Zeit, sich eine Pause vom Pläneschmieden zu gönnen, Herr Bürgermeister, auch wenn das das Polit-Alltagsgeschäft dann wieder ein wenig farbloser machen könnte.
Genug geredet: Jetzt, endlich hinsetzen und umsetzen, bitte!