Im Ernst: Du hast von einem Beschleunigungsprogrqmm geschrieben, Details dazu wären sehr interessant.
Ich hab zuletzt vor drei Monaten hier einen kurzen Artikel darüber veröffentlicht:
http://www.strassenbahn.tk/inntram/news_299.html#1Das Thema ist ziemlich komplex, aber ich werde versuchen, es in kurzen Worten zu erklären. Die Umlaufzeiten der Tramlinien werden durch verschiedene Beschleunigungsmaßnahmen gesenkt und - darin liegt das Einsparungspotenzial - benötigen dadurch dann weniger Kurse. Auf Linie 1 und 3 wird im ersten Schritt je 1 Kurs herausgenommen, Ziel ist eine vmed von 17-18 km/h, Diesen Punkt haben wir bei der Linie 3 jetzt erreicht, bei Linie 1 soll es bis Jahresende ebenfalls so weit sein.
Im zweiten Schritt soll Linie 1 um einen weiteren Kurs gekürzt werden, ob das gelingt, ist noch nicht sicher. Linie 3 wird mit der Inbetriebnahme der Linie 2 Ende 2018 eine größere Umstellung (im Vergleich zu jetzt) erfahren, der Fahrplan dafür wird von Anfang an mit vmed 19 km/h berechnet, was für eine weitgehend im Mischverkehr trassierte Straßenbahn das obere Ende darstellt.
Für die Linien 2 und 5 werden insgesamt vier Fahrzeuge weniger benötigt als ursprünglich vorgesehen, die beabsichtigte vmed der Linien 2 (zu ca. 65% auf Sonderfahrpuren trassiert) und 5 (ca. 80% Eigentrassen und Sonderfahrspuren in der Ausbaustufe Rum - Völs) ist 21 km/h, ein akzeptabler Wert für Stadtbahnen.
Der aktuelle Stand ist der, dass die Linie 3 mittlerweile an fast allen Signalen mit Nullwartezeit durchfährt (VISSIM Qualitätsstufe B für ÖPNV an den Signalen). Ganz ist diese Umstellung aber noch nicht abgeschlossen. Qualitätsstufe A werden nur die Regiotramlinien 5 und STB erhalten. Einige der gut ausgelasteten Buslinien fahren an ca. 20 Knoten ebenfalls jetzt schon mit Qualitätsstufe B, auch das wird weiter ausgebaut.
Wenn das alles gelingt wie beabsichtigt, muss die Option auf weitere 10 Fahrzeuge bei Bombardier nur zum Teil gezogen werden (entweder 2 oder 4). Das sind dann entweder 6 oder 12 Millionen Euro allein an Invesitionskosten für die Fahrzeuge, anstatt 30 Millionen. Dazu kämen noch Wartungs-, Betriebs- und vor allem Personalkosten (die allerdings nicht Teil der Tramausbau-Finanzierungsverträge sind). Die Beschleunigung bringt also aus jetztiger Sicht einen zusätzlichen Investitiionsspielraum von 18 bis 24 Millionen Euro, wovon der Stadt ca. 2/3 bleiben, was, um zum Ausgangspunkt zurückzukommen, den Ast Karl-Innerebner-Straße der Linie 2 ausfinanzieren würde (kein zusätzlicher Fahrzeugbedarf, Bedienung abwechselnd mit Peerhofsiedlung).
Die Nullwartezeit an Signalen ist sicher die wichtigste Säule der Beschleunigung, aber nicht die einzige. Weitere sind neue Sonderfahrspuren, Pförtnerung des Individualverkehrs, und Abschaffung des Ticketverkaufs bem Fahrpersonal (der VVT möchte mittelfristig ein BiBo-Ticketingsystem verbundweit, also auch in der Kernzone, einführen).
Zur geschichtlichen und technischen Entwicklung: die technische Möglichkeit zur öV-Bevorrangung an Signalen gibt es in Innsbruck seit 1991. Bis 1998 wurde dieses System auch gut ausgebaut, viele Bus- und Tramspuren angelegt und viele Ampeln mit Beeinflussung ausgerüstet, ein Wechsel der Stadtregierung hat dann aber leider vieles wieder zerstört. Neue Ampeln wurden zwar auch weiterhin damit ausgerüstet, aber Bevorrangung gab es nur sporadisch, das System wurde 15 Jahre lang nur schwach genutzt, Vorrangschaltungen teilweise zurückgenommen. Am Ende schlich die Linie 3 am Südast mit einer vmed von 11 km/h dahin. 2012 gab es erneut einen Wechsel der politischen Kräfte, und seitdem geht es zum Glück wieder in die andere Richtung, wenn auch nicht so schnell wie ich mir das vorgestellt hatte.
Zum Schluss noch meine persönliche Sicht: ich halte es für verantwortungslos, vor allem in der heutigen Zeit, wenn eine Kommune den motorisierten Individualverkehr indirekt querfinanziert, indem dem Umweltverbund nicht der größmögliche Vorrang eingeräumt wird. Auch in kleinen Großstädten wie Innsbruck oder, weil wir hier ja im steirischen Forum sind, Graz gingen oder gehen dadurch jedes Jahr Millionen Euros an Steuergeldern verloren, weil mehr Busse und Bahnen eingesetzt werden müssen, als nötig wäre. Dieses Geld fließt so ohne Umwege in den Autoverkehr, der bekanntermaßen jede Menge Probleme verursacht. Wenn eine Stadtverwaltung sich heutzutage, mit all dem, was wir heute wissen und den Problemen, vor denen wir heute stehen, auch mit politscher Legitimierung, weigert, den Umweltverbund zu fördern und gegenüber dem Autoverkehr zu bevorzugen, ist das meiner Meinung nach vielleicht sogar ein Fall für das Verwaltungsgericht. Ich bin allerdings froh, hier in Innsbruck nicht mehr an solche Mittel zur Durchsetzung denken zu müssen.
Ich habe noch eine Tabelle angehängt, mit der wir 2011 anhand einer Auswahl von Linien das Einsparungspotenzial resp. die laufende Steuergeldverschwendung den Entscheidungsträgern vorgerechnet haben, was der Startschuss für das war, was jetzt passiert. Das entspricht natürlich in vielen Details nicht mehr dem heutigen Stand, seit damals gab es doch zahlreiche Linien- und Streckenänderungen, aber man kriegt ein Gefühl für das Potenzial.