Wohnbau-Offensive in GrazÜber 7000 neue Wohnungen wurden 2010 in Graz gebaut, Tendenz heuer: steigend. Doch trotz aktueller Großprojekte fehlt es der Stadt immer noch an Wohnraum.
Gemeinnütziges Großprojekt: Bis Ende des Jahres sind die 149 ENW-Wohnungen am ehemaligen Messe-Vergnügungspark bezugsfertig
Anleger, Eigentum oder doch die Mietvariante? Wer derzeit in Graz auf Wohnungssuche geht - vor allem im Bereich Neubau - hat die Qual der Wahl. Wie die Schwammerl wachsen Wohnbauten in atemberaubender Geschwindigkeit aus dem Boden. Am Gelände des ehemaligen Messevergnügungsparks wird gerade der Innenausbau vorgenommen, Ende des Jahres sollen hier die ersten Mieter in die 149 Wohnungen einziehen können. Beim Wohnprojekt Metahofgasse/Rebengasse, das ab Oktober 63 Wohneinheiten anbietet, ist man bereits bei den Komplettierungsarbeiten und im Augarten sind die ersten der 130 möglichen Mieter schon eingezogen - um nur einige der demnächst fertiggestellten Großprojekte anzuführen. 7012 neue Wohnungen wurden allein im vergangenen Jahr geschaffen, der Stand mit 1. Jänner 2011: 146.376 Wohnungen. Eine Steigerung um das Siebenfache im Vergleich zum Vorjahr.
Den Grund für den Bauboom sieht Roland Jagersbacher von S-Real auf zwei Ebenen. "Einerseits steht dahinter der Trend zur Wohnung im Generellen und der in den vergangenen Jahren einsetzende Trend zur Stadt." Den auch die Statistik Graz belegt. Seit Jahresbeginn hat sich die Zahl der Hauptwohnsitze um 936 Menschen erhöht. Laut aktuellem Auszug aus dem Melderegister steht die Stadt derzeit bei 263.671 Menschen, die ihren Hauptwohnsitz in Graz gemeldet haben. "Zusätzlich muss man bedenken, dass Graz vor allem im Bereich der Anlegerwohnungen nicht nur für Grazer interessant ist", sagt Jagersbacher. "Viele investieren in Wohnungen und in einer Studentenstadt wie Graz kann man sicher sein, dass man für die klassische Zweizimmerwohnung in zentraler Lage auch immer Abnehmer finden wird."
Teilweise exorbitante Preise"Was Graz aber auch braucht", davon ist Christian Krainer, Obmann des GBV (Dachorganisation der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften) überzeugt, "sind leistbare Mietwohnungen. Eigentum ist bei den Grazer Preisen, die teilweise exorbitant hoch sind, für viele nicht mehr finanzierbar."
Dennoch werde Graz immer mehr zur Hauptstadt der Lebensqualität, ergänzt Nikolaus Lallitsch von Raiffeisen Immobilien. "Die Menschen bleiben auch nach dem Studium hier, wollen ihre Wohnsituation verbessern." Dafür fehlt es Graz derzeit trotz der Großprojekte aber an attraktivem Wohnraum. Hält der Trend, knackt Graz in etwa sechs Jahren die 300.000 Einwohnergrenze. "Ein solches Wachstum ist kurzfristig am Wohnungsmarkt nur schwer zu bewerkstelligen." Die Projekte, die in kommenden Monaten fertiggestellt werden, sind für Lallitsch deshalb nur ein Tropfen auf den heißen Stein. "Graz braucht Wohnraum, der schnell zur Verfügung gestellt werden kann."
Lange Bauverhandlungen und steigende Grundstückspreise würden Bauträger jedoch aus der Stadt vertreiben. "Ein Abzug ins Umland wäre für die Stadtentwicklung jedoch fatal. Statt Verdichtung hätten wir dann Verhüttelung im Umland. Einen Grazer Schwimmreifen sozusagen."
Diese Ansicht teilt auch Krainer, der in Graz aber auch künftig enormes Potenzial erkennt. "Aber die Stadt darf nicht im politischen Hickhack wie bei Reininghaus verharren, sondern muss endlich etwas tun."
Quelle:
http://www.kleinezeitung.at/g7/2817821/wohnbau-offensive-graz.story