Den Leitungsquerschnitt wiederum kann man auch bei einer auf Masten befestigten Einfachfahrleitung durch eine mitgeführte, preiswerte Aluverstärkungsleitung erhöhen - dazu braucht es nicht zwingend eine Kettenfahrleitung.
Es ist heute durchaus üblich, die Verstärkungsleitungen unterirdisch im Bereich der Fundamentplatte zu führen und
dann über Verbindungsleitungen an den Masten an die Oberleitung anzuschließen. Ua in der Schweiz und bei den
meisten neuen französischen Betrieben wird dieses System verwendet.
Bei 3x so großem Leitungsquerschnitt kann man Daumen * Pi 3x so viele Fahrzeuge versorgen - oder eben bei gleichbleibender Fahrzeugzahl die Speiseabschnitte 3x so lang machen.
Vom Leitungsquerschnitt aus linear auf die Länge eines Speiseabschnittes zu schließen, dürfte doch ein gravierender
Fehler sein. Dabei muss man (va bei Gleichstrombetrieb) zumindest die Leitungsverluste berücksichtigen, die sich in
Abhängigkeit vom Leitungsquerschnitt ebenfalls ändern. Die Leitungsverluste bestimmen auch die maximal mögliche
Länge eines Speiseabschnitts. (Dabei spielen aber sicher auch noch anderer Faktoren eine Rolle, wie zB die Anzahl
der im Abschnitt eingesetzten Fahrzeuge, deren Stromverbrauch, das Ausmaß von deren Rekuperationsvermögen,
und damit auch die Verteilung der Fahrzeuge im Abschnitt...)
Und das obere Tragseil der Kettenfahrleitung ist sicher nicht aus Kupfer und trägt zur Stromleitung deshalb nur zu einem Teilbetrag bei.
Das Tragseil aller mir bekannten Kettenfahrleitungen (zumindest in Gaz) ist selbstverständlich auch aus Kupfer
und dient außer zur Stabilisierung der Fahrleitung und der dadurch möglichen Verlängerung des Stützpunktabstandes
natürlich auch zur Vergrößerung des Leitungsquerschnittes.
Bild 1, 2: Kettenfahrleitung Puntigam.
Bild 3, 4: Kettenfahrleitung Liebenau.
Daher gibt es auch in regelmäßigen Abständen Verbindungsleitungen zwischen dem Tragseil und dem Fahrdraht
(Bild 5, Unterwerk Murpark), bei manchen Systemen übernehmen auch die Abhänger diese Funktion.
Zur weiteren Vergrößerung des Leitungsquerschnittes wurde bspw im Streckenabschnitt nach Mariatrost das
Tragseil auch doppelt ausgeführt (Bild 6).
Hochkettenfahrleitungen sind keine Erfindung des 21. Jahrhunderts - es wird schon Gründe geben warum man sie nicht schon früher eingebaut hat.
Das ist allerdings kein Argument, auch nachgespannte Pendel- oder Seilgleiterfahrleitungen
sind keine Erfindung des 21. Jahrhunderts, und dennoch werden in Graz immer noch viele
Oberleitungsabschnitte mit starrer Aufhängung, genauso wie zur Zeit der Erfindung des
Schleifbügels, ausgeführt. Ich bezweifle, dass es dafür eine technische Notwendigkeit oder
sonst einen nachvollziehbaren Grund gibt.
Das Argument mit dem Mastabständen lasse ich ebenfalls nicht gelten. Prinzipiell stimmt es zwar, interessanterweise kann ich aber bei den Neubaustrecken keine wirkliche Einsparung an Masten erkennen.
Es würde mich schon interessieren, wie Du bei
Neubaustrecken einen Vergleich zwischen
dem alten und dem neuen Zustand machen willst??
Der größere Stützpunktabstand einer Hochketenfahrleitung muss sich noch lange nicht in
einer Vergrößerung der Mastabstände niederschlagen. Gerade zB in der Eckertstraße steht
jetzt tw nur bei jedem zweiten Stützpunkt ein Mast, die dazwischenliegenden sind von den
jeweiligen Nachbarmasten aus abgespannt. Bei der neuen Fahrleitungsanlage wird das
nicht mehr so sein...
Der Vorteil größerer Mastabstände kommt natürlich sowieso nur auf geraden Streckenabschnitten
zum Tragen, die ja speziell auf den Grazer Neubaustrecken nicht gerade üppig gesät sind,
sobald eine Strecke im Bogen liegt, wird der Mastabstand nur mehr durch dessen Radien
bestimmt, da spielt das gewählte Oberleitungssystem dann (fast) keine Rolle mehr.
Und zB im Abschnitt Maut Puntigam - ,,Ackern" sowie auf den geraden Abschnitten der
Mariatrosterstrecke wurde die Mastanzahl durch den Umbau auf Hochkette um ein gutes
Drittel verringert.
Erstellt am: November 06, 2011, 23:01:46
Irgendwie kann ich die Vorliebe der HGL für die teuren und im Stadtbild hässlichen Kettenfahrleitungen nicht ganz nachvollziehen
Dass eine Kettenfahrleitung
häßlich ist, ist natürlich auch kein fachlich fundiertes Argument,
sondern individuelle persönliche Empfindung. Tatsache ist aber jedenfalls, dass eine solche in
dicht bebauten, [inner)städtischen Gebieten städtebaulich äußerst problematisch, aber eben auch
vollkommen unnötig ist, da eine
nachgespannte Einfachfahrleitung, allenfalls mit unterirdischen
Begleitleitungen, keine betrieblichen Nachteile bringt, sich aber problemlos in das Umfeld integrieren
lässt.
Auf stadtbahnmäßig trassierten Strecken und in großzügig bemessenen Straßenzügen dagegen kann
eine Kettenfahrleitung durchaus positiv zum Image eines Betriebes beitragen, da sie die Assoziation
mit ,,Eisenbahn" erweckt, also auf hohe Geschwindigkeiten, Komfort und ein ,,modernes" Verkehrsmittel
schließen lässt.
Dass weltweit Straßenbahnbetriebe mit sehr viel größeren und damit auch stärker motorisierten
Fahrzeugen, einem vielfachen der Grazer Fahrgastzahlen, wesentlich dichteren Intervallen und
höheren Fahrgeschwindigkeiten auch mit - intelligent geplanten - Einfachfahrleitungen auskommen,
muss hier wohl nicht mehr extra betont werden.
LG Rainer