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Thema: Zugunglück in Spanien: 77 Tote (2480-mal gelesen) Vorheriges Thema - Nächstes Thema

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Zugunglück in Spanien: 77 Tote

Bei einem Zugunglück in der spanischen Stadt Santiago de Compostela sind am Mittwochabend mindestens 77 Menschen getötet worden. Etwa 140 weitere Menschen seien verletzt worden, als der Zug entgleiste.

Bei einer der schlimmsten Katastrophen in der spanischen Eisenbahngeschichte sind am gestrigen Mittwochabend offiziellen Angaben zufolge 77 Menschen in den Tod gerissen und etwa 140 weitere verletzt worden. Ein Schnellzug war in der Pilgerstadt Santiago de Compostela im Nordwesten des Landes in einer Kurve aus den Schienen gesprungen und umgestürzt. Medienberichten zufolge war überhöhte Geschwindigkeit die Unglücksursache.

Das Unglück ereignete sich gegen 21.00 Uhr in städtischem Gebiet. Alle Waggons des Zugs, der sich auf dem Weg von Madrid nach El Ferrol befand, entgleisten. Ein Waggon wurde vollständig zerstört. Der an den Unglücksort geeilte Regionalpräsident von Galicien, Alberto Nunez Feijoo, sprach von einem "schockierenden" Anblick. "Das ist wie Dantes Inferno." Auch Stunden nach dem Unglück waren einige Teile des völlig zerstörten Wracks den Rettungskräften nicht zugänglich. Die ganze Nacht lang waren 200 Personen im Rettungseinsatz, berichtete die Zeitung "ABC" (Internetausgabe).

Die Zahl der Opfer, die zunächst mit zehn angegeben worden war, wurde mehrmals nach oben korrigiert. Am Donnerstag in der Früh sprach ein Regierungssprecher von 77 Toten und 143 Verletzten. Insgesamt befanden sich 238 Personen im Zug.

Kein Anschlag
Die Behörden gingen von einem Unfall aus. Aus dem Innenministerium verlautete, dass ein Anschlag ausgeschlossen werde. Für Spekulationen sorgten jedoch Augenzeugenberichte, wonach kurz vor dem Unglück eine Detonation zu hören war. Das Unglück weckte zudem Erinnerungen an die islamistischen Anschläge auf Regionalzüge in der Hauptstadt Madrid im Jahr 2004, bei denen 191 Menschen ums Leben kamen.

Die Zeitungen "ABC" und "El Pais" berichteten, dass der Zug viel zu schnell unterwegs war. Statt mit den erlaubten 80 Stundenkilometern sei er mit 190 Stundenkilometern in die Kurve gerast, berichtete "El Pais". Offenbar habe der Lokführer des Hochgeschwindigkeitszugs eine Verspätung aufholen wollen.

Im Internet veröffentlichte Bilder zeigten Waggons, die auf der Seite lagen und aus denen Rauch aufstieg. Ein Waggon war in der Mitte auseinandergerissen. Einige Waggons waren gegen eine Mauer geprallt, andere verkeilten sich ineinander. Ein Wagen flog sogar über die Begrenzungsmauer hinweg. Spanische Medien veröffentlichten auch Bilder von um den Zug liegenden Leichen, die teils nur notdürftig mit Badetüchern oder Decken bedeckt waren. Die galizischen Gesundheitsbehörden riefen die Bürger auf, Blut zu spenden.

"Es passierte so schnell", sagte ein Überlebender dem Radiosender Cadena Ser. Der Zug habe sich in einer Kurve verdreht, danach hätten sich die Waggons aufgetürmt. "Eine Menge Menschen wurde zu Boden gedrückt. Wir haben versucht, ins Freie zu kommen, und bemerkten dabei, dass der Zug in Flammen stand. Ich habe Leichen gesehen."

Krisensitzung der Regierung
Die spanische Regierung trat noch am Mittwochabend zu einer Krisensitzung zusammen, nachdem zuvor Verkehrsministerin Ana Pastor an den Unglücksort geeilt war. Diesen wollte am morgigen Donnerstag in der Früh auch Ministerpräsident Mariano Rajoy besuchen, der selbst aus Santiago de Compostela stammt. Neben Rajoy kondolierte in der Nacht auch König Juan Carlos den Angehörigen.

Papst Franziskus zeigte sich am Rande seines Brasilien-Besuchs betroffen. "Der Papst teilt den Schmerz der Familien und lädt dazu ein, zu beten und diesem tragischen Ereignis im Glauben zu begegnen", sagte Vatikan-Sprecher Federico. Lombardi. Auch Fußball-Star Cristiano Ronaldo verlieh seiner "großen Traurigkeit" über das Unglück Ausdruck und warb auf Twitter dafür, den Opfern mit Blutspenden zu helfen.

Santiago de Compostela ist die Hauptstadt der autonomen Region Galicien und ein wichtiges Pilgerzentrum, das jährlich zehntausende Menschen anzieht. Am Donnerstag sollte dort ein Fest zu Ehren des Schutzpatrons von Galicien, des Heiligen Jakobs, stattfinden. Die Behörden sagten jedoch die geplanten Feiern nach dem Unglück ab.

Quelle: Kleine Zeitung


Ich frage mich nach so einem Unglück immer wieder, weshalb noch immer kein einheitliches Zug-Ortungssystem eingesetzt wird!
(Gibt es in Spanien nicht auch ein Linienzugbeeinflussungssystem, welches den Zug hätte automatisch abbremsen müssen?)
Damit wären die exakte Position, Geschwindigkeit und Fahrtrichtung von jedem einzelnen Zug mit all seinen Waggons immer und überall bekannt, auch unter Brücken, in Tunneln oder in komplett überdachten Bahnhofshallen!
Eingebaute elektronische Strecken-Navigationskarten, gekoppelt an Satellitenortung und kombiniert mit fahrzeugseitigen, als auch streckenseitigen Sensoren und Systemen (wie Videoüberwachung inklusive automatischer Videoauswertung, Laserscan, Dopplerradar, Induktionsschleifen, Gewichtssensoren, Lichtschranken, automatische Zug-/Signal-/Weiche- zu-Zug-Kommunikation etc.) könnten solche Unglücke fast zur Gänze verhindern! In den Systemkarten wäre genau vermerkt, wie schnell ein Zug wo unter welchen Bedienungen fahren dürfte, das Onboardsystem würde niemals eine zu hohe Geschwindigkeit zulassen, wenn es die Strecke "nicht hergibt" (z.B. wegen Kurven, einer Weiche, einem Haltesignal, wegen Wartungsarbeiten in einem Bereich, etc.), auch wenn der Lokführer meinte, er müsste Zeit gutmachen!  
Es ist sehr schade, dass schon wieder so viele Menschen unnötig sterben mussten!

Re: Zugunglück in Spanien: 77 Tote
Antwort #1

Ich frage mich nach so einem Unglück immer wieder, weshalb noch immer kein einheitliches Zug-Ortungssystem eingesetzt wird!


Weil das Geld kostet und seine Zeit dauert, bis es überall implementiert ist.

Die Neubaustrecke verwendet eh schon ETCS, auf der Altbaustrecke wo der Unfall dann passierte liegt aber noch ASFA, das in etwa mit unserer PZB vergleichbar ist, aber andere Geschwindigkeiten überwacht (200, 180->160, 160, 60, 0).

Damit sind jede Menge Szenarien denkbar:

  • fehlerhafte Projektierung/Implementierung des ETCS streckenseitig

  • fehlerhafte Projektierung/Implementierung des Wechsels ETCS->ASFA streckenseitig

  • fehlerhafte Projektierung/Implementierung des Wechsels ETCS->ASFA fahrzeugseitig

  • Fehlbedienung des Wechsels ETCS->ASFA durch den Lokführer

  • fehlerhafte Projektierung ASFA auf der Altbaustrecke (z.B. hätte man aus Sicherheitsüberlegungen vorerst auf 60km/h überwachen können, auch wenn die Kurve 80 erlaubt, und irgendwann das letzte Stück von der Neubaustrecke in den Bahnhof halt mit mit ETCS nachrüsten können)

  • Defekt an den Bremsen (unwahrscheinlich, aber der Vollständigkeit halber)

  • beliebige Kombinationen davon



Edit: natürlich kann man mit ASFA analog zur PZB auch andere Geschwindigkeiten überwachen, wenn man eine Geschwindigkeits-Prüfeinrichtung aufbaut - bestehend aus einem 2000er-Magneten, einem Einschaltmagneten und einer Zeitverzögerung - erreicht man den 2000er zu früh (=ist man zu schnell) bevor er wieder unwirksam geschaltet wird, fängt man eine Zwangsbremsung. Ob so etwas an der betreffenden Stelle vorhanden war und wenn ja, ob das korrekt funktionierte, ist noch nicht klar. Je nachdem fällt es in eines der oben aufgezählten Szenarien: an einem derartigen Geschwindigkeitsbruch keine GPE vorzusehen könnte man z.B. als Projektierungsfehler werten. Genausogut kann aber fälschlicherweise das ETCS am Zug noch aktiv gewesen sein, dann werden ASFA-Überwachungen vermutlich unterdrückt (muss so sein, damit Mischbetrieb möglich ist - ETCS-geführte Züge können ja üblicherweise schneller fahren als PZB/ASFA erlauben würden).

  • x37
Re: Zugunglück in Spanien: 77 Tote
Antwort #2
http://www.youtube.com/watch?v=gkQ71CI5s9w

Video der Überwachungskamera