So erfindet Nagl die Stadt Graz neuDas hat Graz-Bürgermeister Siegfried Nagl 2016 vor: Autofreie Zone, eine Gondel bis zum Schwarzl-Zentrum, die Mur als Erlebnisareal, Rad-Highways und wieder direkte Demokratie.
Es war die Woche des Grazer Bürgermeisters Siegfried Nagl: Wer dachte, die Bekanntgabe der rechtswirksamen Anklageerhebung gegen VP-Graz-Finanzchef Bernd Schönegger und die Bürgermeister-Beraterin in der Telekomaffäre Mitte Jänner werde Nagl einbremsen, der irrte sich: Nagl holte zum Gegenschlag aus, seine Onlinepetition für eine Flüchtlingsobergrenze brachte ihm die Themenführerschaft in der Diskussion, seine bekannten Aussagen (,,100.000 Flüchtlinge sind genug") bekamen österreichweit Gewicht. Da spielte es auch keine Rolle, dass eine einfache Onlinepetition realpolitisch de facto wirkungslos ist - Nagl hat damit einfach den Nerv der Zeit getroffen und die politische Konkurrenz ausgebremst.
Riesige Herausforderungen2016 steht Nagl mit Graz vor riesigen Herausforderungen. Die Stadt wächst um 5000 Menschen pro Jahr, 312.000 Menschen sind derzeit hier gemeldet, davon 287.000 mit Hauptwohnsitz. Der 300.000er bei den Hauptwohnsitzen wird schneller erreicht sein, als alle Prognosen vorausgesagt haben. Jetzt geht es darum, die Stadt neu zu erfinden. Nagl sagt: ,,Graz darf sich nicht als Nabel der Welt fühlen, auch wenn es Erfolge gibt - denn dieses Gefühl macht träge. Das können wir uns nicht leisten." Deshalb will Nagl 2016 Tabus brechen. Und auch Projekte angreifen, die als gescheitert galten. Darunter:
Realisierung der Gondel-PläneDie Gondel gilt als nicht finanzierbar, aber Nagl sagt: ,,Mit dem Argument, wie wir das finanzieren, möchte ich nicht beginnen, es wird Lösungen geben. Es waren auch bereits Persönlichkeiten in Graz, die einsteigen wollen, es könnte auf ein Beteiligungsmodell zwischen Privaten und öffentlicher Hand hinauslaufen. Es gibt genügend Geld in Fonds, die suchen Partner wie uns."
Die Pläne? ,,Von Graz bis zum Schwarzl-Freizeitzentrum soll die Gondel führen, wir werden sogar den Flughafen ansteuern. Damit schaffe ich zweierlei: Ich kann in einem neuen Park-&-Ride-System Tausende Autos unterbringen, und ich kann die Grazer mit dem Naherholungszentrum Schwarzl direkt verbinden." Die Vorteile laut Nagl: Die Gondel-Anschaffungskosten betragen die Hälfte üblicher Öffi-Investitionen, der Betrieb sei um zwei Drittel günstiger, und man könne weit mehr Menschen pro Stunde befördern. Und: ,,Wir befreien die Stadt von vielen Autos. Alleine aus dem Süden kommen täglich 30.000 Autos ins Zentrum."
Autofreie Zonen,,Insgesamt 250.000 Autos pro Tag sind zu viel, das packen wir nicht", sagt Nagl. ,,Ich möchte die Diskussion zulassen, ob man einmal einen autofreien Bezirk schafft - man sollte alle kreativen Köpfe an das Thema heranlassen und darüber diskutieren. Bisher ging es immer um Verkehrssteuerung und Parkraumbewirtschaftung, das reicht nicht mehr aus."
Fahrradautobahnen,,
Das Nebeneinander aller Verkehrsteilnehmer funktioniert nicht mehr. Radfahrer landen vor lauter Angst vor den Autofahrern auf dem Gehsteig - es fährt jeder, wie er will. Wir müssen über Fahrradautobahnen in der Stadt nachdenken, das muss der Verkehrsstadtrat machen - aber ich möchte das Thema mitbeschleunigen."
Das Trennen der Verkehrsarten sei ein zentrales Thema: ,,Wir müssen den Stadtplan einmal ganz zerlegen und in der Folge ein neues Verkehrssystem samt Park & Ride neu aufsetzen."
Alles auf den PrüfstandGrundsätzlich gilt für Nagl: Es komme jetzt alles auf den Prüfstand. Das gelte genauso für die Kultur wie für alle anderen Bereiche. Die zentrale Frage für Nagl: ,,Sind wir mit unseren Themen und Veranstaltungen überhaupt zukunftsfit?" Da müsse man auch über den steirischen herbst oder die styriarte reden. Aber auch in Sachen Wirtschaft müsse man über vieles nachdenken: ,,Wir sind ja auch kein unternehmerfreundliches Land. 100 neue Vorschriften jedes Jahr, die das Leben der Unternehmer erschweren - das müssen wir, auch für den Standort Graz, verändern."
Direkte DemokratieNagl will sich von seinen ersten durchwachsenen Versuchen, die direkte Demokratie in die Stadt zu bringen, nicht beirren lassen. ,,Mein Musterland bleibt die Schweiz. Und ich möchte es wieder versuchen, wenn das Land es zulässt. Das ist auch ein Lernprozess für alle, auch für Politiker - und ich möchte mit den Grazern direkt reden können."
Elektrobusse und MurkraftwerkGraz bleibe für ihn ein ,,Hotspot der Kreativen", man sei in vielen Bereichen auch auf einem guten Weg. Aber er sagt auch: ,,Wir werden das Tempo erhöhen müssen." Wichtige Punkte in seiner Strategie für 2016: das Murkraftwerk mit den Freizeitarealen, ,,damit die Mur nicht mehr die Stadt trennt, sondern verbindet". Und natürlich das Elektrobusprojekt, das 2016 im öffentlichen Verkehr startet - und mit dem ein neues Mobilitätskapitel im Öffi-Verkehr der Stadt aufgeschlagen werden soll.
Quelle:
http://www.kleinezeitung.at/s/steiermark/graz/4910609/BurgermeisterPlaene_So-erfindet-Nagl-die-Stadt-Graz-neul.g. rellov
Es ist besser, ein Licht zu entzünden, als über die Dunkelheit zu fluchen.