Ich möchte zur Geamatic ein bisschen mein elektrotechnisches und physikalisches Wissen loswerden:

Beim Schienenfahrzeug geht es - sowohl beim Beschleunigen als auch beim Bremsen - darum, die Kraft von den Rädern auf die Schienen zu bringen. Diese Kraft ist durch im Vergleich zur Kombination Gummi - Asphalt geringere Reibwerte beschränkt und will daher dosiert werden.
Da Schienenfahrzeuge seltenst ein Schaltgetriebe haben, läuft das also direkt auf die Dosierung des Motordrehmoments heraus.
Bei Elektromotoren ist das Drehmoment auf Grund von magnetisch-elektrischen Zusammenhängen in erster Näherung proportional dem Motorstrom.
[blue]EDIT 17.2.2014: Auf Grund des Beitrags von werner10 (16.2.2014 nachmittags), in dem er
"wenn der Motorstrom (Vorgabe der Geschwindigkeit = Sollwert) passt"
schreibt, habe ich nochmal mein Uni-Wissen "zusammenrinnen" lassen und nach Quellen gesucht. Gefunden habe ich unter Anderem
http://schmidt-walter.eit.h-da.de/m_et/skript_pdf/em_3.pdfund da steht, dass bei der Reihenschlussmaschine (von der reden wir) das Drehmoment proportional dem Quadrat des Ankerstroms ist (Seite 3.11 in diesem Dokument).
Meine Aussage "Drehmoment proportional Motorstrom" ist daher falsch, es gilt eine quadratische Proportionalität. Meine übrigen Aussagen sehe ich dadurch aber bestätigt, es wird ein Motorstrom vorgegeben und so das Drehmoment durch Weiterschalten gehalten. Der Aussage von werner10, dass mit dem Motorstrom die Geschwindigkeit vorgegeben wird, kann ich mich daher nicht anschliessen. Das gilt höchstens indirekt: Mit dem Motorstrom wird das Drehmoment eingestellt, der Zug beschleunigt, und bei einer bestimmten Geschwindigkeit wird das Drehmoment durch Verluste aufgefressen und der Zug beschleunigt nicht mehr weiter. /EDIT[/blue]
Es gilt also nicht nur auf Grund der Dimensionierung des Motors, sondern auch auf Grund des abgegebenen Drehmoments, dem Motorstrom definierte Werte zu geben.
Ich bin kein Geamatic-Experte, aber die Geamatic scheint mir auf genau so eine Stromregelung hinauszulaufen. Das heisst also, dass die jeweilige Stellung des Sollwertgebers einen bestimmten Motorstrom definiert (sowohl beim Beschleunigen als auch beim Bremsen).
Bei Gleichstrom(Reihenschluss-)Maschinen sinkt bei Erhöhung der Drehzahl der Motorstrom (bzw. sinkt er beim generatorischen Bremsen bei Erniedrigung der Drehzahl). Damit hat es die Geamatic einfach, sie schaltet einfach auf die nächste Fahr- oder Bremsstufe, wenn der Motorstrom unter den vom Sollwertgeber definierten Motorstrom fällt.
Für alle, die es nicht wissen. Man erkennt sehr gut die unterschiedliche "Stellung" der ersten Bremsstufe.
http://www.youtube.com/watch?v=gvwWVsHqbo4
Die Bremsstufen müssen sowohl für Abbremsen aus hohen als auch aus niedrigen Geschwindigkeiten richtig dimensioniert sein. Die erste Bremsstufe wird daher bei Höchstgeschwindigkeit einen mittleren Bremsstrom erzeugen, ich könnte mir vorstellen, dass die zweite Bremsstufe bei Höchstgeschwindigkeit nahe an den maximalen Motorstrom geht, damit bei guten Reibungsverhältnissen eine starke Bremsung durchgeführt werden kann.
Bei Bremsungen aus mittleren oder niedrigen Geschwindigkeiten würde es sicher zu lange dauern, wenn die Geamatic Bremsstufe für Bremsstufe (von der ersten an) runterschaltet, bis endlich der gewünschte Motorstrom und damit die gewünschte Bremswirkung erreicht ist. Aus diesem Grund glaube ich, dass der Geamatic die derzeit gefahrene Geschwindigkeit mitgeteilt wird, damit sie die Bremsung gleich bei einer an Hand der Geschwindigkeit definierten Bremsstufe beginnt - das ist das, was man auf dem Video sieht.
Die Regelung über den Motorstrom hat aber auch einen Nachteil - die Regelung geht tendenziell in die falsche Richtung: Wenn z. B. beim Beschleunigen ein Drehgestell zu gleiten anfängt, sinkt der Motorstrom auf Grund der erhöhten Drehzahl und die Geamatic schaltet gleich noch ein paar Stufen drauf. Es wird daher in dieser kritischen Situation nicht ab-, sondern erst mal aufgeschaltet - bis der Drehzahldifferenzsensor ein Veto einlegt.
Ganz besonders blöd ist das, wenn beim Anfahren die Motoren noch elektrisch in Serie liegen und daher den gleichen Motorstrom haben. Das vordere Drehgestell fängt auf Grund eines rutschigen Abschnitts zum Gleiten an, der gemeinsame Motorstrom der beiden Maschinen sinkt. Der Arbeitspunkt der durchdrehenden Maschine ist "hochohmiger", das heisst, dass bei an dieser Maschine bei gleichem Strom mehr Spannung abfällt. Und jetzt kommt die gute alte Regel "Leistung ist Stromstärke mal Spannung" - die Leistung an der noch nicht gleitenden Maschine sinkt, da ja der Motorstrom kleiner geworden ist und (!) ihr von der verfügbaren Spannung nicht mehr die Hälfte, sondern weniger verbleibt. Kompensiert wird das höchstens durch den Effekt, dass bei sinkendem Motorstrom auch der Spannungsabfall an den Vorwiderständen geringer wird. Dieser Effekt ist aber eher klein, da das Gleiten meist am Ende der Serienschaltung passiert, wo fast kein oder wirklich kein Vorwiderstand zum Einsatz kommt.