Christenbrauch und HeidenspaßDer Grazer Advent ist zugkräftig wie nie. Über die ,,Ankunft" zwischen Kommerz und Kirche.
Jetzt schon? Hab' gerade erst den Halloween-Kürbis auf den Balkon gestellt." Oder: ,,Hatte eventuell gerade eine Halluzination" - das waren im Facebook-Universum zwei Kommentare auf die ,,unheimliche" Begegnung mit dem Christbaum auf dem Grazer Hauptplatz. Am 3. November 2011. Früher, größer, heller - im Wettbewerb der Städtetouristiker hat Advent auch mit ,,Ankunft" zu tun. Und es geht auch um Herbergssuche. Aber um alles andere als um Quartierverweigerung. Im Zeichen der Nächtigungsstatistik.
Der Grazer Advent wächst seit Jahren kontinuierlich, wird größer, bietet mehr Standorte, mehr Märkte, längst auch Ringelspiel und Eislaufplatz. Heuer ist mit dem ,,Fest der Sinne" im ab 26. November eröffneten Joanneumsviertel das Dutzend an Adventmärkten voll. Und Graz bietet nicht nur Chorknaben und Turmbläser, sondern im Joanneumsviertel und im Wonderlend auch DJs auf.
Die Massen kommen, wohl auch ohne religiöse Hintergedanken. Ist der Grazer Advent schon mehr Heidenspaß als Christenbrauch? Jein, meinen selbst die Hüter der heiligen Zeit. Stadtpfarrprobst Christian Leibnitz will nicht verurteilen, wenn ,,Plätze für Kommunikation und Austausch geschaffen werden. Wir tun mit Graz-Tourismus mit, gerade, um im Programm die kulturellen, religiösen Elemente zu stärken." Freilich freue die Kirche die Eventisierung mit Tendenz zum ,,sinnlosen Besäufnis" nicht, mahnt er: ,,Es ist vielleicht aus den Bahnen geraten. Man sollte Gigantomanie verhindern, das Programm der Kultur der Stadt anpassen. Wir dürfen uns nicht touristisch prostituieren und müssen auch zeigen, wie wir den Advent eigentlich begehen."
Darum bemüht sich City-Manager Heimo Maieritsch: ,,Ja wir wollen alle Alters- und Zielgruppen ansprechen. Aber wir achten darauf, die Qualität zu heben." Vieles wie der Krippenweg oder die feierliche Eröffnung am ersten Adventwochenende stünden im Zeichen der Besinnlichkeit. Dass das Gesamtpaket touristisch erfolgreich ist, belegt die Nächtigungsstatistik 2010, die einen Dezember-Rekord brachte (siehe oben).
Und auf Facebook sind nicht nur Advent-Skeptiker daheim. Eine Grazerin hat den Punschmeilen-Auftakt als Veranstaltung gepostet. Schon 6761 ,,Fans" klickten, dass sie zu den Punschmeilen pilgern wollen. Dieser Fraktion kann es gar nicht früh genug losgehen. Die Durststrecke ist bald beendet: Am 18. November sperren die Standln auf.
Quelle:
http://www.kleinezeitung.at/g7/index.do http://epaper.kleinezeitung.at/edition-kzg/data/20111106/pages/20111106.KLEINEZEITUNG.G7_HAUPTBLATT.6_0.pdf